Dank an den Torschützen: VfB-Trainer Huub Stevens, Daniel Ginczek nach dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt. Foto: Bongarts

Der VfB schöpft nach dem ersten Sieg 2015 neue Hoffnung im Kampf gegen den Abstieg. Für Trainer Huub Stevens hat das 3:1 gegen Frankfurt die Blockade in den Köpfen noch nicht gelöst.

Stuttgart - Der Fußball der Neuzeit ist ja wie ein offenes Buch: Nichts bleibt unerforscht, in tiefschürfenden Untersuchungen und wissenschaftlichen Analysen klären die Fachleute sogar Fragen wie die, welche Auswirkung die Krümmung eines Grashalmes auf die Flugkurve des dort ruhenden Balles bei Westwind hat. Und doch gab dieses 3:1 gegen Eintracht Frankfurt ein Rätsel auf: Wie kann eine völlig verunsicherte Mannschaft, die wirklich alles verlernt zu haben scheint, ein verloren geglaubtes Spiel aus dem Feuer reißen und dabei auch noch spielerische Leichtigkeit zurückgewinnen?

Richtig erhellend war kein Erklärungsversuch, weshalb die Protagonisten des VfB Stuttgart die gemeinsame Einsicht mit auf den Heimweg nahmen, dass Fußball mit den Füßen gespielt, aber in den Köpfen entschieden wird. „Heute hat man gesehen, was Druck mit Menschen macht, wie nervös und hektisch sie werden“, sagte Trainer Huub Stevens, der sich während des Spiels eifrig Notizen gemacht hatte. Die Journalisten, die über ihm auf der Tribüne saßen, waren versucht, ihm ihre Blöcke nach unten zu reichen – nur damit er genügend Papier für die schier endlose Mängelliste der ersten Stunde habe, die Christian Gentner als „düstere 60 Minuten“ beschrieb: „So schwierig kann eine Negativserie für den Kopf sein.“

Wie hoch der mentale Anteil im Fußball ist, wurde danach deutlich. Mit dem Ausgleich, den Georg Niedermeier als „Schlüsselerlebnis“ deklarierte, warfen die Spieler Ballast ab, befreiten sich und siegten. „Wir haben heute 50 000 Brocken fallen hören“, sprach Sportvorstand Robin Dutt und widmete sich der Tabelle, nicht ohne neuen Mut.

Die mentale Blockade besteht noch immer

Dass die Konkurrenz im Keller punktete (Paderborn) und siegte (Freiburg), ist schade, aber kein Beinbruch. „Bisher hatten wir ein deutliches Loch zum rettenden 15. Platz. Jetzt ist alles eng zusammengerutscht“, sagte Dutt. Bis auf vier Punkte ist der VfB nun sogar am Tabellen-14. Hannover dran.

Gleichwohl bestehe die mentale Blockade „noch immer“, befürchtet Stevens, und der VfL Wolfsburg als nächster Gegner ist auch nicht von Pappe. „Da sind wir krasser Außenseiter“, ahnt Daniel Ginczek, „aber auch dort werden wir unsere Chancen bekommen. Jetzt gilt es nachzulegen.“

Für die tägliche Arbeit empfiehlt sich dabei die gleiche Methodik, mit welcher der VfB seine Krise und die Trainerdiskussion schon seit Wochen moderiert. „Es hat sich bewährt, Trainer und Spielern den Rücken zu stärken, statt draufzuhauen“, sagte Dutt und fühlte sich bestätigt: „Das war die richtige Strategie – ruhig, sachlich, gelassen.“

Weil die Realität aber nach wie vor den Gedanken an einen Abstieg nicht auszublenden vermag, muss sich der VfB notgedrungen mit dem Schreckensszenario zweite Liga auseinandersetzen. „Das machen wir sorgfältig“, versicherte Präsident Bernd Wahler, „doch wir haben Verträge mit unseren Partnern und Sponsoren, die für diesen Fall gemacht wurden. Deswegen würden wir dieses Szenario überleben. Aber ein Umbruch wäre es mit Sicherheit.“

Acht Spiele bleiben noch, um das Schlimmste abzuwenden. Ob es gelingt? „Das hat sehr viel mit dem Kopf zu tun“, sagte Dutt. Was selten deutlicher zu sehen war als gegen Frankfurt.