VfB-Verteidiger Sunjic lieferte sich gegen den BVB heiße Duelle, beispielsweise mit Aubameyang Foto: Baumann

Im Fußball ist alles möglich, nur eben nicht immer. Im Pokal-Viertelfinale gegen Borussia Dortmund hätte es von allem ein bisschen mehr sein müssen. Jetzt schaut der VfB nur noch zu. Wer weiß, wofür das gut ist.

Stuttgart - Breitbeinig, als bewege sich der Boden noch unter seinen Füßen, stand Emiliano Insua nach dem Schlusspfiff auf dem triefend nassen Terrain. Die Arme auf die Hüften gestützt, gesenkten Blickes, der stämmige Körper bis auf die letzten Körner ausgequetscht von einem Duell, das ihn an die Grenzen seiner Möglichkeiten getragen hatte. Und wie alle anderen stellte er sich die Frage, ob nicht noch ein bisschen mehr in ihnen gesteckt hätte an diesem Abend. Der VfB Stuttgart war beim 1:3 (1:2) gegen die Hochgeschwindigkeitsfußballer aus Dortmund gegen eine imaginäre Wand gelaufen. Verbissen zwar bis zum Schluss, aber ohne den besonderen Zauber, den es braucht, um das schwarz-gelbe Starensemble entscheidend in die Knie zu zwingen.

„Wir haben nur das gemacht, was von uns erwartet wurde“, sagte Christian Gentner nach dem Pokal-Aus ein wenig zerknirscht, „wir haben uns voll reingehauen, sind aber nicht über unsere Grenzen gegangen.“ Ein Vorwurf an die Mannschaft ist daraus nicht zu formulieren, allenfalls das Eingeständnis an eine gewisse Beschränktheit der eigenen Mittel. Alles hat eben seine Grenzen – auch das Spiel des VfB. Nach fünf Pflichtspielsiegen in Serie riss die Kette des Erfolges. Zwar nicht ganz unerwartet, aber eben so, dass die Niederlage hervorragend dazu geeignet ist, den Blick auf die Realitäten zu schärfen.

Ohne die passenden Antworten

Noch ist es so, dass die Mannschaft von Jürgen Kramny nicht über die Möglichkeiten verfügt, die taktischen und spielerischen Finessen eines hochklassigen Gegners mit den passenden Antworten zu parieren. Weil es nie gelang, den Kombinationsfluss über die Achse Hummels, Gündogan, Mkhitaryan, Reus und Aubameyang nachhaltig zu stoppen, verließ Borussia Dortmund als verdienter Sieger den Platz. „Wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht“, lobte BVB-Sportdirektor Michael Zorc zu Recht, und Trainer Thomas Tuchel sprach angesichts der Platz- und Kräfteverhältnisse sogar von einer „perfekten Leistung“.

Bestärkt vom frühen Treffer durch Marco Reus (5.) hatte seine Elf wie ein Wellenbrecher durch geschicktes Verschieben, Pressen und Doppeln jeden Versuch der Einheimischen geschluckt, mit Tempo die Spielrichtung von hinten nach vorn zu wechseln. Und weil dem VfB Vergleichbares nur in Ansätzen gelang, etwa beim 1:1 durch Lukas Rupp (21.), waren das 2:1 (31./Aubameyang) und das 3:1 (90./Mkhitaryan) eine logische Folge, aber auch Ausfluss einer besonderen Qualität, „die man einfach anerkennen muss“, wie VfB-Trainer Jürgen Kramny befand.

Was die Niederlage zwar nicht weniger ärgerlich macht, aber auch nicht so schmerzhaft, um wesentlich am Selbstvertrauen zehren zu können, das sich die Mannschaft seit Kramnys Dienstantritt erspielt hat. Es war ja klar, dass auf dem Cannstatter Wasen die Bäume nicht schon wieder in den Himmel wachsen. Was wenig bis gar nichts damit zu tun hat, dass der Coach sein Team auf drei Positionen umbesetzt hatte: Mitch Langerak stand im Tor und machte seine Sache ebenso gut wie Toni Sunjic in der Innenverteidigung (für Daniel Schwaab) oder Artem Kravets im Sturmzentrum (für Timo Werner). Eigentlich reichte es schon, dass Serey Dié angesichts der Dortmunder Passwirbel und Stellungswechsel phasenweise das Gefühl für Raum und Zeit abhandenkam und Insua im Verein mit Kostic nicht wie gewohnt den linken Flügel bespielen konnte. Tuchel hatte den pfeilschnellen Aubameyang auf die rechte Seite abkommandiert, was die Stuttgarter Linkspartei über die Maßen beschäftigte und allein schon deshalb ein ziemlich kluger Schachzug war.

Nächste Ausfahrt: Hertha BSC

Gut möglich, dass den VfB an diesem Samstag (15.30 Uhr, Mercedes-Benz-Arena) wieder ein Gegner erwartet, der taktisch und spielerisch gut genug ist, um der schwäbischen Offensive den Wind aus den Segeln zu nehmen. Hertha BSC versteht sich glänzend auf die Defensive und kommt gern über Freistöße und Ecken zu ihren Toren. Weshalb der VfB gegen den Tabellendritten tunlichst unterlassen sollte, was Kevin Großkreutz nach dem Spiel gegen seine alten Kameraden monierte: „Dumme Fehler, die sofort bestraft werden.“

Kramny wird aller Voraussicht nach die Elf ins Spiel schicken, die bei Eintracht Frankfurt 4:2 siegte. Festgelegt hat er sich für Erste aber nur im Tor: Przemysław Tyton bleibt nach etlichen guten Spielen die Nummer eins. Einem ungewissen Schicksal geht nach der Niederlage dagegen seine Glücksjeans entgegen. „Vielleicht“, sagte Kramny und lachte, „sollte ich mal Anzug tragen.“

Alles hat eben seine Grenzen.