Winfried Hermann erwartet eine bessere Informationspolitik der Bahn in Sachen Stuttgart 21. Foto: dpa

Wasser auf die Mühlen der Stuttgart-21-Gegner: Das Großprojekt Stuttgart 21 könnte länger dauern – und teurer werden. Die Bahn informiere die Partner schlecht, so die Kritik von Verkehrsminister Hermann.

Stuttgart - Die Landesregierung rechnet für das umstrittene Bauprojekt Stuttgart 21 mit einer Verzögerung und millionenschweren Mehrkosten. Nach ersten Erkenntnissen müssten eine Verzögerung der Inbetriebnahme von ein bis zwei Jahren und „eine erkennbare, aber noch nicht sichere Erhöhung um 500 Millionen Euro“ ins Visier genommen werden, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. Genaueres könne aber erst gesagt werden, wenn der Lenkungskreis des Projekts nach der Aufsichtsratssitzung der Bahn am 15. Juni informiert werde.

Hermann kritisierte, die Projektbeteiligten müssten besser informiert werden. Baden-Württembergs Vize-Ministerpräsident Thomas Strobl (CDU) sprach jedoch von Spekulationen und keinesfalls gesicherten Erkenntnissen. Er gehe davon aus, dass die Bahn ihre Partner zeitnah und vollumfänglich informieren werde. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hingegen zeigte sich weniger optimistisch: „Wir waren noch nie so ganz zufrieden mit der Informationspolitik.“

Nach einem internen Bericht des Staatskonzerns wackelt die geplante Inbetriebnahme Ende 2021, zudem ist der finanzielle Puffer fast aufgebraucht.

Schweizer machen es vor

Während nach dem Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) mit S21 ein weiteres Bauprojekt in die Negativ-Schlagzeilen kam, feierten die Schweizer mit dem Gotthard-Tunnel unlängst den Abschluss eines anderen Mega-Bauvorhabens ein Jahr früher als erwartet. Er ist mit 57 Kilometern der längste Eisenbahntunnels der Welt.

Entscheidend daran beteiligt war der badische Tunnelbauer Martin Herrenknecht. Warum klappt so etwas in der Schweiz und in Deutschland nicht? Der 73-Jährige hatte dafür am Dienstag auf einer Veranstaltung des Schweizerischen Generalkonsulats in Stuttgart eine Erklärung: Der Mangel an Volksentscheiden in Deutschland ist aus seiner Sicht ein wesentlicher Nachteil bei großen Bauprojekten.

Solche Entscheide seien in der Schweiz ein Grund, dass Bauten wie der Gotthard-Tunnel in der Bevölkerung akzeptiert seien und ohne Zeitverzug und Kostenexplosion umgesetzt würden, sagte Herrenknecht. Seine gleichnamige Firma stellt Bohrmaschinen her, die beim Gotthard-Tunnel im Einsatz waren und bei Stuttgart 21 noch sind. Die Schweizer hatten per Volksentscheid für das Mammutprojekt Gotthard-Tunnel votiert.