Die Heimerdinger warten derzeit gleich doppelt: Auf den Anschluss ans Schienennetz – und auf die Entlastung durch die Südumfahrung. Foto: factum/Granville

Eigentlich sollte die Strohgäubahn dieses Jahr bis in den Ditzinger Stadtteil Heimerdingen fahren. Doch daraus wird nichts. Wer für die Verzögerung maßgeblich verantwortlich ist, ist unklar.

Ditzingen - Hinter vorgehaltener Hand wird die Strohgäubahn bereits in einem Atemzug genannt mit dem Berliner Flughafen und Stuttgart 21. Denn das Großprojekt im Kreis Ludwigsburg wird und wird nicht fertig: Auch dieses Jahr wird die Strohgäubahn nicht nach Heimerdingen fahren. „Die Württembergische Eisenbahn-Gesellschaft (WEG) hat uns mitgeteilt, dass der Betrieb bis Heimerdingen leider nicht zum Fahrplanwechsel aufgenommen werden kann“, teilt die Sprecherin des Landratsamtes mit. Vor vier Wochen ging die Ditzinger Verwaltung noch davon aus, dass Heimerdingen im Oktober Anschluss an die Bahn bekommt. Unklar ist, wer für die Verzögerung verantwortlich ist.

Der Landrat Rainer Haas ist zugleich Chef des Zweckverbands. In diesem sind die Bahn-Anrainer Ditzingen, Korntal-Münchingen, Schwieberdingen, Hemmingen sowie der Landkreis zusammengeschlossen. Die WEG wiederum verantwortet im Auftrag des Zweckverbandes sowohl den Verkehr auf der Bahntrasse als auch die alles in allem 50 Millionen Euro teure Modernisierung von Strecke und Fahrzeugen. Abzüglich aller Fördergelder schultern Kreis und Kommunen 24,4 Millionen Euro des Großprojekts.

Verzögerung um ein Jahr?

Der WEG-Geschäftsführer will in Sachen Verzögerung erst die Zweckverbandsversammlung informieren. Laut dem Landratsamt ist das Problem eine neue Software, die in Korntal den Übergang zwischen der S-Bahn, dem Netz der Deutschen Bahn, und der Strohgäubahn regelt. Für diese Sicherungstechnik ist nicht die WEG selbst verantwortlich – sondern deren Subunternehmer, das Ditzinger Technologieunternehmen Thales. Dessen Sprecher sagt: „Die Leit- und Sicherungstechnik bedarf einer Genehmigung durch das Eisenbahnbundesamt. Bei der Strohgäubahn hat sich diese leider verzögert. Alle Beteiligten arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung.“ Im Landratsamt heißt es derweil, Thales und WEG erstellten derzeit einen aktualisierten Zeitplan. Er soll noch im August vorliegen.

Im schlimmsten Fall geht laut dem Ditzinger Oberbürgermeister Michael Makurath mit den Problemen eine Verzögerung um ein Jahr einher. Er hofft, dass die Modernisierung in mehreren kleinen Abschnitten klappt. Und er setzt auf eine Verständigung von WEG und Thales: „Ich hoffe, dass in den Gesprächen doch noch ein Weg gefunden werden kann, die Verschiebung nicht zu dramatisch werden zu lassen.“ Deutlich formuliert Makurath aber auch, dass er die Frage der Verantwortung für die finanziellen Folgen geklärt wissen will: Die im Schienenersatzverkehr eingesetzten Busse kosten schließlich, von den betriebswirtschaftlichen Einbußen durch die Verzögerung insgesamt ganz zu schweigen.

Kampf auch am anderen Ende der Strecke

„Wir sind Mitglied im Zweckverband geworden, damit die Bahn kommt“, begründet Makurath das Engagement der Stadt Ditzingen. Die Aussage richte sich nicht gegen den Zweckverband, sondern verdeutliche, dass sie ein klares Ziel hätten, so der Rathauschef. Man wolle das Entwicklungspotenzial Heimerdingens ausschöpfen. „Heimerdingen ist derzeit ein schlafender Riese.“

Die neuerliche Entwicklung dürfte auch den Landrat und Zweckverbandschef Rainer Haas nicht freuen. Schließlich gibt es auch am anderen Streckenende, in Korntal, Probleme. Nach der Sommerpause treffen sich der Nachbar derStrohgäubahn-Werkstatt, Thomas Herwig, und die Strohgäubahn-Vertreter vor Gericht wieder. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim (VGH) aufgehoben hat, müssen die Mannheimer Richter den Fall neu aufrollen. Seit Jahren kämpft Herwig darum, dass ihm der Zweckverband ihm eine Lärmschutzwand.

„Es geht in dem Rechtsstreit um Partikularinteressen einer Person“, polterte Haas. „Wenn so etwas bei anderen Großprojekten auch geschieht, werden wir bald gar nichts mehr realisieren können.“ Herwig lässt das kalt: Er empfiehlt dem Landrat schlicht „mehr Zurückhaltung“.