Frauen mit Kindern können im Vollzug Erleichterungen bekommen – Männer auch. Foto: dpa

Frauen mit Kindern können in der Haft Erleichterungen bekommen. Jetzt beantragt ein Mann aus dem Raum Böblingen den sogenannten Hausfrauenfreigang, um sich während der Strafe zeitweise weiter um seinen Sohn kümmern zu können. Laut Justizministerium darf er grundsätzlich hoffen.

Frauen mit Kindern können in der Haft Erleichterungen bekommen. Jetzt beantragt ein Mann aus dem Raum Böblingen den sogenannten Hausfrauenfreigang, um sich während der Strafe zeitweise weiter um seinen Sohn kümmern zu können. Laut Justizministerium darf er grundsätzlich hoffen.

Stuttgart/Böblingen - Die Vorstellung wirkt beim ersten Gedanken daran etwas schräg: Ein Mann beruft sich auf einen Frauenbonus. Doch ganz so einfach liegt der Fall von Manfred F. (Name von der Redaktion geändert) nicht. Vielmehr geht es dabei um die Frage, wer die Kinder erzieht – und möglicherweise um einen Präzedenzfall, wie er in Baden-Württemberg bisher wahrscheinlich noch gar nicht oder nur höchst selten vorgekommen ist.

Manfred F. hat in der vergangenen Zeit einige Probleme mit dem Gesetz gehabt. „Vorwiegend ging es dabei um Straßenverkehrsdelikte“, sagt er. Zuletzt wurde ihm die Fahrt mit einem Mofa, das nicht ganz den Vorschriften entsprach, zum Verhängnis. Eine offene Bewährung wurde widerrufen, nach dem Bezahlen einer Geldstrafe sind fünf Monate Haft übrig geblieben, die der Mann am kommenden Montag antreten muss.

Mutter müsste ihren Job aufgeben

Doch damit ist er nicht einverstanden. Nicht, weil er sich um die Strafe drücken wolle, sagt er. Stattdessen gehe es ihm um die Betreuung seines kleinen Sohnes. Das Schulkind wird vorwiegend vom Vater versorgt. Manfred F. ist schwerbehindert und hat deshalb die Erziehung des Kindes, das er mit seiner Lebensgefährtin hat, übernommen. Die Frau arbeitet in der Gastronomie und kommt deshalb zu sehr späten Uhrzeiten nach Hause.

„Wenn ich ins Gefängnis muss und den Kleinen nicht mehr versorgen kann, bedeutet das, dass meine Lebensgefährtin ihre Stelle kündigen müsste, damit sie sich um Kind und Haushalt kümmern kann“, sagt der Mann. Das aber wäre für die Familie „eine Katastrophe“. Andere Personen, die über Monate die Betreuung übernehmen könnten, gebe es nicht. Manfred F. versucht deshalb, den sogenannten Hausfrauenfreigang zu bekommen. Will heißen: Man hält sich nur zu bestimmten Zeiten im Gefängnis auf und betreut in der restlichen Zeit als Freigänger zu Hause das Kind.

Bisher ist Manfred F. damit nicht weitergekommen. „Ich hänge völlig in der Luft“, klagt er und kritisiert, dass er zudem in die Justizvollzugsanstalt Bruchsal eingewiesen worden sei. Die ist deutlich weiter von seinem Wohnort entfernt als das Gefängnis in Heimsheim. Auch Anrufe im Justizministerium hätten bisher noch zu keiner Lösung geführt.

Im Zuge der Gleichberechtigung haben auch Väter Anspruch

Grundsätzlich allerdings gibt es Hoffnung für den Verurteilten. „Der Hausfrauenfreigang war ursprünglich für Mütter gedacht. Er gilt im Zuge der Gleichberechtigung aber auch für Väter“, sagt Martina Schäfer. Die Sprecherin des Justizministeriums weist allerdings darauf hin, dass dafür wie für jeden Freigang strenge Voraussetzungen gelten. Eine Fluchtgefahr etwa muss ausgeschlossen werden können, und der Betroffene muss glaubhaft machen, dass es zur Betreuung des Kindes durch ihn selbst keine Alternative gibt. Diese Bedingungen müssen von einem Sozialarbeiter abgeklärt werden.

Wie oft vom Hausfrauenfreigang überhaupt schon Gebrauch gemacht worden ist, weiß man im Ministerium nicht. „Wir halten das nicht fest, es sind aber nicht viele Fälle“, sagt Martina Schäfer. Frauen haben in Baden-Württemberg zudem die Möglichkeit, bei einer Haftstrafe Kinder bis zum Alter von drei Jahren mit ins Gefängnis zu nehmen und dort in eine Mutter-Kind-Gruppe zu kommen. Derzeit sitzen im Land rund 350 Frauen ein. Das ist eine relativ kleine Gruppe im Vergleich zu den 6500 Männern.

Manfred F. hofft, dass es in letzter Minute doch noch eine Lösung gibt. „Ich muss wissen, dass das geregelt ist, bevor ich ins Gefängnis gehe“, sagt er. Entscheiden über den Hausfrauenfreigang werden letztlich die Experten der Justiz müssen. Sicher ist: Die Zeit dafür wird knapp.