Ein Türsteher muss sich wegen einer Attacke auf zwei Gäste verantworten Foto: dpa

Ein Türsteher steht wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht Stuttgart. Der 22-Jährige hat gestanden, einem Gast brutal gegen den Kopf getreten zu haben.

Stuttgart - „Ich hab gleich gesehen, dass ich Scheiße gebaut habe“, sagt der junge Mann vor der 9. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart. Und weil der 22-Jährige eben gebaut hat, was er gebaut hat, muss er sich seit Donnerstag wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Gebrochener Augenboden, gebrochenes Nasenbein, mehrfach gebrochener Oberkiefer, Gehirnerschütterung – so lautet das medizinische Bulletin über die schweren Verletzungen eines 23-jährigen Gasts, für die der angeklagte Türsteher eines Lokals an der Steinstraße in der Innenstadt verantwortlich sein soll. „Ich weiß echt nicht, wie das passieren konnte“, sagt der Türsteher, der von dem erfahrenen Strafverteidiger Thomas Mende vertreten wird.

In der Nacht auf den 5. Juni dieses Jahres waren der Türsteher und der offenbar kräftig alkoholisierte Gast aneinandergeraten. Er habe in jener Nacht allein gearbeitet, sagt der Angeklagte. Der Laden sei voll gewesen, der 23-Jährige habe mit einem Bierglas auf den Tisch geschlagen. Trotz mehrfacher Zurechtweisung habe er nicht damit aufgehört, sagt der Türsteher aus. Also habe er den laut seiner Aussage renitenten Gast aus der Bar gedrängt.

Weil er eine Treppenstufe nicht beachtet habe, sei der Gast vor der Bar hingefallen, aber sofort wieder aufgestanden. „Er wurde immer aggressiver und ist dann auf mich losgegangen“, so der Angeklagte. Also habe er dem 23-Jährigen die Faust ins Gesicht geschlagen, was den Gast erneut zu Boden brachte. Trotzdem sei er immer panischer geworden, sagt der Türsteher. Er habe regelrecht Angst bekommen.

Denn um ihn herum seien fünf oder sechs andere Gäste gestanden, die er als potenzielle Angreifer eingestuft habe. „Ich bin schon mehrfach bei der Arbeit attackiert und auch verletzt worden – sogar mit einem Messer“, sagt der 22-Jährige.

Jedenfalls versuchte der Gast, sich wieder aufzurichten. Noch ehe er dies geschafft hatte, soll der Angeklagte ihm einen wuchtigen Tritt gegen den Kopf verpasst haben. Knochen brachen, Blut floss. „Ich bereue das zutiefst“, sagt der Türsteher.

Das Opfer kann zur Aufklärung nicht sonderlich viel beitragen. „Meine Erinnerung endet mit dem Rauswurf aus der Bar“, sagt der 23-Jährige. Faustschlag, Fußtritt? Nichts mehr da. Die Richter werden über unbeteiligte Zeugen mehr zu erfahren suchen.

Der Angeklagte aus Stuttgart hat nicht das erste Mal zugeschlagen. Oberstaatsanwalt Hans-Otto Rieleder wirft dem Burschen auch noch vor, in der Nacht auf den 23. April dieses Jahres einen weiteren Gast mit einem Faustschlag ins Gesicht verletzt zu haben. Dessen Blessuren hielten sich im Gegensatz zu dem anderen Vorfall, der als versuchter Totschlag angeklagt ist, allerdings in Grenzen.

Im April will der Türsteher vom stark betrunkenen Opfer erst verbal, dann körperlich angegangen worden sein. „War der Faustschlag notwendig?“, fragt Vorsitzender Richter Wolfgang Hahn. „Meiner Meinung nach ja“, so der Angeklagte. „Sie sind bereits früher durch Aggressionsdelikte aufgefallen. Wie soll das weitergehen?“, will Hahn wissen.

Er wolle keinesfalls mehr als Türsteher arbeiten, sagt der vorbestrafte, berufslose Mann, der bereits eine Haftstrafe hinter sich hat. Die 9. Strafkammer will insgesamt 14 Zeugen und einen Sachverständigen hören. Der Prozess soll am 26. November fortgesetzt werden.