Spurensicherung am Tatfahrzeug auf der Hauptstätter Straße. Ein Polizist war im März überfahren worden Foto: 7aktuell.de/Eyb

Ein 21-Jähriger steht vor Landgericht Tübingen, weil er in Stuttgart auf der Flucht einen Polizisten überfahren hat. Jetzt muss der Prozess neu aufgerollt werden.

Stuttgart/Tübingen - Der Prozess gegen einen 21-jährigen Mann aus Rottenburg, der im März dieses Jahres in der Stuttgarter Innenstadt auf der Flucht einen Polizisten mit Absicht überfahren haben soll, muss noch einmal von Beginn an geführt werden. Einer der Richter der 5. Strafkammer des Landgerichts Tübingen, wo der Prozess läuft, ist erkrankt und wird in absehbarer Zeit nicht arbeitsfähig sein. Damit ist die Hauptverhandlung geplatzt. Neue Termine stehen noch nicht fest.

11. März dieses Jahres, es ist ungefähr 21.15 Uhr. Ein roter Hyundai-Kleinwagen fährt auf der Hauptstätter Straße Richtung Bahnhof. Auf Höhe des ehemaligen Möbelhauses Mammut kommt es zu einer blutigen Festnahme. Drogenfahnder und Beamte des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) hatten die zwei Männer in dem Auto mit Tübinger Kennzeichen schon längere Zeit im Visier. Sie hatten beobachtet, wie die Männer in Backnang eine größere Menge Marihuana gekauft hatten. In der Stuttgarter Innenstadt stellt die Polizei die mutmaßlichen Drogenkuriere an einer Ampel. Ein 32-jähriger Beamter stürmt auf den Hyundai zu. Der 21-jährige Fahrer gibt Gas und überfährt den Polizisten. Dessen Kollegen feuern auf den Wagen. Beide Insassen werden getroffen. Der Beamte und die zwei Verdächtigen werden schwer verletzt.

Angeklagter und Polizisten widersprechen sich vor Gericht

Der 21-Jährige wird wegen versuchten Mordes an dem Polizisten angeklagt. Er habe versucht zu fliehen, um eine Straftat, nämlich den Drogenschmuggel, zu verdecken. Das Verfahren läuft am Landgericht Tübingen, weil der Angeklagte aus Rottenburg kommt. Vor Gericht kam in den ersten Verhandlungstagen, ehe der Prozess schließlich platzte, auch der vordergründig misslungene Polizeieinsatz zur Sprache.

Am ersten Prozesstag hatte der 21-Jährige ausgesagt, die MEK-Beamten seien für ihn und seinen Mitfahrer nicht als Polizisten zu erkennen gewesen. Er habe plötzlich zwei Männer in zivil wahrgenommen, die mit Sturmhauben maskiert gewesen seien und Schusswaffen auf ihn und seinen Kumpel gerichtet hätten. Da sei er in Panik geraten und habe Gas gegeben.

Die Polizisten sagten dagegen aus, beim Stellen der Verdächtigen hätten sie keine Sturmhauben getragen. Zudem hätten sie sehr laut „Polizei. Keine Bewegung!“ gerufen. Der Verteidiger fragte, ob es nicht sinnvoller und vor allem gefahrloser gewesen wäre, die zwei jungen Männer zu Hause festzunehmen. Dem widersprach der Vorgesetzte des verletzten Polizisten. Man habe die Verdächtigen mit den gekauften Drogen stellen wollen. Auch sei die Lage auf der Hauptstätter Straße übersichtlich gewesen.

In dem Hyundai, den sich der 23-jährige Mitfahrer von seiner Mutter geborgt hatte, waren vier Kilogramm Marihuana sichergestellt worden.