Ein 57-Jähriger hat in seiner Wohnung Feuer gelegt – jetzt steht er wegen Mordversuchs vor Gericht Foto: dpa

Ein 57 Jahre alter Mann steht wegen Mordversuchs vor Gericht, weil er aus Frust über die Nachbarn seine Wohnung abgefackelt haben soll.

Stuttgart - Erster Staatsanwalt Matthias Schweitzer hat das große Besteck aufgelegt. Er wirft dem Mann auf der Anklagebank versuchten, heimtückischen Mord mit einem gemeingefährlichen Mittel in drei Fällen, versuchte Brandstiftung mit Todesfolge und schwere Brandstiftung vor – ein gehöriges Pfund. Es ist zu bezweifeln, dass der 57-jährige Angeklagte die Tragweite dessen einzuschätzen weiß. Er habe doch nur Feuer gelegt, weil er eine neue Wohnung gewollt habe, so der Mann.

Am 31. Oktober vorigen Jahres musste die Feuerwehr an den Hausenring in Weilimdorf ausrücken. Ein Zimmer im ersten Obergeschoss eines Hauses mit mehreren Wohnungen stand in Flammen. Die betroffene Wohnung war danach nicht mehr bewohnbar, der Gebäudeschaden betrug rund 20 000 Euro. Beim Ausbruch des Feuers hatten sich drei Personen im Haus aufgehalten. Glücklicherweise wurde niemand verletzt – deshalb nur versuchte Brandstiftung mit Todesfolge. So lautet der juristische Terminus.

Der Inhaber der abgefackelten städtischen Wohnung wurde umquartiert. Der Mann war zwar von der Polizei befragt, dann aber laufen gelassen worden. Am 9. November wurde der 57-Jährige bei der Polizei vorstellig. Er gestand, selbst das Feuer in seiner alten Wohnung gelegt zu haben. Man dürfe die Polizei nicht anlügen. Jetzt steht er vor der 1. Strafkammer des Landgerichts und will nicht so recht verstehen, was der Staatsanwalt mit versuchtem Mord meint.

„Ich konnte nicht schlafen“, sagt der von Verteidiger Bernhard Krinn vertretene Mann. Seit Jahren sei er unsäglichem Lärm von allen Seiten ausgesetzt – von unten, von nebenan, ständig. Er habe auf dem freien Markt versucht, eine andere Wohnung zu finden. Doch mit seiner Arbeitsunfähigkeitsrente von 900 Euro sei das nichts geworden. Am Tattag habe er in der Innenstadt ein paar Bier getrunken und sei gegen 19 Uhr wieder zu Hause gewesen. Auf dem Heimweg hatte er zwei Flaschen Grillanzünder gekauft. „Ich dachte, wenn es wieder Krach gibt, dann zünde ich was an“, sagt er frank und frei. Es gab wieder Krach. Da habe er eine der Flaschen auf seinem Sofa ausgeschüttet und sein Feuerzeug eingesetzt. Es habe „ein bisschen“ gebrannt, sagt der Mann. Dann sei er gegangen.

Es hätte ja nicht viel passieren können, sagt der Angeklagte. „Wir hatten ganz neue Rauchgasmelder, die sind sicher.“ Er habe sie eigenhändig überprüft. Vorsitzende Richterin Regina Rieker-Müller fragt, was denn gewesen wäre, wenn ein Nachbar das Piepsen nicht gehört hätte? „Das Feuer konnte doch aus dem Zimmer nicht raus“, so die Antwort. Er habe ja alle Türen geschlossen.

Solomon G., zweifacher Vater aus Afrika, der seit 1978 als anerkannter Asylbewerber in Deutschland lebt, war 2007 an den Hausenring gezogen. 15 Jahre lang habe er zuvor als Hausmeister für die US-Armee gearbeitet, berichtet er. Danach hatte er einige Ein-Euro-Jobs, bis er erwerbsunfähig geworden sei. Er sagt, er sei bereits seit 30 Jahren psychisch krank. Er habe Angstzustände, sei aggressiv, höre manchmal Stimmen und schwitze viel. Ob er tatsächlich krank ist, soll ein psychiatrischer Gutachter herausfinden. Der Prozess wird am 7. Mai fortgesetzt.