Nicht nur Veronica (Manuela Kinzel) und Larry (Martin Schmidt) blicken im Theater im Bahnhof in menschliche Abgründe. Foto: Rudel

Mit dem Psychothriller „Veronicas Zimmer“ von Ira Levin leistet sich das Theater im Bahnhof Rechberghausen ein wirklich starkes Stück. Das Amateurensemble taucht tief in den schwierigen Stoff ein und setzt die sich stetig steigernde Dramatik gekonnt um.

Rechberghausen - Boulevardkomödien, Krimiklassiker oder auch mal ein gesellschaftskritisches Stück – an diese Mischung sind die Stammbesucher des Rechberghauser Theaters im Bahnhof gewöhnt. Psychothriller gehörten bislang hingegen nicht zum Programm der Amateurschauspieltruppe – und so war die ausverkaufte und letztlich begeistert gefeierte Premiere von „Veronicas Zimmer“ am vergangenen Samstag in doppelter Hinsicht ein Schritt auf neues und ungewohntes Terrain.

So viel sei schon vorab gesagt: Das durchaus gewagte Experiment ist gelungen. Das Publikum erlebte einen im wahrsten Sinne des Wortes packenden Abend mit einer sich stetig steigernden Dramatik, unerwarteten Wendungen und laufend wechselnden Blicken in die Tiefen menschlicher Abgründe. Ob grenzenlose Lieblosigkeit, familiäre Verfehlungen bis hin zur Inzucht oder gar perfide Tötungsszenarien: kein Thema wird ausgespart. „Das ist für uns schon ein etwas anderer Tobak als gewöhnlich“, gibt der Regisseur Eddie Gromer unumwunden zu.

Nichts ist wie es zu sein scheint

So ist in dem Bühnenstück von Ira Levin, der auch die Vorlage für den Horrorfilm „Rosemaries Baby“ von Roman Polanski geliefert hat, nichts wie es zu sein scheint. Die Studentin Susan aus Boston wird bei ihrem ersten Date mit Larry – ist er wirklich, wer er vorgibt zu sein? – von einem älteren Ehepaar namens Mackey – tatsächlich? – angesprochen. Sie gleiche der verstorbenen Veronica, in deren Elternhaus sie arbeiten würden, wie ein Zwilling, behaupten die beiden. Und da deren Schwester Cissie ebenfalls im Sterben liege, Veronicas Tod aber nicht wahrhaben wolle, möge Susan doch bitte mitkommen und für eine halbe Stunde in deren Rolle schlüpfen.

Apropos Rolle: Manuela Kinzel setzt die lebenslustige, hibbelige und etwas naive Susan perfekt in Szene. Martin Schmidt als schnöseliger und scheinbar kritischer Larry steht ihr in nichts nach. Irmentraut Barth-Krauss und Ecki Müller schaffen als Maureen und John Mackey den schwierigen Switch vom biederen und übertrieben freundlichen Ehepaar zum bösartig intriganten Gespann, das nur ein einziges Ziel verfolgt...

Zunächst sieht alles so harmlos aus

Dabei sieht doch zunächst alles so harmlos aus. Susan kommt nach einigem Hin und Her dem Wunsch der Mackeys nach. Ihre Illusion, „dass das lustig wird“, teilt sie dabei, zumindest fürs Erste, mit den Zuschauern, die im kleinen Bahnhofstheater quasi mitten in Veronicas Zimmer sitzen. Doch weil nichts ist, wie es scheint, nimmt alles einen ganz anderen Verlauf, der nichts für allzu schwache Nerven ist. Dass das Stück für die Mimen ebenfalls einen außergewöhnlichen Kraftakt darstellt, ist ihnen förmlich anzusehen. So dauert es beim langen Schlussapplaus denn auch eine Weile, ehe sie aus ihren Rollen wieder in die Wirklichkeit finden und das Lachen in ihre Gesichter zurückkehrt.

Gestrahlt hat, angesichts der starken Leistung des Ensembles, nicht zuletzt der vor der Premiere ungewohnt nervöse Regisseur. „Ich bin durch Zufall auf das anspruchsvolle Stück gestoßen und wusste, dass wir es gemeinsam entwickeln müssen, um es hinzukriegen“, sagt Gromer.

Das hat indes ausgezeichnet geklappt, und so ist bei „Veronicas Zimmer“ in Rechberghausen, wenigstens in diesem einen Punkt, alles genau so, wie es scheint.

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