Feuchtkaltes Wetter bekommt den Langohren gar nicht gut. Foto: dpa-Zentralbild

Den süßen Versionen entkommt man in diesen Tagen nur schwer. Doch während Schokoladen-Osterhasen in Massen die Supermarktregale bevölkern, geht es den lebenden Exemplaren gar nicht gut. Der Bestand an Feldhasen ist in den vergangenen Jahren eingebrochen.

Stuttgart - Das Hasen-Paradies liegt in Stuttgart. Dort, im Schlossgarten und im Rosensteinpark, lebt die größte innerstädtische Hasenpopulation Deutschlands – regelmäßig werden dort 140 Tiere pro Quadratkilometer gezählt. Doch Stuttgart ist nicht überall – auch hasentechnisch gesehen nicht. Der Durchschnitt im übrigen Baden-Württemberg liegt bei gerade mal 17 Feldhasen pro Quadratkilometer – Tendenz stark sinkend. Zugegeben: Die Feldhasen hatten es noch nie leicht in deutschen Landen. Tausende sterben jedes Jahr auf den Straßen, totgefahren von Autos. Hinzu kommt die Hasenpest, die den Tieren regelmäßig schwer zusetzt. Dann wären da noch die natürlichen Feinden wie Rabenkrähen, Greifvögel und Füchse.

Doch wie gravierend der Feldhasen-Bestand in den vergangenen Jahren tatsächlich zurückgegangen ist, hat nun der Verein Wildtierschutz Deutschland ermittelt. Demnach hat es im März vergangenen Jahres knapp 29.000 Feldhasen in Baden-Württemberg gegeben. Im März 2007 waren es jedoch noch 44.500 gewesen. Eine Entwicklung, die sich vorerst kaum stoppen lässt. In diesem Jahr, so sagen Fachleute, leiden die Hasen vor allem unter dem ungemütlichen Wetter mit Schnee, Regen und frostigen Temperaturen. Wie es unter Hasen so üblich ist, legt das Muttertier in diesen Wochen das neu geborene Häschen im Feld oder auf der Wiese ab. Wenn es kalt ist und das Fell nicht trocknet, erfrieren die Jungtiere leicht.

Grünland in Ackerland umgewandelt

Doch egal ob Füchse, Straßenverkehr oder kaltes Wetter – liegt allein daran das deutliche Absinken der Feldhasen-Zahlen? Oberflächlich betrachtet sehr wohl. Auf andere wichtige Gründe stößt man jedoch erst, wenn man die strukturelle Ausrichtung der Landwirtschaft im Südwesten betrachtet. In Baden-Württemberg gibt es derzeit 545.000 Hektar Grünland, vor 40 Jahren waren es noch 140.000 Hektar mehr gewesen. Das meiste dieser 140.000 Hektar ist in Ackerland umgewandelt worden, der Landwirt kann darauf Weizen oder Mais anbauen. Zwar ist dieser sogenannte Gründlandumbruch mittlerweile verboten, doch das langsame Sterben der Feldhasen ist dadurch nicht gestoppt. Denn den Hasen fehlt es dadurch an reichhaltiger, abwechslungsreicher Nahrung, der sogenannten Hasen-Apotheke. Sie enthält eine Mischung aus vielen Wildkräutern wie Kamille, Salbei, Dill und Petersilie. Auch die Lebensräume schwinden. Der Feldhase hält sich besonders gern in Gebieten auf, wo ihm Hecken als Deckung dienen und wo es Ackerrandstreifen gibt. Der Landesjagdverband will von Untergangsszenarien jedoch nichts wissen. „In Baden-Württemberg ist der Feldhase nach wie vor flächendeckend verbreitet“, teilte er mit. Der Verband ließ in 100 Jagdrevieren Hasen zählen – auf einer Fläche von 10.000 Hektar. Ergebnis: In der nördlichen Oberrheinebene kommen am meisten Feldhasen vor, am wenigsten im voralpinen Hügel- und Moorland. Doch auch der Landesjagdverband gibt zu, dass ein „leichter Rückgang zu verzeichnen ist“. Schuld daran sei – neben einer hohen Dichte an Greifvögeln und dem nasskalten Wetter – die „geänderte Landnutzung“. Soll heißen: Mais und Getreide statt artenreichem Grünland. In diesem Punkt sind sich die Jäger ausnahmsweise einig mit den Naturschützern. „Hasen brauchen Äcker, auf denen auch Wildkräuter wachsen dürfen und keine Gifte alles Unerwünschte abtöten“, sagt auch der Landesvorsitzende des Naturschutzbunds (Nabu), Andre Baumann.

Gute Tarnung dank graubraunem Fell

Hoffnung setzen die Naturschützer in die Neuordnung der europäischen Agrarpolitik, die ab dem kommenden Jahr geplant ist. Demnach sind EU-Fördergelder künftig an bestimmte Bedingungen geknüpft. Landwirte erhalten den vollen Betrag, wenn sie auf ihren Flächen mindestens drei verschiedene Pflanzen aussäen und sieben Prozent ihrer Ackerfläche zu ökologischen Vorrangflächen umwandeln, also aus der Bewirtschaftung herausnehmen. Tun die Landwirte das nicht, werden die EU-Gelder um 30 Prozent gekürzt. Der Bauernverband läuft Sturm gegen die Pläne, allen voran sein Präsident Joachim Rukwied, der auch Präsident des Landesbauernverbands ist und dies als „Stilllegung landwirtschaftlicher Flächen“ kritisiert. Der Nabu wiederum bezeichnet die Politik des Bauernverbands als „osterhasenfeindlich“.

Von Natur aus ist der Feldhase eigentlich mit vielen Fähigkeiten zum Überleben ausgestattet. Mit seinem graubraunen Fell kann er sich gut tarnen. Die meiste Zeit des Tages verbirgt er sich sowieso in seiner Sasse, einer selbst gescharrten Mulde. Dank der seitlich am Kopf angebrachten großen Augen hat das Tier die Umgebung ständig unter Kontrolle. Droht Gefahr, drückt sich der Feldhase mit angelegten Löffeln an den Boden, um im letzten Augenblick aus der Mulde zu fahren. Auf der Flucht kann er dann mit seinen langen Läufen binnen kurzer Zeit auf 80 Kilometer in der Stunde beschleunigen.