Fahrradampel in Köln: Sie gibt Radlern ein paar Sekunden Vorsprung vor dem Autoverkehr Foto: dpa

Baden-Württemberg ist bislang kein ausgesprochenes Radfahrer-Land. Doch Städte wie Freiburg, Heidelberg und Karlsruhe machen vor, dass Steigerungen möglich sind. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) setzt auf die Radstrategie bis 2025.

Stuttgart - Gerade mal acht Prozent aller Strecken werden im Land mit dem Fahrrad zurückgelegt. In anderen Bundesländern wird deutlich mehr in die Pedale getreten: In Bremen werden 19 Prozent der Wege geradelt, in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt 15 Prozent. Am wenigsten spielt das Rad mit nur zwei Prozent im Saarland eine Rolle.

Verkehrsminister Winfried Hermann, selbst leidenschaftlicher Radfahrer, will in Baden-Württemberg eine neue Radkultur entwickeln und zeigen, dass das Rad in alle Lebensbereiche passt. Deshalb arbeitet sein Ministerium im Dialog mit Bürgern, Experten, Akteuren und Kommunen bis 2025 eine Radstrategieaus, in der sämtliche Aktivitäten des Landes gebündelt werden. Bis dahin soll der Anteil des Radverkehrs im sogenannten Modal Split mehr als verdoppelt werden: „Wir wollen, dass bis zum Jahr 2030 20 Prozent der Wege mit dem Rad zurückgelegt werden.“ Dann sei das Land auf Augenhöhe mit anderen Bundesländern – trotz Widrigkeiten wie der Topografie.

Utopisch? In Freiburg und Heidelberg steigen die Menschen schon heute für 30 Prozent ihrer Wege aufs Rad. Karlsruhe prescht vor: Beim bundesweiten Fahrradklimatest des ADFC landete die Fächerstadt auf Platz 2 unter den großen Städten und wird ihren Fahrradanteil am zurückgelegten Verkehr von 16 Prozent (2002) inzwischen sicher erhöht haben.

Käufer investieren mehr Geld in Rad und Pedelec

Viel sei in den vergangenen Jahren schon passiert, sagt Hermann und verweist auf Radwege, Beschilderungen und Fahrradabstellplätze. Doch es könnte auch einiges verbessert werden. Dafür sollen die Ideen der beteiligten Bürger und Gruppen einfließen und mit Ingenieurbüros ausgearbeitet werden. Dazu gehört auch, den Radverkehr nicht nur in den Städten, sondern auch im ländlichen Raum zu fördern: Das Fahrrad stehe für bezahlbare individuelle Mobilität.

Ein Ansatzpunkt für Verbesserungen sind etwa Fahrradabstellplätze. In der Radstrategie steht die These, dass höherwertige Räder das Fahren attraktiver und sicherer machten. Wenn die Nutzer darauf verzichteten und aus Angst vor Diebstahl oder Vandalismus minderwertigere Räder kauften, habe das auch eine wirtschaftliche Dimension. Nutzer von hochwertigen Fahrrädern und Pedelecs hätten einen Anspruch auf sichere Abstellmöglichkeiten, heißt es in dem Papier. Der Durchschnittspreis aller verkauften Fahrräder stieg – einschließlich Pedelecs – von 341 Euro im Jahr 2004 auf 528 Euro im Jahr 2014 an.

In einer Bürgerbefragung nannten mehr als 50 Prozent Zahl und Art der Abstellmöglichkeiten als Kriterium dafür, wie oft sie das Fahrrad nutzen. Die Fläche eines Pkw-Stellplatzes bietet Platz für vier Anlehnbügel mit acht Fahrrädern. Der gesparte Parkraum könne in Innenstädten zur Begrünung genutzt werden.

Radeln senkt Herzinfarktrisiko

Ein weiteres Ziel der Radstrategie und Radkultur im Land ist, die gesundheitsfördernde Wirkung des Radfahrens aufzuzeigen. Wer täglich 30 Minuten Rad fährt, kann laut Studien sein Herzinfarktrisiko um 25 Prozent senken. Rückenbeschwerden, Arthrose, Stress und Übergewicht gehen zurück.