Richter Wolfgang Kern ist sehr deutlich in seinen Aussagen. Foto: dpa

In der Verhandlung über Fahrverbote in Stuttgart hat das Verwaltungsgericht keinen Zweifel daran gelassen, dass es das Land verurteilen wird. Ein klares Urteil hilft allen Beteiligten, meint Konstantin Schwarz.

Stuttgart - Düsseldorf, Hamburg, München, und nun eben Stuttgart: wo Menschen Schadstoffwerten ausgesetzt sind, die noch immer doppelt so hoch sind wie die seit vielen Jahren gesetzlich verbindlichen Grenzwerte, muss die Politik eingreifen. Nicht erst 2020 oder noch später, sondern sofort. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat das am Mittwoch in seiner mündlichen Verhandlung in einer Deutlichkeit herausgearbeitet, dass Winfried Kretschmann im Staatsministerium die Ohren klingen müssen.

Der Obergrüne hat sich in den letzten Wochen werbewirksam vor einen Mercedes-Motor neuester Bauart gestellt. Das Aggregat ist anerkannt sauber und symbolisiert die Zukunft des Diesels. Kretschmann hat mit Verweis auf Arbeitsplätze versucht, Fahrverbote für alte Selbstzünder abzuwenden und die Industrie zu Nachrüstversprechen getrieben. Das ist ehrenwert. Doch damit kann man die Fehler der Vergangenheit nicht tilgen.

Gefordert ist eine durchgreifende Lösung

Die Nachrüstung würde die Schadstofflast am Neckartor um neun Prozent reduzieren, ein Fahrverbot jedoch um annähernd 50 Prozent, womit die Grenzwerte in Reichweite lägen. Das zeigt die Verhältnismäßigkeit und illustriert, warum das Gericht, das am kommenden Freitag sein Urteil bekannt geben wird, keinen Aufschub dulden will. Es wird aller Voraussicht nach Verbote aussprechen.

Die Frage sei, so der Richter, ob eine Behörde sagen dürfe, dass sie die Grenzwerte auch die nächsten Jahre nicht einhalten wird. Diesen Offenbarungseid wollte die Regierung mit dem neuen Luftreinhalteplan abgeben. Sie hält das Papier für die ehrgeizigste Sammlung von Maßnahmen, die eine Regierung je gemacht habe. Wenn das Ziel dabei so krass verfehlt wird, dann muss man sich fragen, wie weit der Realitätsverlust im Staats- und Verkehrsministerium gediehen ist. Gefordert ist nicht ein Sammelband mau wirkender Vorschläge, sondern eine durchgreifende Lösung. Das Gericht hat eine aufgezeigt. Die Regierung hätte sie finden können. Doch sie hat vor allem auf die Blaue Plakette gesetzt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wird für diese keine Hand rühren.