Dieses Foto von dem Luftschutz-Stollen unter dem Bahnhofsgelände Feuerbach stammt aus dem Jahr 1940, kurz nach dessen Fertigstellung. Foto:  

Der Verein Schutzbauten Stuttgart will beim Bahnhof Feuerbach einen Ort der Erinnerung und mehrere Bunker als museale Orte nutzen. Der Vereins hofft dabei auf die Hilfe der Stadt.

Feuerbach - Dieser Raum ist eigentlich ein Unort, kalt und nackt, wie der meterdicke Beton, der ihn umhüllt. Wer am Ende des Zweiten Weltkriegs bei Bombenabwürfen in dem Tiefbunker beim Feuerbacher Bahnhof saß, der verspürte vermutlich nur Todesangst, Panik und Beklemmung. Waren alle Plätze im Tiefbunker besetzt, hasteten die Menschen zum nahen Spitzbunker.

Ein paar Schritte weiter befand sich noch ein Schutzraum, ein etwa 75 Meter langer und drei Meter breiter Luftschutzstollen, dessen Eingänge momentan zugeschüttet sind. Sie könnten aber im Zuge der Bauarbeiten für Stuttgart 21 am Feuerbacher Bahnhof wieder freigelegt werden. Rolf Zielfleisch, Vorsitzender des Vereins Schutzbauten, kennt die alten Pläne und den unterirdischen Verlauf des Stollens entlang des Feuerbacher Bahnhofs: „Es könnte gut sein, dass einer der Zugänge zu dem Stollen beim Bau der neuen Fußgängerunterführung angeschnitten wird“, sagt Zielfleisch. Die Verantwortlichen des Vereins Schutzbauten werden die Umbaumaßnahmen jedenfalls mit großer Spannung verfolgen. Denn sollte sich Zielfleischs Theorie bestätigen, dann wird durch die Bauarbeiten ein weiteres historisch interessantes Bauwerk am Feuerbacher Bahnhof zu Tage gefördert.

Stollen soll freigelegt werden

Der Bunker-Experte hat recherchiert, dass der Stollen in den Jahren 1939/1940 gebaut wurde. Er endet unter dem Bahnhofsbrückengebäude an der heutigen Borsigstraße. „Dort befand sich früher auch ein Einlass in den Stollen“, berichtet Zielfleisch. Wenn das unterirdische Bauwerk noch begehbar ist, hat der Vorsitzende bereits einen Plan für dessen Erhalt entwickelt: „Der Verein wäre bereit, gegebenenfalls mit Mitarbeitern des Technischen Hilfswerkes den Stollen frei zu legen.“ Stuttgart besäße dann am Bahnhof Feuerbach ein Bunker-Ensemble, das einzigartig in Süddeutschland wäre, sagt der Vorsitzende.

Die Leiterin des Stuttgarter Kulturamtes Birgit Schneider-Bönninger hält den Platz für museumstauglich. „Der Ort hat hohe museale Qualität und punktet mit vielen Original-Exponaten. Vielleicht kann der Tiefschutzbunker mittelfristig museal angedockt werden“, hielt sie nach einer Führung schriftlich fest. Dazu passt, dass das Programm des Vereins jetzt auch städtischerseits unter www.stuttgartde-geschichtspaedagogik.de auftaucht. Auch das Stuttgarter „Kulturnavi“, das gerade im Aufbau ist und ab Herbst wie eine elektronische Datenbank abrufbar sein soll, wird die Veranstaltungen in seinen kulturpädagogischen Teil aufnehmen: „Das kann ich schon versprechen“, sagt Kulturvermittler Werner Stiefele.

Begehrte Location und großes Besucherinteresse

Das Interesse an den Schutzbauten ist groß. Etwa 3000 Besucher kommen jährlich zu Führungen und Veranstaltungen. Neulich spielte eine irische Post-Punk-Band im Tiefbunker. Es war ziemlich voll. Die Regisseure der Serie „Soko Stuttgart“ drehten im vergangenen Jahr die Episode „Mord im Bunker“ in Feuerbach. Daneben gibt es Kriminächte, Chorkonzerte, Theaterveranstaltungen und Ausstellungen unter Tage.

Bei Führungen können Schulklassen und andere Gruppen viel über die Historie der Bunker, Stollen und Schutzräume erfahren. „Unser Ziel ist es, diesen Ort langfristig zu sichern und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, so Zielfleisch weiter. Die Entwicklung einer „Bunker-Denkstätte“ wäre so gesehen der nächste logische Schritt. „Aber dieses Projekt können wir nur mit der Unterstützung der Stadt realisieren. Wir stoßen mit unserer ehrenamtlichen Organisation schon jetzt an unsere Grenzen.“

Eingang in den Tiefbunker soll baulich verändert werden

Dem Bezirksbeirat stellte er seine Ideen in einer Sitzung Anfang Juli vor und forderte dort in einem Antrag, dass Planungsmittel im kommenden Doppelhaushalt eingestellt werden sollen. Das Gremium stimmte geschlossen zu. Teil der neuen Pläne ist übrigens auch, dass der Eingang zum Tiefbunker und die in den Bau integrierte Trafostation der EnBW gestalterisch verändert werden. Zielfleisch kann verstehen, dass die Stadtplaner diesen Bau weghaben wollen, wenn das geplante „ Quartier am Wiener Platz“ einmal steht. „Dieser rote Klotz ist schon ein gestalterischer Störfaktor.“ Bei einer Vorbesprechung des Projektes mit den zuständigen städtischen Ämtern kam der Vorschlag, an dieser Stelle einen Glaskubus mit Café und Informationszentrum zu errichten. Aber auch diese Idee könne der Verein unmöglich alleine stemmen, betont Zielfleisch.