Aufreger mit Folgen: Gelb für Tunay Torun statt Elfmeter für den VfB gegen Kopenhagen. Foto: Baumann

Vergangene Saison musste der VfB Stuttgart in der Europa League knapp 200 000 Euro Strafe an die Uefa zahlen – auch für Lappalien. Vor der Auslosung an diesem Freitag prangert der Verein die unnachgiebige Haltung des Verbandes an.

Stuttgart - Wenn es um die eigenen Interessen geht, tut die Europäische Fußball-Union (Uefa) alles, um den schönen Schein zu wahren. Sie verkauft die Champions League und die Europa League als Hochglanzprodukte, sie treibt deren Vermarktung in immer neue Dimensionen, und sie sorgt dank hoch dotierter Fernsehverträge für eine Verbreitung bis in die hinterste Wohnstube in Ostanatolien.

Das bringt ordentlich Geld, wogegen wenig einzuwenden ist. Andererseits kennt die Uefa auch im Umgang mit den Vereinen keine Grenzen, wenn es darum geht, die Hand aufzuhalten. Auch beim VfB drängt sich verstärkt der Eindruck auf, dass er den Verband mitfinanzieren muss – in Form von Geldstrafen. In diesem Bereich entwickeln die Funktionäre eine blühende Fantasie, ihrem Erfindungsreichtum sind kaum Grenzen gesetzt. „Manchmal hat man den Eindruck, dass da eine Portion Willkür im Spiel ist“, sagt Sportdirektor Jochen Schneider.

Beispiel gefällig? Eine Mannschaft, die über 90 Minuten fünf Gelbe Karten kassiert, gilt als unfair – selbst wenn die fünfte Gelbe unberechtigt war. Schalke 04 protestierte und musste dennoch 10 000 Euro zahlen. „Widerspruch wird in den meisten Fällen mit einem Federstrich weggewischt“, sagt Schneider aus eigener leidvoller Erfahrung.

Allein in der vergangenen Saison der Europa League musste der VfB knapp 200 000 Euro an Strafen aufs Konto der Uefa überweisen – zum Beispiel 40 000 Euro für das Spiel in Kopenhagen, als angebliche VfB-Anhänger Raketen und Rauchbomben gezündet und für eine kurze Spielunterbrechung gesorgt hatten. Das ist nachvollziehbar. Anderes entspringt Lappalien.

Verspätung kostet VfB 30.000 Euro

Beim Spiel gegen Bukarest etwa kam die Mannschaft in der Halbzeit 50 Sekunden zu spät auf den Platz – 10  000 Euro. Das sieht der Strafenkatalog der Uefa für das erste Vergehen dieser Art vor. Das zweite kostet 20 000 Euro, das dritte 30  000 Euro.

Beim 5:1 in Bukarest erschraken die VfB-Profis über den aufgeweichten und rutschigen Rasen im Nationalstadion. Zeugwart Michael Meusch wusste Rat: Er fettete die Kickstiefel der Spieler kurzerhand „mit so einem Chemiezeug“ (Martin Harnik) ein. Genauer: mit Petroleum, wie er es im Winter verwendet. So wie dann der Schnee nicht an den Sohlen haften bleibt, so klebte in Bukarest auch der Matsch nicht fest. Das Ende vom Lied: Die Mannschaft war zwar rechtzeitig im Innenraum des Stadions, aber durch das Einfetten am Spielfeldrand verrannen wertvolle Sekunden – das Spiel begann mit leichter Verspätung. Dafür kassierte die Uefa 30  000 Euro Strafe vom VfB, ganz nach dem Motto: Sie kennen ja unsere Kontonummer. Das ließ sich der VfB nicht bieten. Schneider fuhr zur Verhandlung in die Uefa-Zentrale nach Nyon/Schweiz – Einspruch abgeschmettert. Seither klagt er über die Arroganz und Unnahbarkeit mancher Funktionäre und Sportrichter: „An einige von denen kommt man einfach nicht ran.“

Statt Strafstoß für den VfB gab es Gelb für Torun

So wie die Uefa-Delegierte im Spiel des VfB bei Lazio Rom. „Na, war alles korrekt?“, fragte Schneider die Dame nach dem Schlusspfiff. „Alles bestens“, bestätigte sie. „Und was ist mit Lazio, die sind gleich zwei Minuten zu spät aus der Kabine gekommen“, wandte Schneider ein. „Och, da war alles in Ordnung, ich habe nichts zu beanstanden“, lautete die Antwort. Es war Lazios Geisterspiel – womöglich hielt die Uefa die Römer deshalb schon für genug bestraft.

Beim 0:0 gegen Kopenhagen ging Tunay Torun im Duell mit Torwart Johan Wiland zu Boden. Statt Strafstoß für den VfB gab es Gelb für Torun wegen vermeintlicher Schwalbe. Dass der Torrichter die Szene nicht besser gesehen hatte, brachte Sportchef Fredi Bobic in Rage: „Die reisen im Bus an, so viele sind das inzwischen. Aber sie sehen nichts. Da laufen lauter Mickymäuse rum.“ Antwort der Uefa: 10 000 Euro Strafe.

Wie gesagt, am 1. August rollt der Ball wieder. Und der Rubel. Um Irritationen schon im Vorfeld zu vermeiden: Die Kontonummer der Uefa hat sich nicht geändert.