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Verdi-Verhandlungsführer Bernhard Franke fordert, dass bei Schlecker das Sortiment geändert wird.

Stuttgart - Statt den Lohn der Beschäftigten zu drücken, muss bei Schlecker der Umsatz angekurbelt werden, findet Bernhard Franke, Verdi-Verhandlungsführer. Zum Beispiel durch ein neues Sortiment.


Herr Franke, Sie haben immer davon gesprochen, wie sympathisch Insolvenzverwalter Geiwitz sei. Haben Sie sich in ihm getäuscht?
Nein. Er ist ein sympathischer Mensch, daran hat sich nichts geändert. Aber seine Aussage, dass sein Sanierungskonzept an Verdi scheitert, kann ich nicht stehen lassen. Denn sein zentrales Problem ist ein anderes: Trotz massiver Filialschließungen und trotz der Kündigung von mehr als 10 000 Beschäftigten ist es ihm bisher nicht gelungen, Schlecker verlustfrei weiterzuführen. Das Fortführungskonzept der Unternehmensberatung McKinsey funktioniert an mehreren Ecken nicht.

Arndt Geiwitz sagt, es ginge nur in weniger relevanten Punkten nicht auf.
Wenn Herr Geiwitz aktuell viel mehr Verluste schreibt als im Sanierungskonzept vorgesehen, handelt es sich nicht nur um unwesentliche Kennziffern. Das ist doch offenkundig.

Die Verluste waren im April ein Prozentpunkt positiver als errechnet.
Da will ich nicht widersprechen, weil ich die einzelnen Daten nicht kenne. Falls es aktuell tatsächlich positive Zahlen zu vermelden gibt, muss man jedoch berücksichtigen, dass Schlecker im April einen großen Ausverkauf gemacht hat. Alte Warenbestände wurden zu extrem günstigen Preisen verschleudert. Das war ein Sondereffekt. Wenn man diesen Effekt berücksichtigt, kommt man zu einem ungünstigeren Bild, wenn man die Umsatzentwicklung betrachtet.

Geiwitz fordert 15 Prozent Einsparungen bei den Personalkosten. Wie viel ist das?
McKinsey sieht eine Forderung von insgesamt 141 Millionen in den Jahren 2012 bis 2014 vor. Das bezieht sich allerdings auf eine Personalkostenhochrechnung, die deutlich zu optimistisch war. Was nicht geht ist, dass die Arbeitnehmer jetzt die Lücke zwischen McKinsey und der Realität schließen sollen. Wir haben einen möglichen Beitrag der Beschäftigten ermittelt, der sich in den drei Sanierungsjahren auf insgesamt 98,3 Millionen Euro beläuft.

Geht man nach dem Sanierungsplan, ist dann aber immer noch zu wenig Geld eingespart.
Unser Grundsatz ist, dass Schlecker künftig nicht dauerhaft unterhalb der tariflichen Bedingungen geführt werden kann. Es darf keine Dumping-Löhne geben. Das würde der Verbraucher nicht akzeptieren, der Schlecker wegen schlechter Arbeitsbedingungen den Rücken gekehrt hat. Also muss sich ein anderer Faktor verändern, und das ist der Umsatz. Schlecker war schon immer der unproduktivste Drogeriemarkt von allen. Künftig muss an den Sortimenten und den Preisen gearbeitet und ein entsprechendes Marketing betrieben werden.

Was soll sich am Sortiment ändern?
Um eine Nische in der Nahversorgung besetzen zu können, muss man seinen Kunden einen besonderen Mehrwert bieten. Man wird also noch mehr Produkte des täglichen Bedarfs anbieten müssen, die über den Drogeriebereich hinausgehen.

Also wird Schlecker zum Minisupermarkt?
In diese Richtung müsste es gehen. Das ist vergleichbar mit dem Tankstellenprinzip. Ein entsprechendes Sortimentsmodell erarbeitet gerade Ex-Rewe-Chef Stephan Fanderl. Wer bei einer Tankstelle abends auf dem Nachhauseweg noch schnell eine Flasche Wein kaufen möchte, schaut auch nicht auf den letzten Cent. Allein über den Preis konkurrieren zu wollen, wird bei Schlecker nicht gelingen.

Um wie viel Prozent müssen die Preise sinken, damit Schlecker überhaupt wettbewerbsfähig ist?
Schlecker ist in Kernsortimenten bis zu 15 Prozent teurer als die Wettbewerber. Das muss man ändern. Wobei dies Ertrag kostet. Geiwitz setzt darauf, dass er diesen durch Mehrumsatz wieder hereinholt – und sogar steigern kann.

Ab wann sieht das McKinsey- Konzept vor, dass Schlecker wieder Geld verdient.
2012 ist das letzte Jahr mit einem eingeplanten Verlust. 2013 ist ein kleiner Gewinn vorgesehen.

Wie hoch ist der Verlust 2012?
In einem zweistelligen Millionenbereich.

Da ist der Beitrag der Beschäftigten allerdings schon mit einkalkuliert?
Ja.