Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherkrediten sind unzulässig Foto: dpa

Wer von seiner Bank zu Unrecht gezahlte Kreditbearbeitungsgebühren zurückfordern möchte, sollte sich sputen. Der Anspruch verjährt in vielen Fällen Ende des Jahres. Es sei denn, der Bundesgerichtshof lockert Ende Oktober die Verjährungsfrist.

Stuttgart - Kurt H. hat keine Zeit verloren: Als der Bundesgerichtshof (BGH) am 13. Mai 2014 entschied, dass Kreditinstitute keine pauschalen Bearbeitungsgebühren für Verbraucherkredite verlangen dürfen, forderte er in den darauffolgenden drei Tagen die entsprechenden Gebühren zurück. „Von selbst erfolgt wohl kaum eine Rückerstattung einer Bank“, ahnte der 75-Jährige, „man muss die Bearbeitungsgebühren schon einfordern.“

Trotz des höchstrichterlichen Urteils fiel die Reaktion der Banken unterschiedlich aus. Bei der Credit Plus Bank hatte Kurt H. seit August 2011 einen Verbraucherkredit über 12 000 Euro laufen und eine Bearbeitungsgebühr von 360 Euro gezahlt. Bei der Commerz Finanz GmbH hatte er im Oktober 2012 ein Darlehen über 14 000 Euro abgeschlossen und hierfür 420 Euro als Bearbeitungsgebühr bezahlt. Die Commerz Finanz überwies nach knapp drei Wochen die eingeforderte Gebühr, die Credit Plus erst nach knapp drei Monaten.

Dabei war die Urteilsbegründung des BGH eindeutig: Bearbeitungsgebühren für Verbraucherdarlehen sind unzulässig, weil Banken die Kreditanträge aus eigenem Geschäftsinteresse ohnehin bearbeiten. Bearbeitungsentgelte, die über die Zinsen hinausgehen, dürfen nicht erhoben werden.

Doch Kunden benötigen Durchhaltevermögen, wenn sie die ihnen zustehenden Bearbeitungsentgelte zurückfordern. Auch fünf Monate nach der Rechtsprechung des BGH haben Anwälte und Ombudsleute alle Hände voll zu tun. Zwar haben einige Banken inzwischen eingelenkt, andere mauern aber immer noch.

„Kreditbearbeitungsgebühren waren seit Jahren ein Thema, seit den BGH-Urteilen vom Mai sind die Anfragen sprunghaft gestiegen“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Die Erfahrung teilt auch Wolfgang Benedikt-Jansen, Vertrauensschutzanwalt der Schutzgemeinschaft für Bankkunden: „Wir haben seit 2012 insgesamt 2280 Mandate wegen der Kreditbearbeitungsgebühr bearbeitet, allein seit den BGH-Urteilsverkündungen am 13. Mai 2014 sind es 646.“ Doch seit Mai sei „die Durchsetzung der Ansprüche deutlich leichter“, Die Stiftung Warentest listet im Internet zahlreiche Anwälte und Verfahren auf.

Manche Banken haben sich zwischenzeitlich wieder etwas Neues einfallen lassen. So fordert etwa die Targobank von den Kunden einen „einmaligen laufzeitunabhängigen Individualbeitrag“, sagt Verbraucheranwalt Benedikt-Jansen. Für ihn ist das alter Wein in neuen Schläuchen – eine Bearbeitungsgebühr unter anderem Namen. „Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden klagt gegen diese Klausel vor dem Landgericht Düsseldorf“, sagt Benedikt-Jansen.

Einige Banken wiederum stellen sich quer, wenn es sich bei dem Darlehen nicht um einen Ratenkredit sondern um eine Immobilienfinanzierung handelt. Die Verbraucherzentralen halten das nicht für stichhaltig. „Maßgeblich ist, dass es sich um ein Verbraucherdarlehen handelt“, sagt Wolf Brandes, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Hessen. Immobiliendarlehen können ihm zufolge Verbraucherdarlehen sein. Kreditbearbeitungsgebühren dürften deshalb nicht erhoben werden.

Verbraucherzentralen raten Kunden, deren Banken auf stur schalten, sich an den zuständigen Ombudsmann zu wenden. Auch dann, wenn Kreditinstitute Rückforderungen ablehnen mit dem Hinweis, der Anspruch sei verjährt. Zwar gelte hier die dreijährige Verjährungsfrist. In vielen Fällen sei aber noch nicht höchstrichterlich geklärt, wann diese Frist beginne. Bisher gibt es dazu unterschiedliche Urteile von Amts- und Landgerichten. Der BGH wird über diese Sache jetzt am 28. Oktober verhandeln.

Bei Verbraucherkrediten, die seit Januar 2011 abgeschlossen wurden, ist die Sache eindeutig. Hier hat sich die Lage aus Sicht des Bankenverbands entspannt. „Nach den Urteilen des Bundesgerichtshofs im Mai erstatten die Banken bei Beschwerden die Bearbeitungsentgelte meist sofort im Sinne der Kunden“, sagt Kerstin Altendorf, Sprecherin des Bankenverbands. „Ungeklärt müssen derzeit die Beschwerden bleiben, bei denen die Verjährung eine Rolle spielt.“ Auch beim Sparkassen- und Giroverband beziehen sich die Kundenbeschwerden fast alle auf den Aspekt der Verjährung, sagt ein Sprecher. Auch hier sehen die Ombudsmänner von einer Schlichtung ab und warten, bis die Frage höchstrichterlich entschieden wird.

Bei den privaten Banken ist eine Entscheidung der Ombudsleute bisher bindend, wenn der Streitfall unter 5000 Euro liegt. Das sei bei den Kreditbearbeitungsgebühren immer der Fall, sagt die Sprecherin. Gefällt den Kunden das Urteil der Schlichtungsstelle nicht, steht ihnen der Rechtsweg weiterhin offen.

Mag es bei den Kreditbearbeitungsgebühren im Einzelfall um vergleichsweise geringe Beträge gehen – in der Summe geht es um viel Geld. Die Stiftung Warentest schätzt, dass Banken und Sparkassen zwischen 2005 und 2013 knapp 13 Milliarden Euro an Bearbeitungsgebühren einbehalten haben.