Der Glasmonolith von Carlo Moretti Foto: Leif Piechowski

Man muss nicht unbedingt nach Venedig fahren, um sich über venezianische Glaskunst aus Murano zu informieren. Bis zum 11. Oktober präsentiert das Stuttgarter Geschäft Marcolis am Schillerplatz Objekte der renommierten Glasbläserei Carlo Moretti.

Man muss nicht unbedingt nach Venedig fahren, um sich über venezianische Glaskunst aus Murano zu informieren. Bis zum 11. Oktober präsentiert das Stuttgarter Geschäft Marcolis am Schillerplatz Objekte der renommierten Glasbläserei Carlo Moretti.

Stuttgart - Leicht und filigran wirken die Objekte der Glaskünstler von der venezianischen Insel Murano. Doch der Schein trügt. Wer eine der 45 Zentimeter hohen Glas-Stelen der jüngst verstorbenen Brüder Carlo und Giovanni Moretti in die Hand nimmt, muss 30 Kilogramm Gewicht stemmen. „Diese Monolithe bestehen aus 60 einzelnen Glassteinen“, sagte Manuel Gomero, Leiter der Glasbläserei, jüngst bei der Ausstellungseröffnung.

Die Idee zu den Monolithen, sagt Manuel Gomero, entstand 1991 für eine Ausstellung im Dogenpalast, auf der sich die renommierten venezianischen Glasmanufakturen präsentiert hatten. „Carlo und Giovanni haben die Glasbläser aus der Manufaktur verbannt und die Monolithe vom Rohstein bis zur Vollendung jeweils in dreitägiger Arbeit erschaffen. Leider haben sie das Geheimnis der Herstellung mit ins Grab genommen.“

Seit 1958 existiert die Marke Carlo Moretti auf Murano. Die Eltern des 1938 geborenen und 2008 verstorbenen Firmengründers Carlo Moretti hatten eine Firma für modernes Gebrauchsglas. Die Söhne Carlo und der im April verstorbene Giovanni wollten Kunst schaffen und machten ihren eigenen Betrieb zu einer der jüngsten der bedeutendsten Manufakturen der Lagunenstadt.

Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten verzichtet Moretti komplett auf Rückgriffe in die Formensprache vergangener Jahrhunderte in der seit dem 10. Jahrhundert belegten Glaskunst Venedigs. „Unsere Interpretation von Glas ist sehr zeitgenössisch. Wir haben erst Kristallglas hergestellt, Anfang der 1970er Jahre kam dann die Farbe“, sagt Manuel Gomero.

Ein Paradebeispiel für das Zusammenspiel von Kristallglas mit farbigen Elementen sind die Calici da Collezione, eine seit 1990 hergestellte und mittlerweile 180 Sammlergläser umfassende Kollektion von Trinkkelchen. An einem Glas arbeiten zehn bis zwölf Glasbläser gleichzeitig. Der Glasfluss muss immer die gleiche Temperatur zwischen 700 und 800 Grad haben, sonst zerspringt das Material. Deshalb muss das Glas immer wieder in den Ofen. Manuel Gomero: „Die Glasbläser kooperieren dabei so harmonisch wie Musiker in einem Orchester.“Manuel Gomero ist der zweite bedeutende Repräsentant venezianischer Glasmanufakturen, der im auf venezianisches Glas spezialisierten Geschäft Marcolis zu Gast war. Im Mai 2012 präsentierte dort auf Einladung der Inhaber Elisabeth Roth und Marco Jennewein der Glasbläser Gianpaolo Seguso, Spross einer Glasbläserdynastie, die seit 1397 erwähnt ist, die Glaskunst seiner Traditionsmanufaktur.