Im Herbst soll das System bei den Unternehmen im Synergiepark eingeführt werden, um noch vom Weihnachtsgeschäft zu profitieren. Foto: Rüdiger Ott

Der Vaihinger Bund der Selbständigen will die Beschäftigten des Gewerbegebiets mit einem neuen System zum Einkaufen locken. Profitieren sollen die örtlichen Einzelhändler.

Vaihingen - Die kleine Plastikkarte könnte die Chance für den Vaihinger Einzelhandel sein. Davon ist Matthias Filbinger, der Vorsitzende des Bundes der Selbstständigen (BDS), überzeugt. „Wir können damit die Mitarbeiter des Gewerbegebietes in den Ortskern holen“, sagt er. Wohl so um die 22 000 Menschen arbeiten im sogenannten Synergiepark jenseits der Gleistrasse, die Vaihingen auf Höhe des Bahnhofs „wie eine Demarkationslinie durchschneidet“.

Von diesen Beschäftigten verirren sich aber nur die wenigsten zu den Vaihinger Geschäften, um dort einzukaufen. Dabei, so rechnet Filbinger vor, könnten bis zu sieben Millionen Euro an zusätzlichem Umsatz in den Ortskern fließen, wenn nur die Hälfte von ihnen die neue Top Job Karte in ihrem Geldbeutel hätten.

In Vaihingen an der Enz gibt es eine solche Karte bereits seit wenigen Monaten. Und so hatte der BDS die treibende Kraft hinter dem dortigen Projekt am vergangenen Donnerstag ins hiesige Vaihingen geladen, zu den sogenannten Wirtschaftsgesprächen, um die Idee vorzustellen.

Chefs können 44 Euro im Monat steuerfrei verschenken

„Es gibt eine Möglichkeit für Unternehmer, ihren Mitarbeitern etwas Gutes zu tun“, sagt Frank Zurmühlen, der Inhaber der Trend Firmengruppe. Er meint damit die 44 Euro, die jeder Chef steuer- und sozialversicherungsfrei seinem Angestellten pro Monat als Bonus geben kann, als Anerkennung sozusagen. Zu Geburtstagen oder Hochzeiten können es ausnahmsweise auch 60 Euro sein. Viele Firmen machen davon Gebrauch und teilen etwa Tankgutscheine unter ihrer Belegschaft aus.

Warum aber nicht Gutscheine ausstellen, die nur im örtlichen Handel eingelöst werden können? Und warum diese Gutscheine statt auf Papier nicht auf eine Plastikkarte bannen, um das ganze benutzerfreundlicher zu machen? „Das ist eine Art EC-Karte“, sagt Zurmühlen. Die Unternehmen würden auf diese das Geld laden und die Angestellten könnten damit in Geschäften bezahlen. Seit Oktober laufe ein entsprechendes Projekt in Vaihingen an der Enz, um die darbende Innenstadt wiederzubeleben. Beharrliche Nachfragen der anwesenden Unternehmer, ob es erfolgreich sei, antwortete er ebenso beharrlich nicht. Es sei noch zu früh dafür.

Dabei steht außer Zweifel, dass die vielen Angestellten im Vaihinger Synergiepark ganz gerne in der Nähe einkaufen würden. So sieht das zumindest Gunnar Krehle. Er ist der Leiter der Geschäftsstelle der Wirtschafts- und Industrievereinigung. Die vertritt formal die Interessen der Unternehmen aller Stuttgarter Gewerbegebiete. Doch hat sie den größten Rückhalt im Vaihinger Synergiepark, wo sie 1973 auch gegründet wurde.

Ortskern ist in der Hauptverkehrszeit schwer zu erreichen

„Das ist eine Chance für den lokalen Einzelhandel“, sagt Krehle. Das Gewerbegebiet „ist fast schon eine kleine Stadt, und es wäre doch ideal, wenn die Menschen dort auch die Dinge des täglichen Bedarfs bekommen könnten“. Doch sieht er ein Hindernis: die schlechte Anbindung des Gewerbegebiets an den Ortskern. „Die Zeit ist in der Mittagspause zu kurz, um in die Innenstadt zu fahren“, sagt Krehle. „Und so lange der Ortskern zur Hauptverkehrszeit so dicht ist, werden wir kaum Beschäftigte dorthin bringen können.“

Keinen Hehl macht er deshalb daraus, dass er die Geschäfte lieber in den Synergiepark holen würde. Entweder durch einen Lieferservice oder die Ansiedlung von Einzelhändlern in dem Gewerbegebiet. Das sollte einhergehen mit einer Aufwertung des öffentlichen Raums und Schaffung geeigneter Plätze. Die Kundschaft ist da. Mehr als 700 Unternehmen beschäftigen mehr als 22 000 Menschen. Und durch den Umbau des KNO-Areals dürften noch einmal mindestens 5000 Arbeitsplätze geschaffen werden, meint Krehle.

Der Verbund Vaihinger Fachgeschäfte (VVF) sieht den Vorstoß der BDS-Kollegen kritisch. „Wir messen dem im Moment aufgrund vieler offener Fragen kein Potenzial zu“, sagt Ingo Vögele aus dem Vorstand des VVF. Erfahrungen mit ähnlichen Systemen seien ernüchternd gewesen.

Verbund Vaihinger Fachgeschäfte beteiligt sich nicht

„Vor fünf Jahren haben wir sehr viel Energie in eine Bonuskarte investiert“, sagt er. Kunden sollten für ihre Treue mit Rabatten belohnt werden. Letztlich wollten sich aber kaum Händler daran beteiligen. Derzeit versucht man mit einer Study Deal Karte, die Studenten vom Unicampus in den Ortskern zu locken – mit mäßigem Erfolg. Und die Top Job Karte wäre nun eine weitere Karte im Geldbeutel.

Sollte sich das Modell als gut erweisen, sei man jederzeit bereit, einzusteigen. „Wir wünschen uns, dass das zum Fliegen kommt“, sagt Vögele. Bis dahin bleibe es aber dabei, dass sich der VVF aus dem Projekt ausklinkt.

Matthias Filbinger ficht das nicht an. „Das Centermanagement der Schwabengalerie hat schon die Zusage gemacht, dass sich die Mieter in dem Einkaufszentrum beteiligen würden“, sagt er. Das wären dann bis zu 50 Einzelhändler, die die Karte akzeptieren würden. Nun gelte es, Unternehmen im Synergiepark für die Sache zu gewinnen. „Noch im Herbst wollen wir die ersten Vereinbarungen mit ihnen treffen“, sagt er. Dann könnte man noch vom diesjährigen Weihnachtsgeschäft profitieren. „Und ich wünsche mir für Vaihingen, dass sich das in einem Jahr etabliert hat.“