Die UT-Motorräder wurden mit dem Pferdewagen ausgeliefert. Foto: privat

Bis 1962 bauten die rund 35 Mitarbeiter der Firma Schwenk & Schnürle KG in dem Fabrikgebäude an der Balinger Straße in Möhringen die bis heute bekannten UT-Motorräder.

Möhringen - Helmut Schnürle ist nie Motorrad gefahren und dennoch hängt sein Herz an den alten UT-Maschinen und vor allem an dem einstigen Fabrikgebäude an der Ecke Balinger Straße/Leinenweberstraße. Anfang der 50er-Jahre zogen sein Vater Johann Schnürle und dessen Kompagnon Hugo Schwenk mit ihrer UT-Motorradfabrik in das imposante Backsteingebäude. Dort bauten knapp 35 Mitarbeiter täglich zwischen zwölf und 15 Motorräder und Mopeds zusammen. Aber 1962 lief das letzte Motorrad vom Band. Dank des Wirtschaftswunders hatten die Menschen wieder mehr Geld. Sie kauften sich lieber einen Kleinwagen als ein Zweirad. Bis 1968 gab es noch Ersatzteile zu kaufen. Dann war endgültig Schluss.

Doch der Mythos lebt bis heute. Am Wochenende kommen die Liebhaber der schnellen Maschinen von den Fildern beim vierten internationalen UT-Motorradtreffen in Möhringen zusammen. Günter Wolf aus Holzgerlingen rief die regelmäßigen Veranstaltungen ins Leben. Es sei ein Treffen Gleichgesinnter, sagt Schnürle. „Da wird dann geschwätzt und gefachsimpelt.“ Seine Frau Andrea ergänzt: „Und natürlich freuen sich die Eigentümer der alten UT-Motorräder, wenn sie ihre schick gemachten Maschinen präsentieren können.“ Das seien alles Enthusiasten. „Denen geht es nicht um Kommerz. Das ist reiner Idealismus“, sagt Andrea Schnürle und freut sich über so viel Begeisterung.

Rund 30 Fans haben ihr Kommen angekündigt

Rund 30 Fans aus Deutschland und Österreich reisen am Wochenende mit ihren Familien nach Möhringen. Wieso gibt es immer noch – mehr als 50 Jahre nachdem die letzte UT gebaut wurde – so viele Liebhaber? Darauf antwortet Schnürle: „Die Maschinen waren technisch sehr gut, obwohl das Unternehmen recht klein war.“ Da sei er schon ein wenig stolz auf seinen Papa. UT-Motorräder seien auch bei Rennen und Zuverlässigkeitsfahrten gestartet. „Und selbst für BMW-, Triumph- und Kreidler-Fahrer waren wir stets eine ernst zu nehmende Konkurrenz“, sagt Schnürle. Insbesondere bei den legendären Rennen auf der Solitude belegten die UT-Fahrer häufig vordere Plätze.

Die Geschichte der UT begann in den 1920er-Jahren in Untertürkheim. Das erklärt auch die beiden Großbuchstaben im Firmennamen. Der Tüftler und Rennfahrer Hermann Scheihing baute die ersten Motorräder. Aufgrund der Inflation musste dieser aber kurze Zeit später an die Vaihinger Maschinenfabrik Bergmüller & Co. verkaufen. Diese stieß den Zweig 1931 aber wieder ab. Zwei Mitarbeiter, Johann Schnürle und Hugo Schwenk, übernahmen die Produktion. 1935 zogen sie mit ihrer Firma in eine leer stehende Weberei an der Balinger Straße 15. In den besten Zeiten schraubten die rund 35 Angestellten dort 3500 Motorräder im Jahr zusammen.

Technische Besonderheiten der UT-Familie

1949 stellte das Unternehmen die UT K 125 vor. Das Besondere war eine neue Teleskopgabel, für welche die Erfinder sogar ein Patent hatten. Die 1951 gebaute UT TS 250 war das erste deutsche Motorrad mit einer Hinterradschwinge und ölgedämpften Federbeinen. Bei dem vierten internationalen Motorradtreffen sind Modelle aus der gesamten Produktionszeit zu sehen, unter anderem vor dem ehemaligen Fabrikgebäude an der Balinger Straße, das noch immer in Familienbesitz ist.

Das Programm
beginnt am Samstag, 5. September, mit dem Eintreffen der Teilnehmer. Am Sonntag, 6. September, begrüßen die Veranstalter um 10 Uhr die Motorradliebhaber auf dem Hof der ehemaligen UT-Fabrik an der Balinger Straße 15. Von 10 bis 12 Uhr werden dort die fahrbereiten Maschinen präsentiert. Allerdings nur bei schönem Wetter. Von 12 Uhr bis 15 Uhr sind die Oldtimer-Motorräder vor dem Gottlob-Auwärter-Museum im Neotel an der Vaihinger Straße 151 zu sehen. Um 14 Uhr beginnt die Ausfahrt nach Hohenheim.

Das vierte internationale Motorradtreffen
wird von Günter Wolf und der „Möhringer UT-Familie“ organisiert. Dazu zählen neben Helmut Schnürle auch Albrecht Stäbler, Wilfried Geissler und Konrad Auwärter.