China demonstriert Stärke. Foto: AP POOL

Peking will Stabilität in der Region – und wehrt sich gegen amerikanische Einflussnahme. Experten warnen vor einem Konflikt der Großmächte.

Peking - China macht diesmal grundsätzlich mit: Entsprechend der UN-Resolution Nummer 2371 wird auch Nordkoreas letzter verbliebener Wirtschaftspartner seinen Handel mit der neuen Atommacht einschränken. Doch Peking tut das nur unwillig. „Wir sind bereit, den Preis zu bezahlen“, sagte Chinas Außenminister Wang Yi. „Aber wir wollen betonen, dass für China die höchsten Kosten entstehen.“ Wang forderte Nordkorea jedoch klar auf, der Resolution Folge zu leisten und die Raketentests einzustellen. Kein Wunder, schließlich befindet sich nach Peking längst auch Shanghai in Reichweite der Atombomben des machtgierigen jungen Diktators.

Peking will vor allem Stabilität in der Region. Es läuft derzeit gut für China. Der Aufstieg zur größten Wirtschaftsmacht geht zügig voran, und außenpolitisch hat das Land so viel Gewicht wie nie zuvor. Krieg und Chaos vor der eigenen Haustür wären da schädlich. Gerade deshalb dreht China dem Regime von Kim Jong-un nicht komplett den Saft ab. Denn ein Zusammenbruch Nordkoreas käme extrem ungelegen. Mögliche Folgen wären eine Panikreaktion Kims inklusive Atomangriff auf Nachbarn, eine riesige Flüchtlingswelle und eine regionale oder weltweite Wirtschaftskrise.  

Nordkorea liefert kaum noch Kohle nach China

Der Handel geht also vorerst weiter: Im ersten Halbjahr 2017 haben die beiden Länder Waren im Wert von 2,6 Milliarden Dollar ausgetauscht, wie die chinesische Statistik zeigt. Wegen der Sanktionen dürfte der Wert im zweiten Halbjahr deutlich sinken – aber nicht auf null. „Die Sanktionen werden vor allem Nordkoreas Exporte nach China erheblich einschränken“, sagt Rajiv Biswas, Chefökonom Asien-Pazifik bei der Beratungsfirma IHS Markit.   Schon jetzt liefere das Land kaum noch Kohle nach China. Zusammen mit einer Dürre im Frühjahr sei für das Gesamtjahr eine Rezession in Nordkorea wahrscheinlich. Es drohten weiterhin „Armut und Elend“, da bereits 40 Prozent der Bevölkerung unterernährt seien und 70 Prozent nur dank Lebensmittelhilfe aus dem Ausland überleben.   Anders als in anderen Ländern sei kein Aufstand der Bevölkerung zu erwarten, sagt Narushige Michishita, Regionalexperte am National Graduate Institute for Policy Studies (Grips) in Tokio. Den Menschen fehle der Vergleich mit anderen Wirtschaftssystemen. Es gibt fürs Volk weder Internet noch ausländisches Fernsehen, dafür aber reichlich Propaganda. Und die sagt, dass die Nordkoreaner im Paradies lebten, während die Arbeiter in Japan und den USA dahinvegetierten.  

Kim fühlt sich sicher

  Mit der Atomwaffe in den Händen fühlt sich Kim nun sicher. Er wird versuchen, die Sanktionen nicht nur auszusitzen, sondern am Ende mehr zu bekommen als je zuvor – und zwar als Belohnung für vorsichtige Abrüstung. Die größte Gefahr gehe daher von einem möglichen Konflikt zwischen den USA und China aus, warnen Experten. „Der Wegfall des geostrategischen Puffers, den Nordkorea bietet, ist eine Schreckensvorstellung für die chinesische Führung“, schreibt Minxin Pei, Politikprofessor und Fellow des German Marshall Fund of the United States. China werde einen US-Eingriff im eigenen Einflussgebiet nicht tolerieren. Das ist einer der Gründe, warum die Volksbefreiungsarmee so viele Kriegsschiffe im Nordosten zusammenzieht. Es geht darum, Nordkorea einzugrenzen – und die Amerikaner abzuschrecken.

Berlin beobachtet die jüngste Entwicklung mit Sorge: „Die Lage ist wirklich ernst. Ein weiteres Säbelrasseln wird uns hier sicher nicht weiterhelfen“, sagte der Sprecher von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). Ein militärischer Weg könne keine Lösung bringen. „Wir rufen deshalb alle Beteiligten zur Mäßigung auf.“ Gemeinsam müssten die diplomatischen Bemühungen fortgesetzt werden. „Nur so kann die Bedrohung durch das völkerrechtswidrige nordkoreanische Atomprogramm eingedämmt werden.“