Der Klimawandel macht extreme Wetterereignisse wahrscheinlicher. Doch die neue US-Regierung könnte die Forschung auf diesem Gebiet zurückfahren. Unser Satellitenbild zeigt den Hurrikan Rita, der 2005 zwischen Florida und Kuba durch die Karibik zog. Foto: AP, dpa, Nasa

Forscher blicken voller Sorge auf den Wechsel im Weißen Haus. Denn im Team des neuen Präsidenten Donald Trump gibt es Vertreter, die mit einer faktenbasierten Wissenschaft auf Kriegsfuß stehen.

Stuttgart - Für Klimaforscher in den USA ist der Wahlsieg des Republikaners Donald Trump ein Déjà-vu-Erlebnis. Sie wissen noch aus der Amtszeit von Trumps Parteifreund George W. Bush, was es bedeutet, wenn ein Klimaskeptiker auf dem Präsidentenstuhl sitzt. So klagten Wissenschaftler der staatlichen Klima- und Umweltforschungsbehörde NOAA in Bushs Amtszeit über einen Maulkorb aus Washington. Die Regierung setze Forscher unter Druck – mit dem Ziel, die Veröffentlichung von Daten, die Bushs wenig klimafreundliche Politik infrage stellen könnten, zu verhindern, schrieb seinerzeit das US-Wissenschaftsmagazin „Science“. Demnach mussten selbst Vorträge auf Fachkongressen mit Washington abgestimmt werden. Auch Klimaforscher der Raumfahrtbehörde Nasa klagten über Zensur.

Die Regierung orientiere ihre Umwelt- und Klimapolitik nicht an wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen, sondern vor allem an Daten, die ihre Politik unterstützten, kommentierte „Science“. Glaubt man den Ankündigungen von Trump und manchen Leuten aus seinem Team, könnte es in den kommenden vier Jahren ähnlich laufen. Angeblich macht so mancher US-Wissenschaftler nun Sicherungskopien seiner Forschungsdaten – aus Sorge, dass die Informationen bald nicht mehr auf öffentlichen Servern zu finden sein könnten. Schließlich hält Trump den menschengemachten Klimawandel für eine Erfindung der Chinesen.

Auch einige der Kandidaten, die der neue Präsident auf wichtige Posten im Bereich Wissenschaft und Umwelt setzen will, haben sich bisher nicht gerade als Anhänger einer faktenbasierten Forschung hervorgetan. Das Magazin „New Yorker“ sieht den neuen Präsidenten gar in einem Krieg gegen die Wissenschaft – und überschrieb einen Artikel mit der Zeile „Donald Trump’s War on Science“. Und dieser Krieg könnte längst nicht nur die Klimaforschung betreffen.

Eine Kreationistin als Bildungsministerin?

So gilt die als Bildungsministerin nominierte Betsy DeVos als Sympathisantin der Intelligent-Design-Bewegung. Vertreter dieser Richtung lehnen Darwins Evolutionstheorie ab, nach der alle Arten auf der Erde in vielen Millionen Jahren durch zufällige Mutationen und das Überleben der am besten angepassten Lebensformen entstanden sind. Stattdessen glauben die Kreationisten, das ein Schöpfergott alle Arten in einem einzigen Akt so erschaffen hat, wie wir sie kennen. Extreme Vertreter dieser Richtung haben die realitätsferne Vorstellung, die Erde sei gerade mal 6000 Jahre alt.

Selbst hat sich die Multimilliardärin DeVos bisher nicht als Kreationistin geoutet. Ihre Familie unterstütze allerdings seit jeher fundamentalchristliche Gruppierungen, in denen solche Vorstellungen populär seien, schreibt der „New Yorker“. Als weiteren Beleg für DeVos’ „Opposition gegen die Wissenschaft“ verweist das Magazin auf ihr Engagement in der Wahlkampagne ihres Ehemanns Dick, der 2006 erfolglos für den Posten des Gouverneurs von Michigan kandidierte. Dick DeVos hatte dafür geworben, die Theorie des Intelligent Design als „sehr lebendige alternative Theorie“ im naturwissenschaftlichen Unterricht zu berücksichtigen. Betsy DeVos selbst hat sich bisher nicht öffentlich zu dem Thema geäußert.

Auch an der Spitze der bislang von vielen Industrievertretern gefürchteten Umweltschutzbehörde EPA soll künftig ein Nichtwissenschaftler stehen: der Jurist Scott Pruitt. So wie es aussieht, macht Trump hier den Bock zum Gärtner. Denn Pruitt ist nicht nur ein Klimaskeptiker mit engen Verbindungen zur Öl- und Gasbranche. Er wollte in seiner Zeit als Generalstaatsanwalt von Oklahoma die EPA gleich ganz abschaffen und zog gegen Verordnungen zur Begrenzung der Klimagas-Emissionen von Kohlekraftwerken vor Gericht. Beobachter befürchten nun massive Budgetkürzungen bei der EPA – also bei jener Behörde, die den VW-Abgasskandal mit aufgeklärt hat.

„Irritierende Geringschätzung für die Wissenschaft“

Besorgte Gesichter verursachen auch Äußerungen von Mick Mulvaney. Der Vertreter South Carolinas im Repräsentantenhaus soll Budget-Verantwortlicher im Weißen Haus werden. Über Twitter hatte er im Zusammenhang mit dem Zika-Virus die Frage aufgeworfen, ob von der Regierung bezuschusste Forschung überhaupt nötig sei. Ob sich seine Äußerungen nur auf Zika oder jede Art von Forschung bezogen, ließ er offen. Viele glauben, Letzteres sei der Fall. Mulvaney habe – wie viele andere von Trump für wichtige Positionen vorgesehene Vertreter – eine „irritierende Geringschätzung für die Wissenschaft“, urteilte etwa das Internetnachrichtenportal „Vox“.

Auch die Forschung an Embryonen und embryonalem Gewebe könnte unter einem republikanisch dominierten Kongress schwieriger werden. Viele evangelikale Christen in beiden Kammern sehen sie kritisch und wollen sie einschränken. Ähnlich dürfte es in der Stammzellforschung aussehen, für die teilweise das Gewebe von Föten verwendet wird. Zumindest für einen Teil der medizinischen Forschung sind das keine guten Aussichten. In dieses Bild fügen sich Meldungen, nach denen Trump den erklärten Impfgegner Robert F. Kennedy jr. zum Chef einer Kommission für Impfsicherheit machen könnte. Eine Bestätigung aus Trumps Stab gibt es dafür noch nicht, doch Kennedy hat von einem Treffen mit Trump berichtet, bei dem es um das Impfthema gegangen sei. Er gilt als Anhänger der unbewiesenen Theorie, dass bestimmte Impfungen Autismus fördern.

Weniger Geld für Erneuerbare Energien

Kürzungen und Umschichtungen bei der Forschungsförderung sind nicht nur im Bereich der Lebenswissenschaften zu erwarten, sondern auch bei Energie und Umwelt. So soll die Klima- und Umweltbehörde NOAA vermutlich jene Aufgaben mitübernehmen, die die Nasa in den letzten acht Jahren in der Klimaforschung innehatte. Dass das entsprechende Nasa-Budget – für 2017 rund 1,9 Milliarden Dollar – komplett der NOAA zugeschlagen wird, gilt aber als unwahrscheinlich. Auch das Energieministerium, das bisher Milliarden in die Erforschung regenerativer Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz steckte, dürfte unter Minister Rick Perry andere Prioritäten setzen. Der Ex-Gouverneur von Texas zweifelt wie Trump am menschengemachten Klimawandel.

Eine wissenschaftsfeindliche Stimmung könnten auch manche Medien schaffen – etwa das rechtsgerichtete Portal „Breitbart News“ von Trumps Strategieberater Stephen Bannon. Die News-Seite, die als Pionier des postfaktischen Journalismus gilt, hatte angesichts sinkender globaler Temperaturen im November über das „eisige Schweigen der Klima-Alarmisten“ gelästert. Tatsächlich machen die Forscher vor allem das Wetterphänomen La Niña für die vorübergehende Abkühlung nach einer Serie immer neuer Wärmerekorde verantwortlich.

Trump und die Raumfahrt

Projekte: Manche Beobachter glauben, dass die bemannte Raumfahrt sich unter Trump stärker in Richtung Mond orientieren könnte. Andererseits wäre aber auch eine Marsmission denkbar, wie sie Obama zuletzt angekündigt hatte. Ein derart spektakuläres Projekt wäre eine schöne Begleitmusik zu Trumps Versprechen, Amerika wieder groß zu machen. Zudem könnte die heimische Industrie davon profitieren.

Asteroiden: Unklar ist, ob und wie die ab 2020 geplante Asteroiden-Mission ARM weitergeführt wird. Dabei soll auf einem erdnahen Asteroiden ein tonnenschwerer Felsbrocken eingesammelt und in eine Mondumlaufbahn gebracht werden, wo er von Astronauten untersucht werden soll.

Partner: Die kommerzielle Raumfahrt dürfe unter Trump weiter an Bedeutung gewinnen. Private Investoren könnten stärker an Projekten beteiligt werden. Die Raumfahrtbehörde Nasa hatte bereits vor der Wahl angekündigt, die internationale Raumstation ISS privatisieren zu wollen. Die dadurch eingesparten Mittel könnten beispielsweise in eine Marsmission fließen.