Am Dienstagabend hat US-Präsident Donald Trump den FBI-Chef James Comey mit sofortiger Wirkung entlassen. Foto: AP

Wer nicht spurt, der fliegt. Die Entlassung des FBI-Chefs befeuert die Zweifel an Donals Trumps Treue zur Verfassung, kommentiert Rainer Pörtner.

Stuttgart - Donald Trump hat kein grundsätzliches Problem damit, Leute zu entlassen. Im Gegenteil. Jahrelang schien es ihm sogar besondere Freude zu bereiten, wenn er in seiner TV-Castingshow „The Apprentice“ jene Bewerber, die ihm nicht gefielen, vor einem Millionenpublikum mit den Worten verabschiedete: „You’re fired!“ – „Du bist gefeuert!“

Jetzt hat der US-Präsident Trump dem Chef des FBI gekündigt. Aber er sagte dem fristlos entlassenen James Comey die schlechte Botschaft nicht ins Gesicht, er rief ihn nicht einmal an. Comey erfuhr in Los Angeles von seinem Rauswurf durch einen Blick ins Fernsehen, während zeitgleich das Kündigungsschreiben beim FBI in Washington abgegeben wurde. Trumps miserable Umgangsformen passen zu seiner politischen Stil- und Skrupellosigkeit.

Widersprüchlich bis unglaubwürdig

Natürlich steht jedem US-Präsidenten das Recht zu, den Chef der zentralen Sicherheitsbehörde des Landes auszutauschen. Er muss dafür nicht einmal Gründe angeben. Aber die Argumente, die Trump im Fall Comey vorträgt, sind widersprüchlich bis unglaubwürdig. Vorgeblich muss der FBI-Chef wegen seines Verhaltens in der E-Mail-Affäre von Hillary Clinton gehen. Dies liegt zum einen mehr als ein halbes Jahr zurück – warum hat Trump diesen Mann dann nicht gleich nach dem Einzug ins Weiße Haus gefeuert? Zum anderen hat Trump das hochumstrittene Vorgehen Comeys, das möglicherweise eine entscheidende Rolle für Clintons Wahlniederlage spielte, einst als „mutig“ gelobt – warum nun also der Meinungswechsel?

Trump ist als Präsident im selben Freund-Feind-Denken gefangen, das ihn schon als Unternehmer und TV-Showmaster auszeichnete: Wer nicht für ihn ist, ist gegen ihn – und hat in „seinem“ Team nichts zu suchen. Comey war ein sperriger FBI-Chef. Hatte er Trump in der Clinton-Affäre noch genutzt, wurde er später immer mehr zu einem Risiko für den Präsidenten. Er widersprach ausdrücklich Trumps Behauptung, Barack Obama habe ihn abgehört. Und er trieb hartnäckig die Untersuchung voran, inwieweit Russland den US-Wahlkampf beeinflusst hat und ob unter Trumps Wahlhelfern Kollaborateure sind. Diese Unabhängigkeit ist genau das, was einen FBI-Chef auszeichnen sollte – und genau das, was Trump nicht will.

Wenig Respekt für die Gewaltenteilung

Zum ersten Mal entlässt ein US-Staatsoberhaupt einen Ermittler, der gerade die mögliche Verstrickung des Weißen Hauses in staatsgefährdende Aktivitäten einer ausländischen Macht untersucht. Damit macht Trump sich der aktiven Vertuschung verdächtig. Dieser Präsident hat schon vorher wenig Respekt für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gezeigt – ganz besonders wenig für die Teilung der Gewalten, mit der das Verwandeln einer Demokratie in eine Autokratie verhindert werden soll.

Mit dem Rauswurf von Comey wird das Vertrauen in Donald Trumps Verfassungstreue weiter untergraben. Erinnerungen an die düstere Ära des Präsidenten Richard Nixon steigen auf. Die USA fragen sich zu Recht, ob sie in einer ausgewachsenen Verfassungskrise stecken.