US-Präsident Trump will die deutschen Autobauer in Amerika stoppen. Foto: AFP

US-Präsident Trump droht damit, den Verkaufserfolg der deutschen Autobauer in Amerika zu stoppen. Es gibt indes eine große Kluft zwischen der rabiaten Rhetorik und der politischen Realität.

Stuttgart - Der Mann im blauen Nadelstreifenanzug mit weißem Einstecktuch war kaum zu bremsen. „Wir freuen uns über die gute Partnerschaft. Sie ist ein wesentlicher Teil unserer wirtschaftlichen Stärke“, schwärmte Henry McMaster, der republikanische Gouverneur von South Carolina. Gerade hatte eine deutsche Delegation unter Leitung von Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries das weltgrößte BMW-Werk in Spartanburg besichtigt, wo jeden Tag 1500 nagelneue Geländewagen vom Band laufen. McMaster gab sich überzeugt: „Präsident Trump würde unsere Beziehungen mit A plus bewerten.“

Da hatte sich der Gouverneur getäuscht. Während er seine Eloge absetzte, meldete sich Trump von der anderen Seite des Atlantiks mit einer etwas anderen Botschaft zu Wort. „The Germans are bad“, soll er bei einem Treffen mit den EU-Spitzen gepoltert haben. Zwar relativierte das Weiße Haus später, nicht die Deutschen im Allgemeinen, sondern ihre Wirtschaftspolitik sei gemeint  gewesen, und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erläuterte, er habe das „bad“ nicht wie „böse“, sondern eher wie „schlecht“ verstanden. Doch die Stoßrichtung war eindeutig: „Schauen Sie sich die Millionen Autos an, die sie in den USA verkaufen“, sagte Trump: „Fürchterlich. Wir werden das stoppen.“ Die Aktienkurse von BMW, Daimler und VW gingen daraufhin am Freitag auf Talfahrt.

Das Ungleichgewicht im Handel ist Trump ein Dorn im Auge

Das Ungleichgewicht im Handel ist Trump seit langem ein Dorn im Auge. Im vergangenen Jahr hatten deutsche Unternehmen Waren im Wert von 107 Milliarden Euro nach Amerika ausgeführt. Umgekehrt waren es nur 58 Milliarden Euro. Der aktuelle Ausbruch von Trump könnte aber eher seiner Unfähigkeit, trotz lautstarker Drohungen etwas dagegen zu tun, geschuldet sein. Die ursprünglich geplante Einfuhrsteuer von 35 Prozent stößt nämlich auf den erbitterten Widerstand der amerikanischen Handelsketten, die eine drastische Verteuerung ihrer Waren fürchten. Ihre Umsetzung gilt daher inzwischen im Kongress als eher unwahrscheinlich.  Nun wird in Washington fieberhaft nach einer Alternative gesucht. Doch die ist nicht einfach zu finden. Würde Trump sich mit Parteifreunden wie McMaster unterhalten, würde der ihm zudem erklären, dass BMW in Spartanburg nicht nur 8800 Amerikaner beschäftigt und mehr als 20 000 weitere Jobs bei Zulieferern in der Region sichert. Vor allem werden 70 Prozent der in South Carolina  gefertigten Fahrzeuge gar nicht in den USA verkauft, sondern gehen ins Ausland. Damit ist BMW der größte US-Autoexporteur.

Große Kluft zwischen der rabiaten Rhetorik und der politischen Realität

Die Dinge sind also deutlich komplizierter, als es die Parolen des Präsidenten vermuten lassen. Entsprechend groß ist die Kluft zwischen der rabiaten Rhetorik und der politischen Realität. Die deutsche Ministerin Zypries jedenfalls gewann bei hochrangigen Gesprächen in Washington den Eindruck, das deutsch-amerikanische Verhältnis sei besser als mancher glaube: „Jeder weiß, dass wir eine große gemeinsame Tradition haben. Und es gibt nicht die Intention: Ihr da draußen seid uns egal“, versicherte die SPD-Politikerin. Auch Wirtschaftsvertreter teilen die Einschätzung, dass die protektionistische Propaganda in der Zwischenzeit einer etwas realistischeren Sicht gewichen sei. In westlichen Diplomatenkreisen heißt es, die Einfuhrsteuer genieße in der Regierung keine hohe Priorität mehr. Dafür wolle die US-Regierung mit Härte gegen tatsächlichen oder vermeintlichen unfairen Handel vorgehen. In diesem Zusammenhang seien auch die drohenden Strafzölle gegen deutsche Stahlhersteller zu sehen.

Washington hat weniger Deutschland im Blick als China

Im Grunde habe Washington freilich weniger die Bundesrepublik, als das wesentlich größere China im Blick. Zypries zeigte sich bei ihren Gesprächen unter anderem mit Wirtschaftsminister Wilbur Ross, dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer und dem einflussreiche republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, besorgt über die möglichen Strafzölle. Die Kritik am deutschen Handelsüberschuss wies sie zurück: Dieser hänge auch vom Ölpreis und dem Dollarkurs ab. Im übrigen bräuchten die Amerikaner „im Moment die Maschinen und Anlagen aus Deutschland, um ihre Re-Industrialisierung voranzubringen und die Industrie hier zu erneuern“, sagte Zypries. Bei den Gesprächen konnten nach Angaben der Ministerin zwar unterschiedliche Positionen noch nicht ausgeräumt werden, doch sei ein „dauerhafter Gesprächsfaden“ zur neuen Regierung in Washington aufgenommen worden. Als positives Signal wertete sie, dass ihr Amtskollege Ross schon Ende Juni zu einem Gegenbesuch nach Berlin kommen werde.