Das Amtsgericht Ludwigsburg hat einen Senior wegen fremdenfeindlicher Parolen verurteilt. Foto: dpa

Das Amtsgericht Ludwigsburg verurteilt einen 74-Jährigen, der öffentlich zu Gewalt gegen Flüchtlinge aufgerufen hat. Der Mann hatte die Parolen auf ausliegende Flyer einer Bank geschmiert.

Tamm - Im März des vorigen Jahres reicht es einem 74-Jährigen aus Tamm. Er will sich nicht länger „ohnmächtig“ fühlen, er will etwas tun gegen die „Asylantenflut“ in Deutschland, will seinem Ärger über die Bundeskanzlerin und deren Flüchtlingspolitik endlich Luft machen und seiner Wut über die Grünen und die Linken sowieso – und greift deshalb zum Filzstift.

Mit dem, was der Mann dann auf diverse Flugblätter schrieb, beschäftigte sich am Mittwoch das Ludwigsburger Amtsgericht. Es verurteilte den Mann wegen Volksverhetzung in insgesamt elf Fällen zu einer achtmonatigen Bewährungsstrafe und einer Geldbuße in Höhe von 1000 Euro.

Denn die Parolen des Seniors, die er auf Broschüren in einer Bankfiliale in Asperg schmierte, waren eindeutig. So warnte der Mann seine Mitbürger: „Vorsicht, der Neger ist überall“, schrieb von „Asylantendreck“, den man „abknallen“ solle und forderte seine Mitmenschen auf, sich deshalb „zu bewaffnen“. Flüchtlinge titulierte er als „Sozialschmarotzer“.

Mehrere Male kam der Mann in die Filiale in Asperg und verunstaltete die dort ausliegenden Broschüren des Kreditinstituts mit seinen Ansichten, von März bis in den vergangenen Sommer hinein trieb der Senior sein Unwesen. Weil sich eine Kundin an den fremdenfeindlichen Botschaften störte, erstattete sie Anzeige. Mit Hilfe der Aufzeichnungen einer Videokamera in der Bank überführte die Polizei den 74-Jährigen schließlich. Vor Gericht räumte der Mann die Vorwürfe komplett ein. Neben seiner gefühlten Ohnmacht nannte er Wut über die Politik als Motiv. Trotzdem könne er sich nicht erklären, warum er diesen „Wahnsinn“ gemacht habe, erklärte der Mann. Jedenfalls würden ihm die Vorfälle heute leid tun.

Eine Videoüberwachung überführte den Mann

Sein Verteidiger gab an, der Angeklagte würde seit Längerem unter großen psychischen Problemen leiden, deshalb sei er vor rund 20 Jahren vorzeitig in den Ruhestand gegangen. Zeitweise sei sein Mandant abhängig von Beruhigungsmitteln gewesen. Zudem befinde er sich in einer schwierigen familiären Situation, da sein Sohn behindert sei und noch bei dem Mann lebe. Auch körperlich gehe es dem Angeklagten nicht gut. Er bereue die Taten und sehe ein, dass es andere Wege der politischen Mitbestimmung gebe. Das bestätigte der ehemalige Bahnbeamte vor Gericht: „So etwas darf man nicht machen, auch wenn man meint, sich äußern zu müssen.“

Die Staatsanwältin forderte in ihrem Plädoyer zehn Monate Haft auf Bewährung. Das Geständnis müsse man zwar zu Gunsten des Angeklagten werten. Jedoch sei der Mann wegen der Kameraaufzeichnung ohnehin eindeutig überführt worden – und die Schmierereien hätten sich über eine ganze Zeit erstreckt.

Der Richter erklärte in seiner Urteilsbegründung, die Parolen des Mannes würden „zu Hass aufstacheln“ und seien öffentlich zugänglich gewesen. Allerdings sei die Handschrift des Angeklagten nicht unbedingt leserlich – was aber nicht als mildernder Umstand gelten dürfe.