„Kanzlerin der Reserve“ zeigt Ursula von der Leyen als Hochleistungspolitikern, die ihre Umgebung einschüchtert – vor allem die Männer Foto: dpa

Kann Von der Leyen Kanzlerin? Zumindest die Autoren zweier Biografien der Verteidigungsministerin sind davon fest überzeugt.

Berlin - Bücher sind ein guter Gradmesser dafür, ob Politiker Konjunktur haben. Gemessen daran stünde Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) aktuell gut im Kurs – vielleicht sogar sehr gut. Am Donnerstag stellten die „Focus“-Journalisten Ulrike Demmer und Daniel Goffart in Berlin ihr Buch „Kanzlerin der Reserve – Der Aufstieg der Ursula von der Leyen“ vor. Auch die „Zeit“-Autoren Peter Dausend und Elisabeth Niejahr brachten ihre „Operation Röschen – Das System von der Leyen“ auf den Markt.

„Kanzlerin der Reserve“ zeigt die CDU-Ministerin als Hochleistungspolitikern, die ihre Umgebung einschüchtert – vor allem die Männer. „Sie erschüttert durch ihr Beispiel auch jenes tief sitzende maskuline Überlegenheitsgefühl, das vor allem bei älteren Männern zur seelischen Grundausstattung gehört“, schreiben Demmer und Goffart.

Nach Ansicht der Autoren von „Operation Röschen“ wären von der Leyens Chancen Nachfolgerin von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu werden, größer, sollten die Wähler nach den vielen Merkel-Jahren ein anderes Modell wollen. „Statt Führung von hinten ein bisschen mehr Orientierung nach vorn, statt Bodenständigkeit ein bisschen mehr Charisma“, schreiben die Autoren. Als starken Rivalen sehen auch Dausend und Niejahr Bundesinnenminister Thomas de Maizière.

Für Niejahr ist das Leben der „vdL“ ein wahrlich „romanhafter Stoff“. Die Tochter des ehemaligen niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten Ernst Albrecht ist erst spät, aber dafür sehr erfolgreich in die Politik eingestiegen. Dausend nennt von der Leyens Station im Verteidigungsministerium „den Härtetest“ auf dem Weg zu einer möglichen Kanzlerkandidatur.

Die Ministerin will die Bücher über sich lesen – aber erst im Sommer, „wenn ich Zeit habe“. Bis dahin will von der Leyen das weite und immer noch einigermaßen unübersichtliche Feld der Rüstungsprojekte der Bundeswehr so gut wie möglich ordnen. Immer wieder müssen die Streitkräfte damit zurechtkommen, dass bestelltes Großgerät mit deutlicher Verspätung bei der Truppe ankommt und meist auch deutlich teurer wird als vereinbart. Kamerad Mangel als ständiger Begleiter. Zuletzt ließ von der Leyen mit der Nachricht aufhorchen, den Panzerbestand der Bundeswehr als Reaktion auf die Ukraine-Krise wieder aufzustocken.

Kurz nach Beginn ihrer Amtszeit hatte von der Leyen ihre Unterschrift in 15 Fällen verweigert. Zu 15 Großprojekten der Bundeswehr wollte die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt die Berichte zum Stand der Dinge nicht abzeichnen. Dafür versetzte sie nach nur zwei Monaten im Amt den damaligen Rüstungsstaatssekretär Stéphane Beemelmans, einen Vertrauten ihres Vorgängers Thomas de Maizière (CDU), in den einstweiligen Ruhestand und enthob auch den Abteilungsleiter Ausrüstung und Informationstechnik, Detlef Selhausen, seines Postens.

Transparenz galt als Gebot der Stunde. Inzwischen heißt es auf der Leitungsebene, das Vertrauen, das die geforderte Offenheit „auch von allen im Haus gelebt werden kann“, sei hergestellt. Mit dem Einstieg der neuen Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder würden Risiken bei Großprojekten wie A400M oder dem Transporthubschrauber NH90 klar benannt, und zwar für beide Seiten: für die Industrie und für den Staat.

Bis dahin seien die vorgelegten Statusberichte in einer Sprache geschrieben gewesen, die Risiken verschleiern wolle. Inzwischen soll ein kürzerer Dienstweg die Möglichkeit verstellen, Probleme bei Rüstungsvorhaben „weichzuspülen“. Leiter von Rüstungsprojekten müssten seither ihre Berichte nicht mehr über sieben Hierarchieebenen durchreichen, sondern könnten direkt bei der Rüstungsstaatssekretärin vorsprechen. Dauer und Kosten eines Vorhabens würden so mittlerweile klar benannt.