Dieses Bild zeigt ein Kolumbarium in Osnabrück. Ob es in Degerloch je Urnennischen in der katholischen Kirche geben wird, ist unklar. Noch wird darüber rege diskutiert. Foto: privat

An diesem Projekt scheiden sich in Stuttgart-Degerloch die Geister: Das katholische Stadtdekanat plant ein Trauerpastorales Zentrum im Bezirk. Teil davon könnte sein, dass es Urnengräber in der Kirche gibt. Das stößt allerdings nicht nur auf Wohlwollen.

Degerloch - Das Trauerpastorale Zentrum in Degerloch soll kommen. Darin sind sich alle einig, die in die Planung involviert sind – vom Stadtdekanat bis zum katholischen Kirchengemeinderat in Degerloch. Mit diesem von allen Seiten geteilten Ziel scheint die Einigkeit aber zu enden. Auf die Frage, ob denn die Planungen einen für Vorhaben in katholischen Gemeinden normalen Gang gehen oder eher zäh verlaufen, antwortet der Geschäftsführer des Stadtdekanats, Kai Mungenast, lakonisch: „Ist das denn ein Widerspruch?“

Mungenast will aber offenbar nicht den Eindruck erwecken, dass die Degerlocher Gemeinde auf der Bremse steht und das Stadtdekanat darüber verärgert ist. Er erklärt die Verzögerungen mit zahlreichen Personalwechseln. Seit Ende vergangenen Jahres ist Stefan Karbach neuer katholischer Pfarrer in Degerloch. Auch im Kirchengemeinderat im Bezirk gab es personelle Veränderungen. Und im vergangenen April trat Kai Mungenast die Nachfolge von Alexander Lahl als Geschäftsführer des Stadtdekanats an. Es sei sogar eine Chance, dass es immer wieder Verzögerungen gegeben habe, meint Mungenast. „Wir lassen uns die Zeit, damit es eine gute Lösung gibt“, sagt er.

Der neue Pfarrer liest sich zunächst ein in die Materie

Im Februar haben sich Vertreter des Stadtdekanats und der katholischen Gemeinde erstmals nach dem Antritt von Stefan Karbach als Pfarrer getroffen. Die Teilnehmer des Gesprächs seien sich einig darüber gewesen, dass die Planungen fortgesetzt werden sollen. Im Juli soll ein weiteres Treffen folgen, bei dem konkreter über die Ausgestaltung des Trauerpastoralen Zentrums in der Kirche Mariä Himmelfahrt an der Karl-Pfaff-Straße gesprochen werden soll.

Für Stefan Karbach war das Treffen im Februar zunächst eine Gelegenheit, alle Akteure kennenzulernen, wie er erklärt. Er sei im Moment noch dabei, sich in alles einzulesen, was mit dem geplanten Trauerpastoralen Zentrum zu tun habe. „Es ist kein einfaches Thema, aber es gibt ein klares Votum der Gemeinde, und ich stehe voll dahinter“, sagt der Pfarrer. Ob eine Wand mit Urnengräbern im Gebetsraum – ein sogenanntes Kolumbarium – Teil des Zentrums sein wird, sei dabei Gegenstand der Gespräche, sagt der Pfarrer. „Ich halte aber andere Fragen im Moment für wichtiger. Es ist schwierig, wenn sich die Diskussion darauf verengt“, sagt er.

Ähnlich sieht das auch Bernhard Bayer, der zweite Vorsitzende des Kirchengemeinderats. Er spricht davon, dass es zunächst einen Dialog innerhalb des Gremiums geben müsse, bevor der Kirchengemeinderat eine gemeinsame Position zum Thema Kolumbarium in Degerloch formulieren könne. Bayer bezeichnet die Diskussion über das Für und Wider als „lebendig“. Allerdings könne von einer Spaltung der Gemeinde keine Rede sein. „Das ist ein Punkt, über den es unterschiedliche Ansichten gibt“, sagt er. Der stellvertretende Vorsitzende des Kirchengemeinderats erklärt, warum es das Gremium und die Gemeinde allgemein schwer hätten, ein Votum abzugeben. Es gehe um eine Entscheidung, mit der die Gemeinde dann leben müsse, sagt er. „Es gibt manche, die Probleme damit haben, dass die Urnen im Gebetsraum aufbewahrt werden sollen“, sagt Bernhard Bayer.

Die Gemeinde in Stuttgart-Degerloch soll nicht hinten runterfallen

Kai Mungenast, dem Geschäftsführer des Stadtdekanats, ist bewusst, dass das Trauerpastorale Zentrum für die Degerlocher eine große Veränderung mit sich bringt, ob mit oder ohne Kolumbarium. Es müsse gewährleistet bleiben, dass die Räume auch für die Gemeindearbeit tauglich seien. „Wir wollen ja keine Gemeinde, die immer nur traurig ist“, meint Kai Mungenast. Wie dies genau bewerkstelligt werden kann, soll bei dem Treffen im Juli eines der Themen sein.

Dann werde auch über die Haltung der Stadt zu möglichen Urnengräbern gesprochen, sagt Mungenast. Denn Hagen Dilling, der stellvertretende Leiter des Garten-, Friedhofs und Forstamts, hatte im vergangenen Herbst erklärt, dass es aus seiner Sicht keine Notwendigkeit für ein Kolumbarium gebe. Kai Mungenast will das Gespräch mit der Stadt suchen, um auszuloten, was in Degerloch möglich ist. „Wir betrachten ein Kolumbarium als Hilfsmittel, um die Botschaft eines Trauerpastoralen Zentrums zu vermitteln: Der Tod ist nicht nur Grund zur Trauer, sondern auch Grund zur Hoffnung“, sagt Mungenast. Er betont noch einmal, dass das Zentrum auch ohne Urnengräber funktioniere und seine Aufgabe gut erfüllen könne.