Selfies dürfen in sozialen Netzwerken stehen, wenn alle Abgebildeten einverstanden sind. Foto: Fotolia

Wer Urlaubsfotos oder Selbstporträts ins Netz stellt,macht sich oft keine Gedanken darüber, ob das erlaubt ist. Experten erklären, was es beim Fotografieren von Menschen zu beachten gilt.

Mainz -

1. Wer Fremde abbildet, muss vorher fragen

Nach dem sogenannten Kunsturhebergesetz darf jeder selbst bestimmen, ob er fotografiert oder gefilmt werden will – und vor allem, ob die Aufnahmen öffentlich gemacht werden dürfen. Grundsätzlich ist es daher ratsam, selbst bei Urlaubs-Schnappschüssen vorsichtig zu sein: Wer beispielsweise eine Einheimische im traditionellen Gewand ablichtet, verstößt womöglich gegen deren Persönlichkeitsrecht, was unter Umständen rechtswidrig sein könnte. Experten raten daher, grundsätzlich zu fragen, ob man ein Foto machen könnte.

Hat jemand die Erlaubnis zum Fotografieren oder Gefilmtwerden gegeben, gilt das nicht gleichzeitig als Zustimmung für Veröffentlichung. Dafür braucht es eine weitere Erlaubnis – das gilt sowohl für das Internet als auch für die klassischen Medien.

2. Kinder-Fotos gibt es nur mit Zustimmung der Eltern

Für Fotos mit Minderjährigen braucht es die Erlaubnis der Eltern. Und auch das Kind selbst muss gefragt werden – das gilt, wenn es älter als sieben Jahre ist und den entsprechenden Entwicklungsstand aufweist. Es ist ein weit verbreitetes Gerücht, dass man bei Gruppenfotos keine Zustimmung der abgebildeten Personen bräuchte. Hierfür findet sich jedoch keine Grundlage im Gesetz. Die einzig Ausnahme vom Zustimmungserfordernis ergibt sich aus Paragraf 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG. Danach muss für eine Veröffentlichung keine Zustimmung von Personen eingeholt werden, die „nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen“. Beispiel hierfür wäre das Foto eines Schulgebäudes, auf dem am Rande Schüler zu erkennen sind. Sobald aber eine Schulklasse das Hauptmotiv darstellt, kommt man nicht um das Zustimmungserfordernis herum.

3. Dashcams nur fürs Privatvergnügen nutzen

So mancher Fahrer dokumentiert das Gerangel auf der Straße mit einer Dashcam – also Minikameras, die an der Frontscheibe des Autos angebracht sind. Ob dies erlaubt ist, bleibt nach wie vor strittig, da die Gesetzeslage in Deutschland dazu weiterhin unklar ist. Erlaubt ist etwa der Einsatz der Minikameras für persönliche Zwecke. Ob die Aufnahmen etwa in einem Unfallprozess als Beweismittel zugelassen werden, darüber kann das jeweilige Gericht von Fall zu Fall entscheiden. Anders verhält es sich, wenn jemand die Aufnahmen ins Netz stellt, bei dem das Auto samt Nummernschild gut zu erkennen ist – etwa versehen mit dem Zusatz: „Vorsicht vor diesem Raser!“ So ein privater Fahndungsaufruf ist verboten, sagt der Mainzer Rechtsanwalt für Medienrecht Tobias Röttger. Er greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Fahrers ein. Dieser kann Unterlassung, – in Ausnahmefällen sogar Geldentschädigung – und die Löschung der Aufnahmen verlangen.

4. Vorsicht bei Strandfotos

Wer am Meer Urlaub macht, für den sind Strandbilder obligatorisch – schon allein um damit per Messenger-Service oder sozialen Netzwerk die Bekannten und Verwandte neidisch zu machen. Heikel wird es jedoch, wenn das Bild im Hintergrund andere Badegäste – womöglich oben ohne – zeigt. Denn das kann womöglich eine Verletzung derer Persönlichkeitsrechte zur Folge haben. „Hier kommt es stark auf das Bild an“, sagt der Rechtsanwalt Tobias Röttger. Sind die anderen Badegäste deutlich zu erkennen, sollte man das Foto lieber für sich behalten. Es bestünde sonst der Verdacht, dass nicht der Strand das Motiv ist, sondern die abgebildete Person. Sind die fremden Personen so weit in den Hintergrund gerückt, dass sie als Beiwerk bezeichnet werden können, dann darf man es auch ohne deren Zustimmung verbreiten. „Da es hier stark auf den Einzelfall ankommt, rate ich, bei Strandbildern eher mal vorsichtig zu sein“, sagt Röttger.

5. Fotos nie ungefragt per Messenger-Dienste weiterleiten

Die Freundin schickt einen Schnappschuss ihrer Tochter: ein süßer Wonneproppen im Planschbecken. Sofort wird das Bild an die Kollegin weitergeleitet. „Geschieht dies, ohne die Mutter des Kindes um Erlaubnis zu fragen, ist dies ein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht“, sagt Tobias Röttger, ein auf Medien- und Persönlichkeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt aus Mainz. Grundsätzlich gilt, dass das Versenden eines Bildes über einen Messenger-Dienst wie Whatsapp bereits ein „Verbreiten“ im Sinne des Kunsturhebergesetzes darstellt. „Besser ist es, vor dem Weiterleiten lieber bei den Urhebern Eltern des abgebildeten Kindes oder bei dem Abgebildeten nachzufragen“, sagt Röttger.

6. Fotos von Gebäuden sind erlaubt

Wer auf einer öffentlichen Straße stehend ein Bauwerk fotografiert, hat nichts zu befürchten. Das hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung zum Schloss Sanssouci bekräftigt. Diese sogenannte Panoramafreiheit erlaubt es auch, „Werke, die sich bleibend an Straßen oder Plätzen befindet“, etwa durch Fotografieren abzulichten und die Aufnahmen auch zu veröffentlichen. Nichts zu befürchten haben auch Hobbyfotografen, die Bilder von Sehenswürdigkeiten machen – und das, obwohl auf dem Bild jede Menge weitere Touristen zu sehen sind. Diese sind in diesem Fall dann nur Beiwerk. Gegebenenfalls dürfen die Bilder auch ohne deren Erlaubnis veröffentlicht werden.

7. Nur das Eigenheim darf überwacht werden

Überwachungskameras dürfen im Regelfall nicht auf öffentliche Wege gerichtet sein – ansonsten wären auch Passanten von der Beobachtung betroffen. „Auch diesen steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu, das durch die Filmerei verletzt würde“, heißt es bei der Stiftung Warentest, Zeitschrift „Finanztest“ (8/2016), die an diesem Mittwoch erscheint. Nur in Ausnahmefällen sei eine Überwachung per Video außerhalb des eigenen Grundstücks denkbar: „Wenn die Interessen des Eigentümers die Interessen der Beobachteten im Einzelfall überwiegen“, so die Warentester. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn der Eigentümer wiederholt Opfer von Straftaten geworden wäre.

8. Fotos von Arbeitnehmern nicht einfach auf die Firmenhomepage posten

Das Sommerfest war ein Erfolg: Das Wetter sommerlich warm, die Stimmung feuchtfröhlich. Einen solchen Eindruck vermitteln auch die Bilder, die tags darauf auf der Internetseite des Unternehmens zu sehen sind. Hat der Arbeitgeber dies veranlasst, ohne die Mitarbeiter darüber zu informieren, kann die Löschung der Bilder erzwungen werden, sagt der Rechtsanwalt Röttger. „Will eine Firma nicht für jedes einzelne Bild eine Genehmigung einholen, kann sie die Bildverwertung auch vorab im Arbeitsvertrag regeln oder vor der Veranstaltung eine dementsprechende Bekanntmachung rausgeben. Wer eine Veröffentlichung dieser Bilder nicht wünscht, muss dann aktiv darauf hinweisen“, so Röttger.

So wehrt man sich gegen unerwünschte Fotos

Nein sagen: Wer sich nicht fotografieren lassen möchte, sollte dies deutlich machen, rät die Stiftung Warentest. Ruhig also zu dem Fotografierenden hingehen und ihn bitten, darauf zu achten. Das Gleiche gilt, wenn jemand einen filmt. Wird das Bild oder der Film veröffentlicht, muss der Fotograf oder der Filmende um Erlaubnis fragen.

Löschen lassen: Wurde schon ein Bild einer Person veröffentlicht, für das es keine Zustimmung gab, kann man dieses löschen lassen. Dazu wenden sich Betroffene entweder an den Fotografen oder an den Betreiber der Webseite, heißt es bei der Stiftung Warentest. „Sichern Sie zuvor die Beweise, indem Sie ein Bildschirmfoto mit Datum und Uhrzeit erstellen“, so die Warentester.

Verklagen: Wird das Bild nicht gelöscht, kann der Fotograf auf Unterlassung und Schadenersatz verklagt werden. „Wenn Sie ihn selbst abgemahnt und eine Unterlassungserklärung entworfen haben und erst dann einen Anwalt beauftragen, können Sie die außergerichtlichen Anwaltskosten für eine erneute Abmahnung nicht als Schadenersatz geltend machen“, warnen die Warentester. In diesem Fall wäre es besser, eine einstweilige Verfügung zu beantragen oder zu klagen.

Schmerzensgeld: Zudem haben Geschädigte gegebenenfalls einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Höhe richtet sich nach der Schwere des Eingriffs. Schwer wiegt es etwa, wenn jemand seinen unbekleideten Nachbarn unerlaubt in seinem Garten beim Sonnen filmt. (Quelle: Stiftung Warentest)