Knapp vier Kilogramm schwer dürfte die Pudelmütze gewesen sein, die an der Böhringer Straße in der Nacht auf den 25. September abhanden kam. Foto: Gloria Szczodrowski (z)

Knapp vier Kilogramm schwer, eine Lauflänge von etwa 10 000 Metern: An der Böhringer Straße entstand dank Urban Knitting eine Riesenstrickmütze diesen Ausmaßes. Doch schon in der ersten Nacht ist sie verschwunden.

Zuffenhausen - Der Sekt war schon kalt gestellt, als sich Gloria Szczodrowski am Freitag, 25. September, morgens auf den Weg zur Arbeit machte. Den ersten Geburtstag ihres Stoffladens „Garn und Gloria“ wollte sie gemeinsam mit ihren Kunden mit Late-Night-Shopping und einem Gläschen Sekt feiern. Die erste Überraschung erwartete sie schon vor ihrem Laden – leider eine unangenehme: Tags zuvor hatte sie noch das Blumenbeet vor ihrem Geschäft an der Ecke Böhringer/Lothringer/Burgunder Straße mit bunten Strickwaren geschmückt. Nun stand der Betonpoller dort wieder pudelnackt da – verschwunden war die Riesenstrickmütze, die ihn am Abend vorher noch zierte.

Gestrickt hatte die maßgeschneiderte XXXL-Pudelmütze eine Freundin von Gloria Szczodrowski, und auch die Stoffhändlerin hatte selbst Hand angelegt. Gut und gerne drei Wochen haben die beiden Frauen dafür die Nadeln gekreuzt. Zwischen drei und vier Kilogramm Wolle haben sie dabei verarbeitet, schätzt Szczodrowski: „Das entspricht grob überschlagen einer Lauflänge von zehn Kilometern.“ Die Idee zur Riesenmütze hatten die beiden schon länger. „Aber ich dachte, im Hochsommer ist das ja auch blöd mit so einer Pudelmütze“, sagt die Stoffhändlerin. Da war der erste Geburtstag ihres Ladens ein willkommener Anlass, zu Nadel und Garn zu greifen.

Gleich in der ersten Nacht wurde die Pudelmütze entwendet

Nicht nur der Betonklotz, sondern auch die drei Baumstützen daneben bekamen ein bunt gestreiftes Wollkleid verpasst. „Als ich am Donnerstag um 19 Uhr Feierabend gemacht habe, war die Mütze noch da“, berichtet Gloria Szczodrowski. Mit Schrauben habe sie das Strickwerk nicht im Beton festmachen wollen, um keinen Ärger zu bekommen. Sie habe zwar durchaus mit Vandalismus gerechnet – nicht aber damit, dass die Mütze gleich in der ersten Nacht abhanden kommt. „Sie war passgenau auf diesen Betonklotz zugeschnitten“, sagt Gloria Szczodrowski.

Sie kann sich nicht vorstellen, was jemand mit der Riesenmütze anfangen sollte. „Wenn das jetzt eine Farbe gewesen wäre, könnte vielleicht jemand auf die Idee kommen, das abzurollen und sich einen Pulli daraus zu stricken. Aber wir haben ja überwiegend Wollreste verarbeitet.“

Weitere Urban-Knitting-Objekte sollen folgen

Trotz der Enttäuschung über die verschwundene Riesenmütze möchte die Stoffhändlerin auch künftig den öffentlichen Raum mit Strickwaren verschönern: „Eine Idee ist, gegenüber von meinem Laden das Geländer hoch zum Bahnhof zu umstricken, damit es nicht so kalt ist im Winter.“ Allerdings habe sie schon von Kollegen gehört, dass dieses sogenannte Urban Knitting – oder auch Guerilla Knitting – von den Behörden nicht geduldet werde. Auch auf die Befindlichkeiten der Eigentümer der umstrickten Objekte müsse man achten. „Ich will mir ja keinen Ärger einhandeln, sondern den Leuten ein Lächeln ins Gesicht zaubern.“

Das Verschwinden der Riesenmütze hat jedenfalls keinen amtlichen Hintergrund: Weder Polizei noch Stadtverwaltung haben das Strickwerk entfernt. Bei dem Poller handle es sich nicht um ein Verkehrszeichen im Sinne der Straßenverkehrsordnung, heißt es von Seiten der Stadt: „Durch die Strickmütze wird auch der Regelungsgehalt eines Verkehrszeichens oder einer Verkehrseinrichtung nicht beeinträchtigt, da der Poller im Grunde nichts regelt.“