Die Gesichter zweier Helfer: Manuel Taffner (links) und Dimi Karagiannis machen neben einem völlig zerstörten Auto eine Pause. Foto: dpa

Die Unwetter sind lange weitergezogen, aber ihre Folgen werden die Menschen noch lange beschäftigen. In den betroffenen Landkreisen herrscht alles andere als die sprichwörtliche Ruhe nach dem Sturm.

Schwäbisch Hall - Nach dem verheerenden Unwetter zu Wochenbeginn haben die Menschen in Baden-Württemberg weiter mit den Folgen zu kämpfen. Regen und Hochwasser versperrten weiter Straßen und Wege, Zugstrecken blieben nach Erdrutschen blockiert, Schiffe auf dem Neckar in den Häfen, Schulen und Kindergärten geschlossen. Tief „Elvira“ hatte am Montag schwere Verwüstungen hinterlassen. Vier Menschen kamen ums Leben, Tausende Helfer waren im Einsatz.

Die Heidelberger Altstadt blieb auch am Dienstag teilweise für den Verkehr gesperrt, wie das Lagezentrum im Innenministerium in Stuttgart mitteilte. Dort war der Neckar über die Ufer getreten. In den Kreisen Heilbronn, Schwäbisch Hall und Hohenlohe konnten mehrere Land- und Kreisstraßen nicht befahren werden.

Auf der Autobahn 6 nahe Wolpertshausen (Schwäbisch Hall) kam es nach einem Lastwagenunfall zu einem langen Stau - der Verkehr ließ sich nur schwer umleiten, da umliegende Straßen noch wegen Unwetterschäden gesperrt waren. Überschwemmungen, Erdrutsche und technische Störungen dürften außerdem im Schienenverkehr noch für mehrere Tage zu Behinderungen führen.

Der Landkreis Schwäbisch Hall, den das Unwetter-Tief „Elvira“ besonders heftig traf, zog am Dienstag eine ernüchternde Bilanz: ein Wohnhaus und zwei Brücken zerstört, viele weitere beschädigt, darunter auch das Rathaus. Die Feuerwehr befreite erneut pausenlos Keller und Tiefgaragen vom Regenwasser. Straßenwärter und Abfall-Unternehmen hatten alle Hände voll zu tun, Geröll und Sperrmüll zu beseitigen.

Schäden im zweistelligen Millionenbereich erwartet

In Künzelsau im Hohenlohischen blieben einige Schulen und Kindergärten weiter geschlossen. Die Aufräumarbeiten der teilweise stark beschädigten Innenausstattung der betroffenen Gebäude dauerten an. Fenster, Heizungen sowie Parkett müssten oftmals ersetzt und Schulhöfe vom Schlamm befreit werden. In der rund 30 000 Einwohner zählenden Kreisstadt hatten Überschwemmungen einen Großteil der Innenstadt getroffen.

Auch im Audi-Werk in Neckarsulm (Kreis Heilbronn) gingen die Aufräumarbeiten weiter. Die Produktion laufe nach wie vor nur in Teilen, sagte eine Sprecherin in Neckarsulm. Am Montag war der gesamte Betrieb vorübergehend gestoppt worden, weil Keller und Produktionshallen in Teilen des Werks unter Wasser standen.

Die Versicherer im Land konnten die Schäden auch am Dienstag noch nicht beziffern. Die SV Versicherung rechnet mit Schäden im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Die Versicherung deckt als ehemaliger Monopolist immer noch etwa 70 Prozent der Gebäude im Land ab. Bei dem verheerenden Hagelunwetter im Sommer 2013 kam allein die Sparkassenversicherung für Schäden in Höhe von 600 Millionen Euro auf. Auch die Württembergische Versicherung rechnet mit deutlich spürbaren finanziellen Folgen - zunächst ohne konkrete Zahl.

Naturschützer fordern mehr Platz für Flüsse

Solch heftige Unwetter treffen auch die Einsatzkräfte hart. „Auf so etwas kann sich niemand vorbereiten“, sagte der Geschäftsführer des Landesfeuerwehrverbands, Willi Dongus. Zwar seien vom Grundsatz her alle Feuerwehren ausreichend ausgestattet. „Aber in einem solchem Fall, wenn ein ganzer Ort unter Wasser steht und Straßen überschwemmt sind, dann dauert es seine Zeit, bis die Hilfe überall ankommt.“ Für Feuerwehrleute und andere Einsatzkräfte könnten solche Einsätze mitunter auch sehr belastend sein, sagte Dongus. Aber: „Keiner wird allein gelassen.“

Bäche und Flüsse sollten ihre Überschwemmungsflächen zurückbekommen, forderte die Teamleiterin Naturschutz beim Nabu Baden-Württemberg, Ingrid Eberhardt-Schad. Fließgewässer seien über weite Strecken in enge Korsetts gefasst und von den Auwäldern abgekoppelt worden, Häuser in die Auen gebaut worden. An ihren Oberläufen müssten Bäche wieder über die Ufer treten können. „Diese Wetterlagen werden nicht weniger werden, umso wichtiger ist es, jetzt gegenzusteuern.“