Die Weltenbummler Hans und Ursel Bucher Foto: Peter Petsch

„Wir können es nicht lassen“, hatte Ursel Bucher im August 2012 der Familie und den Freunden wieder mal gestanden – das Signal zum großen Aufbruch: Am 13. September startete sie mit ihrem Mann Hans zur Reise rund um die Welt. Durch 30 Länder und über 72 500 Kilometer in 597 Tagen.

Stuttgart - „Meine Frau hat nicht geglaubt, dass die Erde rund ist und man nur immer nach Osten fahren muss, um wieder in Stuttgart anzukommen“, scherzt Hans Bucher (77). Ursel Bucher (76) kennt den trocken Humor ihres Mannes und korrigiert: „Es war ein Traum von Hans und mir, noch einmal am Stück um die ganze Welt mit unserem Wohni zu reisen.“ Nun haben die Ärztin und Paartherapeutin, die lange für die FDP im Gemeinderat saß, und ihr Mann, Ingenieur und Unternehmer, diesen Traum verwirklicht. Seit kurzem sind sie zurück.

Ihr Kompass zeigte konsequent in Richtung Osten. Von der ersten Etappe durch das vertraute Österreich über den Balkan in die Türkei, in unbekannte Sphären nach Georgien, Armenien, in den Iran, nach Asien mit Pakistan, Indien, Bangladesh, Nepal, Bhutan, Burma, Laos, China, Vietnam, Kambodscha, Thailand und Malaysia und Singapur. Länder, die sie teilweise von früheren Reisen kannten und in denen sie, wie in Vietnam oder Kambodscha, die Entwicklung bestaunten: „Es herrscht immer noch Armut. Aber niemand jammert.“ Und überall war das Wohnmobil mit dem guten Stern aus Stuttgart von staunenden Leuten umringt: „Wie haben Sie das bis hierher geschafft“, wurde oft gefragt. „Im Handgepäck mitgenommen“, pflegte Hans Bucher drauf zu antworten.

Dann Inselhopping: Nach Indonesien, Ost-Timor, Australien, Tasmanien und Neuseeland überzusetzen, ehe ein Abstecher in die Südsee nach Tahiti und Bora Bora lockte. Namen, die allein schon die Fantasie zum Blühen bringen und Bilder hervorrufen von fremden Kulturen, spektakulären Landschaften, Palmenstränden, exotischen Märkten und unvergesslichen Erlebnissen.

„Wir waren oft wie verzaubert und dankbar, dass wir so viele wunderbare Eindrücke genießen durften“, nickt Ursel Bucher. Bei Troja in der Türkei kamen ihr die Verse von Homer in den Sinn, in Nepal wurden sie von Mönchen unter dem Lebensbaume, unter dem auch Buddha gern saß, für die Reise und das künftige Leben gesegnet, in Myanmar haben sie ihre Goldene Hochzeit gefeiert.

Das Königreich Bhutan sei so wunderbar gewesen, „wie wir es uns nie hätten träumen lassen“, in Neuseeland, wo sie mit ihrer Enkelin Lara deren Abitur und Weihnachten feierten, würde sie sofort leben wollen. Und die Südsee war der wahr gewordene Traum und das Glück pur, ehe die Reise durch den Süden der USA fortgesetzt wurde.

Glaube aber keiner, dass eine solche Reise immer nur die reine Wonne ist. „Nein, Vergnügungsreise ist das keine“, stöhnte Ursel Bucher im Februar 2013 im Brief aus Myanmar an die Lieben zuhause: „ Manchmal wäre ich lieber ausgerissen, nach Hause.“ Wenn Pisten in abenteuerlichstem Zustand bewältigt werden mussten, wenn der Verkehr, zum Beispiel, in Indien, lebensgefährlich war, weil Lastwagenfahrer dort grundsätzlich nicht ausweichen, oder wichtige Technik in und am Gefährt versagte.

Hans Bucher ist die Ruhe in Person. Vor allem aber ein Ingenieur, dem nichts zu schwer ist: Weder die fünf Reifenpannen noch die Reparatur der Heizungs- und Warmwasseranlage oder die undichten Stellen im Dach. „Alles ging gut. Im Rückblick“, sagt Ursel Bucher, „ist das alles nebensächlich im Vergleich zu den unglaublichen Eindrücken und tiefen menschlichen Begegnungen.“

Am dankbarsten sind beide, dass sie gesund zurückgekehrt sind. Denn Hans Bucher kämpft seit 14 Jahren mit Krebs – und erlebte auf der Reise das kleine Wunder, dass die Werte fast auf Normalmaß sanken. Die Sache mit dem Kompass nach Osten hat natürlich geklappt: Nachdem das Wohnmobil wegen der Einreisebedingungen der USA schon von Neuseeland aus nach Deutschland verschifft worden war, liehen sich Buchers in Los Angeles eine mobile Villa für die Tour von Kalifornien zu Hans Buchers Bruder in South Carolina. Zurück in Deutschland ging es von Bremerhaven aus mit dem eigenen Wohni südwärts, um am 3. Mai am Killesberg einzutreffen.

Buchers sind Wiederholungstäter. Seit sie vor 14 Jahren beschlossen, im Ruhestand die Welt per Wohnmobil zu erobern und sich auch von der Krebsdiagnose des Mannes nicht haben abhalten lassen, gondelten sie durch den nahen Osten, durch Asien bis Singapur, von Feuerland nach Alaska, 24 862 Kilometer lang. Bleibt da noch ein weißer Fleck? „Schottland“, überlegt Ursel Bucher. Ihr Mann will noch einmal die Seidenstraße erleben. „Aber jetzt können wir nicht wegfahren“, lacht Ursel Bucher. „Die Kinder und Enkel haben das Wohni mit einer Wegfahrsperre blockiert.“ Lange wird das die Weltenbummler nicht ausbremsen. Getreu Ursel Buchers Lieblingsgedicht „Stufen“ von Hermann Hesse mit den Zeilen: „Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.“