Im Pulcinella in Birkach gibt es Penne und Pizza. Foto: Judith A. Sägesser

Unsere vier Testesser sind zeitgleich nach Birkach, Plieningen, Degerloch und Sillenbuch ausgeschwärmt und haben Passanten um einen Mittagstisch-Tipp gebeten. Und das gab’s zum Essen.

Filder - „Entschuldigen Sie bitte, wo kann man denn hier schnell, aber auch gut etwas zu Mittag essen?“ Diese Frage haben unsere vier Mittagstisch-Tester zeitgleich am Freitag, 29. April, auf der Straße in Birkach, Plieningen, Degerloch und Sillenbuch gestellt. Die Regeln waren einfach: zwischen 12 und 13 Uhr satt werden. Weil Hunger aber nicht die Objektivität trüben sollte, galt es, den Ortsunkundigen zu spielen und dem allerersten Passanten-Tipp in Sachen Mittagstisch zu folgen. Wo dieses Zufallsprinzip die vier Tester schließlich hingeführt hat und wie schmackhaft die Empfehlungen von der Straße waren, erzählen die Testesser hier.

Judith A. Sägesser in Birkach:

Die Gegenfrage kommt vor der Antwort: „Haben Sie ein Auto?“, fragt mich die freundliche Dame vor der Birken-Apotheke in Birkach. „Mit Mittagstisch ist es in Birkach ein bisschen schwierig. Gut, da drüben gibt es noch so einen Schnellimbiss“, sagt sie. Die Art, wie sie ihr Gesicht dabei verzieht, besiegelt die Sache: Nach acht Minuten – inklusive Geldabheben – an der Birkheckenstraße steige ich wieder ins Auto und fahre dem Tipp nach: zum Pulcinella, einem italienischen Restaurant an der Welfenstraße.

Wie oft bin ich schon am Pulcinella vorbeigedüst und habe mich gefragt, was der Name eigentlich bedeutet. Endlich habe ich einen Grund zur tiefergehenden Recherche. Laut Online-Wörterbuch meint Pulcinella „Hanswurst“, ein Begriff, den ich sogar in seiner deutschen Version erst einmal nachschlagen muss: eine derbkomische Figur im Theater oder ein dummer Mensch, der sich lächerlich macht? Das hat mit dem, was ich an jenem Mittag erlebt habe, gar nichts zu tun.

Penne im Pulcinella Foto: Sägesser

Das Pulcinella ist ein kleines Restaurant mit fünf Tischen im Inneren. Als ich nach 20 Minuten satt zum netten Kellner „ciao“ sage, ist das Lokal gestopft voll. Auf der Tafel draußen steht der Mittagstisch: Penne mit Zucchini und Shrimps (6,90 Euro), Pizza mit Salami und Oliven (6,90 Euro) oder Wolfsbarschfilet mit Zitronensauce (8,90 Euro) – jeweils mit kleinem Salat.

Dem größten Pasta-Fan nördlich der Alpen fällt diese Entscheidung leicht. Nach knapp zehn Minuten stehen die Penne nebst drei leckeren Brötchen auf dem rot-weiß-karierten Tischtuch vor mir. Die Nudeln sind hübsch arrangiert und mit Parmesan umstäubt, und der Rucola im Salat rundet den guten Geschmack des Essens ab. Samt kleinem Wasser hat mich der Mittagsausflug 8,50 Euro gekostet.“

Eveline Blohmer in Plieningen:

Vielleicht ist es das geballte Testosteron, das mir entgegenschlägt, als ich die Metzgerei Oskar Zeeb betrete. Vor der warmen Theke steht schon eine Horde Männer und wartet darauf, Currywurst und Co. ordern zu können.

Kurz zuvor hatte die freundliche Frau, die ich am Parkscheinautomaten nach einer Möglichkeit zum Mittagessen frage, als Erstes auf die Metzgerei gezeigt. Und wenige Augenblicke später höre ich mich sagen: „Den Schweinebraten bitte.“ Es würde auch Spaghetti mit Tomatenstückchen geben. Aber das heutige Tagesgericht ist eben „Saftiger Schweinebraten in pikanter Paprikasoße, dazu Western-Kartoffeln und Weißkrautsalat“ für 5,50 Euro. Außerdem bin ich neugierig auf das Gericht, das ich im Normalfall niemals wählen würde. Schon allein, weil im Kleingedruckten auf dem Speiseplan steht, dass die Paprikasoße Geschmacksverstärker und der Weißkrautsalat Konservierungsstoff enthalten.

Braten in der Metzgerei Foto: Blohmer

Aber hey, was Mann (essen) kann, kann ich auch. Mit ausgesuchter Freundlichkeit richtet die Verkäuferin meine Bestellung auf dem Teller an und bedenkt mich mit einer sehr männlichen (oder schwäbischen) Portion Soße. Ich lasse mich auf einem der sechs Sitzplätze nieder, führe mit Spannung die erste Gabel zum Mund und schmecke: Paprikasoße. Was nicht schlecht ist. Das sagen meine Geschmacksknospen überhaupt zu dem ganzen Mahl. Ich stehe mit meinem Urteil nicht allein: Zwei Männer haben sich einen Tisch weiter gesetzt. Es sei hier meistens ganz okay, vor allem aber sei das Personal in der Metzgerei sehr nett, sagt der eine zum anderen und führt aus, dass es in Plieningen einfach an Möglichkeiten zum Mittagessen mangele. „Ich würd’ den Supermarkt rausreißen und einen Food-Court einrichten mit einem Asiaten und Pizza.“ Da jubelt mein Hormonhaushalt.

Cedric Rehman in Degerloch:

Mittags ein Brötchen in der Hand geht nicht. Da knurrt mein Magen und verlangt mehr. Wohl auch, weil er abends meist wie ein Bettler speist, recht dürftig. Also stelle ich die Degerlocher an der Epplestraße vor eine Aufgabe. Ich will nicht nur wissen, wo ich schnell Nahrung fassen kann, sondern wo ich es auch im Sitzen tun kann. Und natürlich möchte ich warm essen. Den ersten nach eigenen Angaben Ortskundigen überfordere ich mit meiner Erwartungshaltung. Er denkt einen Moment nach und meint dann: ,Sorry, keine Ahnung.‘ Eine ältere Dame verweist mich auf die HendlBurg an der Epplestraße. Ich gebe zu, ich bin mir unsicher, was mich erwartet. Hausmannskost ist nicht so meine Sache. Eher mache ich jeden Ernährungstrend mit und haue gern neues Superfood in den Mixer. Besseresser eben.

Fisch und Kartoffelsalat Foto: Rehman

In der HendlBurg geht es dagegen gutbürgerlich zu. Einige Geschäftsleute im Anzug und eine Seniorinnenrunde sitzen gleichfalls in der Gaststätte.

Auf der Mittagskarte stehen panierter Seelachs und Kartoffelsalat. Eine für mich etwas heikle Kombination. Lachs als Eiweißquelle, super. Aber Panade halte ich für kohlenhydrathaltiges Teufelszeug. Kartoffelsalat hat mir die Unimensa einst madig gemacht. Nach einer Tomatensuppe, die im Preis 6,90 Euro enthalten ist und angenehm würzig schmeckt, steht dann das Hauptgericht auf dem Tisch. Ich schneide den Fisch an und probiere einen Happen. Dann geht der Kartoffelsalat den gleichen Weg. Ich muss sagen, die Mischung ergänzt sich. Kross und das, was die Schwaben „schlotzig“ nennen. Bei Paniertem und Kartoffelsalat ist es offenbar so wie bei allem, was aus der Küche kommt: Entscheidend ist, wer kocht. Und die Besseresserei? Die kann ruhig warten bis zum nächsten Smoothie. Wer will schon konsequent sein?

Rebecca Anna Fritzsche in Sillenbuch:

Die Focaccia mit Salami und Artischocke ist auch sehr lecker“, empfiehlt mir gleich eine Dame, die in der Nähe des Tresens sitzt und ihre Latte Macchiato genießt. Ich bleibe aber bei meiner Bestellung: Focaccia mit Schinken und Käse soll es sein.

Ein junges Pärchen hat mich ins Cantuccio an die Kirchheimer Straße 50 geschickt: Da gäbe es einen guten Mittagstisch. Verschiedene Bäcker seien hier auch in der Nähe, fügt die junge Frau noch an: Im Cantuccio sei es aber viel leckerer.

Und da hat sie sicher Recht: Die Focaccia wird mir nach kurzer Wartezeit serviert, sie ist heiß gegrillt, außen schön kross und mit Kräutern und Olivenöl garniert. Die Füllung ist saftig und schmeckt.

Focaccia im Cantuccio Foto: Fritzsche

Außer mir sitzen noch einige andere Hungrige an den Tischen: eine Dreiergruppe sowie ein Vierergrüppchen, sie alle essen das warme Tagesgericht: Pasta Bolognese mit einem kleinen Salat. Alle unterhalten sich angeregt, duzen sich mit der Inhaberin des Cantuccio, Jutta Armillotta, die die Bestellungen aufnimmt und das Essen serviert: Man kennt sich. In der Ecke sitzt ein Mann und tippt auf seinem Laptop, neben ihm steht eine Tasse Cappuccino.

Die Atmosphäre und der Geruch nach gemahlenen Kaffeebohnen erinnern mich an den letzten Rom-Urlaub, an die Espressobars, in denen wir im Stehen Cappuccino und ein „cornetto“ gefrühstückt haben, bevor wir weitergezogen sind. Auf die süßen Sachen muss auch hier niemand verzichten: Neben dem Tagesgericht und einer Auswahl an Focaccia, Tramezzini und Salaten gibt es verführerisch aussehendes italienisches Gebäck. Den „dolci“ widerstehen kann ich schlussendlich auch nicht. Für die Focaccia, eine Apfelschorle und den süßen Abschluss bezahle ich 7,90 Euro. Der italienische Ausflug lohnt sich also.