Ein Bussard im Anflug kann schon beängstigend sein. In der Regel geht von den Greifvögeln aber keine Gefahr für Passanten aus. Foto: dpa-Zentralbild

Momentan sind die Greifvögel in den Wäldern wegen ihren Jungen nervös. Sie fühlen sich durch schnelle Bewegungen bedroht. Für Spaziergänger stellen sie jedoch selten eine Gefahr dar.

Rohr/Stadtgebiet - In bester Hitchcock-Manier stürzen die großen Vögel vom Himmel, stoßen schrille Schreie aus und zielen auf den Kopf der Menschen, von denen sie sich bedroht fühlen. „Wer so eine Attacke mitgemacht hat, könnte das durchaus als dramatisches Erlebnis betrachten“, sagt Hagen Dilling, Forstamtsleiter der Stadt Stuttgart. Beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt gingen vor einigen Tagen zwei Hinweise auf Angriffe durch Greifvögel ein. Ein Mensch wurde im Bereich der Dürrlewang Allee im Rohrer Wald Ziel eines Angriffs, ein weiterer ereignete sich am Sulzhäuslesweg südlich der Hohe Warte in Feuerbach. In beiden Fällen handelte es sich bei dem gefiederten Aggressor wohl um einen Mäusebussard.

Die Greifvögel sind wegen ihrer Jungen unruhig

Etwa 50 Brutpaare gibt es im Stuttgarter Stadtgebiet. „Die sind überall in Stuttgart verbreitet“, sagt Dilling. Deswegen könne es theoretisch auch überall im Stadtgebiet zu Angriffen kommen. Zurzeit ziehen die Greifvögel ihre Junge groß und sind deswegen unruhiger als sonst.

Für Waldspaziergänger besteht allerdings kaum die Gefahr eines Angriffs. Das weiß Ulrich Tammler, Vogelexperte und stellvertretender Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) Stuttgart. „Die Vögel attackieren nicht gleich mit ihren Krallen, sie fliegen erst Scheinangriffe und schlagen in unmittelbarer Nähe des Kopfes mit den Flügeln, um Krach zu erzeugen und die vermeintliche Gefahr abzuschrecken.“

Solche Attacken sind meist ungefährlich für den Menschen

Meist sind Jogger oder Radfahrer Ziel der Attacken, die von den Vögeln aufgrund ihrer Geschwindigkeit als Gefahr für die Jungtiere wahrgenommen werden. „Häufig greifen die Tiere von hinten an, man sieht sie nicht gleich kommen“, sagt Tammler. Die Angriffe enden nach den Worten von Forstamtsleiter Dilling aber nur selten mit Wunden oder überhaupt mit einem physischen Kontakt zwischen Mensch und Tier. „Den Attacken gehen Warnrufe und Scheinangriffe voraus. Erst wenn man darauf nicht reagiert, intensiviert der Bussard seine Bemühungen.“

Wer angegriffen wird, sollte seinen Kopf bedecken und ruhig weitergehen. Denn die Bussarde greifen vornehmlich die höchste Stelle an und werden durch schnelles Gehen eher noch provoziert. „Hat man sich weit genug vom Horst entfernt, lassen sie von den Angriffen ab“, sagt Dilling. Es helfe auch, seine Hände oder einen Stock in die Höhe zu halten, damit die Vögel diese als höchste Stelle angreifen.

In vier Wochen ist der Spuk wieder vorüber

Bis in vier Wochen sollte das Thema laut Nabu-Experten und Forstamtsleiter erledigt sein, denn dann sind die Jungvögel aus dem Nest. Bis dahin sollte man die Gebiete, in denen die Bussarde brüten, am besten meiden. Oder zumindest dort nur gehen und nicht joggen, damit die Greifvögel in dem Menschen keine Gefahr für ihre Jungtiere sehen.

Hat man einen Horst oder gar einen unruhigen Greifvogel in seiner Nähe entdeckt, empfiehlt es sich, „nicht stehen zu bleiben und zu schauen, sondern sich zügig zu entfernen“, sagt Tammler, um die Vogeleltern nicht unnötig zu provozieren.

Gezielt fernhalten von Stuttgarter Wäldern, Feldern und Wiesen müsse man sich nach den Worten von Hagen Dilling allerdings nicht. „Es wäre ja schade, das schöne Wetter nicht auch draußen zu genießen.“ Und wer gesittet spazieren geht und die Stellen meidet, wo Angriffe verzeichnet wurden, wird die Mäusebussarde vermutlich gar nicht zu Gesicht bekommen.

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Habichte
Der Mäusebussard gehört zu der Familie der Habichtarten. Er ist zwischen 50 und 57 Zentimeter groß bei einer Flügelspannweite von von 113 bis 128 Zentimetern. Der relativ kurze Schwanz ist am Ende abgerundet. Das Gefieder des Mäusebussards variiert von dunkelbraun bis fast weiß, mit Quer- und Längsbänderungen an Körper, Flügeln und Schwanz. Der Lebensraum eines Mäusebussards besteht aus offenen Landschaften wie Feldern oder Wiesen mit angrenzenden Waldgebieten, an deren Rändern er brütet.