Hat Zschäpe kinderpornografisches Material besessen? Foto: dpa

Hinweis: Dieser Artikel datiert vom März 2015. Beate Zschäpe gerät erneut unter den Verdacht, zumindest kinderpornografisches Material besessen zu haben. Ein erster Hinweis findet sich auf einem der Computer, den nachweisbar die NSU-Hauptangeklagte nutzte.

Stuttgart - Hinweis: Dieser Artikel datiert vom März 2015.

Gleichgültig ob Polizisten, Verfassungsschützern oder Neonazis – der CDU-Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss Baden-Württembergs stellt inhaltlich meistens die gleiche letzte Frage: „Sind Sie bei Ihren Ermittlungen auf Kindesmissbrauch oder Kinderpornografie gestoßen?“, fragt Matthias Pröfrock die Ermittler. Von Rechtsextremen will er wissen, was sie über Pädophile und Kinderschändung in ihrem Szeneumfeld wissen.

Die Frage verwirrt. Was sollen Kindesmissbrauch und die mutmaßlichen Rechtsterroristen Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos vom Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) miteinander zu tun haben? Und erst recht jene Rechtsextremisten, die sie wie auch immer unterstützt haben sollen?

Ein erster Hinweis findet sich auf einem der Computer, den nachweisbar Beate Zschäpe nutzte. Und der im mutmaßlichen Unterschlupf des Trios in der Zwickauer Frühlingsstraße gefunden wurde. Auf dem fanden Forensiker des Bundeskriminalamtes „eine große Zahl pornografischer Bilder. Unter diesen befinden sich auch Dateien, die den Verdacht nahe legen, einen sexuellen Missbrauch von Kindern darzustellen“. Das deshalb gegen die Neonazistin eingeleitete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Zwickau wurde inzwischen eingestellt: Die Ankläger sind überzeugt, dass die vor dem Münchener Oberlandesgericht verhandelten Straftaten schwerwiegender sind und auch härter bestraft werden als der Besitz der kinderpornografischen Fotos.

Dabei gerät Zschäpe nicht zum ersten Mal unter den Verdacht, zumindest kinderpornografisches Material besessen zu haben. Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages forderte von der sächsischen Staatskanzlei Akten eines Ermittlungsverfahrens gegen Zschäpe an. In dem ermittelten Staatsanwälte Ende der 1990er Jahre gegen die Rechtsextremistin „wegen Kinderpornografie“. Das Verfahren wurde eingestellt, weil Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt 1998 in Jena in den Untergrund abtauchten.

Fünf Jahre zuvor war im Juli am Saale-Ufer in der Carl-Zeiss-Stadt die Leiche des neunjährigen Bernd gefunden worden. Unweit der Leiche fanden Spurensicherer einen weißen Außenbordmotor. 2012 vertraute sich ein Aussteiger aus der Jenaer Neonazi-Szene Ermittlern des thüringischen Landeskriminalamtes an. Der Mann war sich sicher, Enrico T. „steht auf kleine Kinder“. Der Neonazi habe „die komische Art, dass er mit jungen Kindern mehr Kontakt hatte“.

T. gilt den Staatsanwälten der Bundesanwaltschaft als Waffenbeschaffer des NSU. Der bei der Jungenleiche gefundene Außenbordmotor gehörte ihm. Als ihn Beamte des Bundeskriminalamtes 2012 befragten, stritt Enrico T. vehement ab, etwas mit dem Kindermord zu tun zu haben. Das Boot samt Außenborder sei ihm eine Woche vor dem Mord an dem kleinen Bernd gestohlen worden. Wo es lag, habe nur einer gewusst: Uwe Böhnhardt. Der, so vermutete T., „könnte den Jungen ermordet haben“.

Mordfall Peggy: DNA-Spuren von Böhnhardt gefunden

Bis heute ungeklärt ist, zu wem die Kinderkleidung und das Spielzeug gehören, das Polizisten in dem Wohnmobil fanden, in dem sich Böhnhardt und Mundlos im November 2011 in Eisenach selbst erschossen haben sollen. Interessant ist das deshalb, weil Zeugen schilderten, Zschäpe und Böhnhardt seien von Kindern begleitet worden, als sie zwischen 2000 und 2011 Wohnmobile anmieteten. Im unmittelbaren Umfeld des Trios zwang der Thüringer Neonazi und V-Mann Tino Brandt Kinder zur Prostitution. Deswegen ist er inzwischen zu einer Haftstrafe in Höhe von fünfeinhalb Jahren verurteilt. 2009 erhielt die Polizei in Suhl zudem Hinweise, Brandt betreibe gemeinsam mit dem V-Mann „Küche“ des Verfassungsschutzes Thüringen einen Zuhälterring, der vor allem rumänische Jungen an Pädophile vermittelte.

Zudem produziere das Duo „pornografische Filme mit Kindern, welche aus Bulgarien und Rumänien kommen“. Die Ermittler stellten fest, dass Brandt und seine Kumpane polizeilich bereits mehrfach aufgefallen seien. Auch, weil sie „pornografische Schriften“ verbreiteten und „sexuelle Handlungen“ förderten. Die Staatsanwaltschaft Meiningen stellte das Ermittlungsverfahren schon nach wenigen Wochen ein: Die Juristen sahen damals die Tatvorwürfe nicht hinreichend belegt.

Für CDU-Mann Pröfrock sind die Missbrauchsfälle eine Spur, wie sich der NSU finanziert haben könnte: „Ermittler haben nachgewiesen, dass das Geld aus den Banküberfällen nicht ausreichte, damit das Trio damit seinen Lebensunterhalt bestritt. Insofern müssen wir uns die Frage stellen, ob sich die Rechtsterroristen womöglich mit der Zuhälterei von Kindern finanziert haben.“

Aus dem Kinder missbrauchenden Umfeld des NSU führt auch eine Spur nach Baden-Württemberg: Auf einer von Uwe Mundlos angefertigten Liste mutmaßlicher Kontaktpersonen des Trios findet sich auch ein Ludwigsburger. Er ist der Polizei auch wegen Kindesmissbrauchs bestens bekannt.