Motivierte Lehrer braucht das Land – die aktuellen Diskussionen tragen nicht dazu bei. Foto: dpa

Reichen die Lehrer für den Unterricht? Zu Beginn des neuen Schuljahres ist das umstritten. Kultusministerin hält Pflichtunterricht für gesichert.

Stuttgart - Eigentlich müssten die Schulen in neuen Schuljahr sogar besser versorgt sein, sagte Margret Ruep, Amtschefin des Kultusministeriums. Obwohl die Zahl der Schüler in Baden-Württemberg um voraussichtlich 51.000 zurückgehe, seien fast alle frei gewordenen Stellen wiederbesetzt worden. Insgesamt kommen auf 4200 Stellen rund 4700 Junglehrer in den Schuldienst. Zudem wird die Lehrerreserve um 200 auf 1466 Stellen erhöht, die Mittel für Krankheitsvertretung werden um 3,7 Millionen auf 75,5 Millionen Euro aufgestockt. Damit sei der Pflichtunterricht gesichert. Gymnasien und Realschulen erhielten zusätzliche Stunden für die individuelle Förderung.

Wie es in den kommenden Jahren weitergeht, ließ die Ministerialdirektorin allerdings offen. Die Haushaltsberatungen seien in vollem Gange, „ich kann und will dem nicht vorgreifen“, so Ruep. In den nächsten Tagen wird in der Haushaltsstrukturkommission und bei Klausurtagungen der Fraktionen darüber verhandelt, welche Kürzungen von 2013 an vorgenommen werden. Vor den Sommerferien hatte die Landesregierung angekündigt, dass bis zum Jahr 2020 rund 11.600 der rund 95.000 Lehrerstellen gestrichen werden. Es werde deshalb nicht möglich sein, „den Koalitionsvertrag eins zu eins umzusetzen, der ja sehr umfangreich ist“, sagte Ruep. Deshalb müssten Prioritäten gesetzt werden. Als vorrangige Ziele nannte sie die Unterrichtsversorgung, den Ausbau von Gemeinschaftsschulen, die Frühförderung und mehr Ganztagsschulen. Am Montag starten 42 Gemeinschaftsschulen. „Damit sind wir unserem Ziel, jedem Mädchen und Jungen den bestmöglichen Bildungsabschluss zu bieten, deutlich näher gekommen“, so die Amtschefin.

Weitere Lehrer nötig, um Überstunden abzubauen

Die Gymnasiallehrer werfen der Landesregierung vor, die Sparmaßnahmen gingen vor allem auf ihre Kosten. Weil die Grundschulempfehlung nicht mehr verbindlich sei, würden mehr Kinder ohne Gymnasialempfehlung das Gymnasium besuchen. Damit steige der Förderbedarf, erklärte der Landesvorsitzende des Philologenverbands, Bernd Saur. Weitere Lehrer seien auch nötig, damit die Überstunden abgebaut werden könnten. Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, stellte die Berechnungen des Ministeriums infrage. Mehrere Hundert Lehrerstellen würden nicht für den Unterricht, sondern für andere Projekte verwendet. Unter anderem seien 290 Stellen weggefallen, mit dem eingesparten Geld würden pädagogische Assistenten finanziert.

CDU und FDP erklärten, die Landesregierung stehe für „Bildungsabbruch statt Bildungsaufbruch“. „Ergebnis ihrer Politik ist ein kopfloses Geldausgeben, das am Ende der Schaden unserer Kinder sein wird“, sagte CDU-Bildungsexperte Georg Wacker. Sein FDP-Kollege Timm Kern forderte, Grüne und SPD müssten endlich öffentlich einräumen, „dass es nicht gelingen wird, gleichzeitig Lehrer einzusparen, teure Lieblingsprojekte wie die Gemeinschaftsschule zu finanzieren und die Qualität der Bildung zu verbessern“. Unterstützung erhielt Ruep hingegen von der SPD-Fraktion. Bildungsexperte Gerhard Kleinböck bezeichnete den Start der Gemeinschaftsschule als wichtigen Schritt für mehr soziale Gerechtigkeit. „Der Bildungsaufbruch geht also weiter, auch wenn natürlich nicht alles auf einen Schlag möglich ist.“

Nach einer neuen Studie sind viele Eltern mit dem Schulsystem unzufrieden. Die Mehrheit der Eltern fordert demnach den weiteren Ausbau von Ganztagsschulen und eine sechsjährige Grundschulzeit. Die Schulzeitverkürzung an Gymnasien lehnen die Eltern ab. „Dieses klare Bekenntnis zum neunjährigen Gymnasium muss man als Ohrfeige für die Bildungspolitiker aller Parteien und die Kultusministerkonferenz werten“, sagte der Bildungsforscher Klaus-Jürgen Tillmann von der Universität Bielefeld bei der Präsentation in Berlin. Für die repräsentative Untersuchung wurden im Januar bundesweit 3000 Eltern mit schulpflichtigen Kindern im Alter bis zu 16 Jahren vom Sozialforschungsinstitut TNS Emnid befragt.