Unter anderem in Häusern an der Lübecker Straße werden Flüchtlinge wohnen. Foto: Baur

Auf dem Hallschlag sollen rund 140 Flüchtlinge untergebracht werden. Sie leben für zwölf bis 15 Monate in Häusern an der Lübecker und Dessauer Straße, welche die SWSG langfristig abreißen und neu bauen möchte.

Bad Cannstatt - Stefan Spatz ist vorsichtig mit Superlativen. Am Mittwochabend im Bezirksbeirat Bad Cannstatt gebrauchte er dennoch einen. „Die Flüchtlingszahlen entwickeln sich außergewöhnlich dynamisch“, sagte Spatz. Seien die Prognosen im Februar noch von 250 000 sogenannten Erstantragstellern ausgegangen, die nach Deutschland kämen, sei diese Zahl vor zwei Wochen auf 400 000 korrigiert worden. Stuttgart erwartet 3245 Erstantragsteller und 437 Folgeantragsteller. „Wir müssen also noch 1500 Plätze in diesem Jahr schaffen und 3600 bis Ende 2016“, sagte der Leiter des Sozialamts dem Cannstatter Bezirksbeirat. 500 Plätze müssten allein bis Juni geschaffen werden.

Hauptsächlich sollen die Flüchtlinge in Systembauten untergebracht werden, zusätzlich und kurzfristig will die Stadt auch Gebäude nutzen, die die Städtische Wohnungsbaugesellschaft (SWSG) für Abriss und Neubau oder umfassende Modernisierung vorgesehen habe. „Dies ist eine Übergangslösung für zwölf bis 15 Monate“, sagte Spatz. Knapp 140 Flüchtlinge sollen im Lauf des kommenden Monats auf dem Hallschlag untergebracht werden, in Gebäuden im Gebiet Lübecker Straße/Dessauer Straße/Auf der Steig. Dort plant die SWSG den Abriss von 130 und den Neubau von 160 Wohnungen. „In den Wohnungen werden kleinere Arbeiten gemacht, Heizung und Elektrik überprüft sowie Rauchmelder angebracht“, sagte Samir Sidgi, der kaufmännische Geschäftsführer der SWSG. Danach könnten die Flüchtlinge einziehen.

Bezirksbeiräte befürchten Konfliktpoenzial

Auf große Begeisterung stießen die Pläne nicht. Als „semi-geschickt“ bezeichnete es der Bezirksvorsteher, entmietete Wohnungen mit Flüchtlingen zu belegen. Roland Schmid von der CDU sieht Land und Europäische Union in der Pflicht, die Flüchtlinge gerechter zu verteilen. Siegfried Deuschle (SÖS-Linke-Plus) kritisierte, dass in den fraglichen Gebäuden noch Familien wohnten, die wegen der Entmietung Zukunftsängste hätten. „Sie schüren damit Rassismus.“ Gerhard Vehyl (Freie Wähler) und Doris Höh (FDP) sehen ebenfalls Konfliktpotenzial: „Auf dem Hallschlag wurde durch die Soziale Stadt viel erreicht, das darf nicht kaputt gemacht werden“, sagte Höh. Peter Mielert (Grüne) betonte die Pflicht, zu helfen. Martina Buschle (SPD) wollte wissen, wie es um die Betreuung der Flüchtlinge bestellt sein wird.

Grundsätzliche herrschte Konsens darüber, dass Flüchtlingen geholfen werden muss: „Die Situation ist nicht ideal, aber es gibt auch keine Alternativen“, sagte Sidgi. Man müsse nun konsensorientiert arbeiten, statt Gräben aufzuwerfen. Die SWSG werde den Beginn der Bauarbeiten verschieben: Statt Ende 2015 werde nun 2016 mit dem Abriss begonnen, außerdem ändere man die Reihenfolge der Bauabschnitte.