Das Haus samt Zahl unterhalb der Gaisburger Kirche ist weithin sicht Foto: Eva-Maria Bast

Das Geheimnis um die „786“ auf einem Gebäude in Gaisburg ist nicht ganz leicht zu enträtseln. Die Autorin der „Stuttgarter Geheimnisse“ hat es geschafft.

S-Ost - Alles beginnt mit einer Leserzuschrift: Rolf Ehmann schickt eine Mail mit dem Betreff „Hilferuf “ und bittet darum, das Geheimnis der Zahl 786 zu lüften, die seit einigen Jahren riesengroß am Giebel des Hauses Alfdorfer Straße 4 in Gaisburg geschrieben stehe. „Alle meine Bemühungen, die Bedeutung dieser Zahl zu ergründen, waren erfolglos. Wäre diese Aufgabe etwas für Ihr Team?“, fragt der gebürtige Gaisburger. Und ob! Wir suchen nach einer Erklärung dafür, was die Zahl 786 bedeuten könnte. Und werden fündig: Diese Zahl hat vor allem in Pakistan im Islam eine große Bedeutung und wird stellvertretend für „Bismillah“ verwendet. Die Bismillah-Formel „Bismillahi-r-rahmani-r-rahim“, die so viel bedeutet wie, „Im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Gnädigen“, hat einen Zahlenwert von 786: b+s+m+alif+l+l+h+alif+l+r+h.+m+n+i+alif+l+r+h.+i+m= 2+60+40+1+30+30+5+1+30+200+8+40+50+0+1+30+200+8+10+40 = 786.

Jeder Buchstabe bekommt einen Wert zugeordnet, wobei das kurze „i“ am Ende des Wortes „rahmani“ den Wert Null hat. Bei dem vorletzten Buchstaben der Formel, ebenfalls ein „i“, handelt es sich aber um einen Langvokal, dem die Zahl 10 zugeordnet wird. So weit, so gut. Aber was hat das Haus mit Pakistan und dem Islam zu tun?

Alle Autos des ehemaligen Eigentümers haben die 786 im Kennzeichen

Die Klingelleiste an der Haustür ist lang, den Eigentümer finden wir aber nicht. Aber wir haben Glück, denn auf der Straße steht ein Nachbar. Er kann uns zwar nichts zu der Zahl sagen, aber er weiß: „Dieses Haus hat mal einem Pakistani aus Kaschmir gehört. Er hat die Zahl dort oben hingemalt. Aber er hat das Haus verkauft.“ Ein Pakistani! Unsere Theorie scheint bestätigt. Ob er denn wisse, wo der Pakistani heute wohne, fragen wir, aber der Nachbar verneint. Er könne uns jedoch sagen, wo er arbeite.

Auf Umwegen kommen wir schließlich an eine Telefonnummer. Ein Herr Khan nimmt ab, er freut sich über Anruf und Nachfrage – und bestätigt unsere Theorie. Die Zahl stehe wirklich für „Bismillah“ und stelle das Haus damit unter eine Art Schutz. „Auch alle unsere Autos haben die 786 als Nummer“, sagt er.

Eigentlich hätte die ganz Großfamilie dort einziehen sollen

Wir verabreden ein Treffen, zu dem aber nicht Herr Khan, sondern sein Sohn Shabaz erscheint. Denn er war es, der die Zahl 786 an den Giebel malte. Dass die Familie das Haus aus finanziellen Gründen verkaufen musste, macht dem jungen Deutschen pakistanischer Herkunft schwer zu schaffen. Shabaz Khan ist in Stuttgart geboren, hier aufgewachsen und zur Schule gegangen. Sein Vater, der im Alter von 17 Jahren einwanderte, gründete die Pizzeria Avanti Avanti in der Ostendstraße, in der Vater und Sohn gemeinsam arbeiten.

2012 kaufte die Familie das Haus. Shabaz Khan steckte über eineinhalb Jahre viel Geld, Herzblut und Zeit in das Gebäude. „Das Haus gehörte vorher einem alten Mann, dem einzigen Sohn von sieben Kindern. So wie ich auch der einzige Sohn bin und sechs Schwestern habe“, erzählt Shabaz Khan. Schon deshalb habe er sich dem Mann verbunden gefühlt. Bei der Sanierung merkte er aber schnell, dass die Substanz schlechter war als gedacht. Er machte trotzdem weiter. Wenn das Haus fertig wäre, sollte die Großfamilie dort einziehen.

Jetzt hat das Haus Gottes Segen

„Aus Respekt vor dem Haus und auch, weil ich es so ins Herz geschlossen habe, sollte es unter einem Schutz stehen“, erklärt er. Also stellte er ein Gerüst auf, „das allerdings sehr wackelig war, zwei Freunde haben es noch festgehalten, es musste schnell gehen“. Shabaz Khan stand oben und malte die Glückszahl auf. Ihm persönlich brachte sie kein Glück, die Familie musste das Haus ja verkaufen. Trotzdem ist er zufrieden: „Es hat nun Gottes Segen“, sagt er. „Er soll aufpassen auf das Haus. Es ist 130 Jahre alt, hat so viel Geschichte. Und ich finde, wenn etwas 130 Jahre alt ist, dann hat es etwas Schutz verdient.“

Das Buch „Stuttgarter Geheimnisse“ hat knapp 200 Seiten, ist durchgehend bebildert und kostet 14,90 Euro. Erhältlich ist es beim Leserservice von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten an der Geißstraße 4, gleich beim Büro des Stadtleben-Teams (das auch gerne signiert), außerdem im Buchhandel und über die Homepage www.bast-medien.de (portofreier Versand).