Der Geocacher Oliver Schäfer steht im Pressehaus, wo die Tour namens „Meinungsfreiheit“ beginnt. Foto: Rüdiger Ott

Gehen Sie mit uns auf Filder-Jagd. Unser Gewinnspiel bietet attraktive Preise – und Geschichten rund um die moderne Schnitzeljagd. Unterwegs mit dem Profi Oliver Schäfer, der auf einer Route von Gaisburg nach Möhringen erklärt, wie Geocaching funktioniert.

Filder - Der Auszug aus dem Grundgesetz, der auf ein wandfüllendes Plakat im Foyer des Pressehauses geschrieben ist, hat für verschiedene Leute verschiedene Bedeutungen. Für die einen verkürzt die Lektüre die Wartezeit auf einem der Sofas, für die anderen ist die Pressefreiheit eine Verpflichtung, gerade an diesem Ort. Oliver Schäfer gehört zu keiner der beiden Gruppen. Mit einem Blatt Papier in der Linken und einem Kugelschreiber in der Rechten zählt er die Flaggen der Länder, die einen ähnlichen wie den deutschen Artikel fünf in ihrer Verfassung haben. Dass auf dem Plakat auch die Vereinten Nationen und die Europäische Union aufgelistet sind, wird ihm später einen Umweg von zwei, drei Kilometer bescheren.

Schäfer ist Geocacher. Seit ein paar Jahren zieht er immer wieder mit seinem GPS-Gerät durch die Landschaft, um der modernen Variante der Schnitzeljagd zu frönen. Alles, was er dafür braucht, sind die Koordinaten eines bestimmten Ortes, den er finden muss. Die Zahlenreihe tippt er in sein Gerät, und durch automatische Triangulation der Navigationssatelliten landet er wahlweise auf einem See in der deutschen Pampa oder im Dreiländereck von Polen, Russland und Litauen. Seine heutige Reise führt ihn von Gaisburg nach Möhringen, zu Demonstrationszwecken. Der Journalist an seiner Seite will wissen, wie Geocachen funktioniert, und Schäfer hat dafür eine Tour im Internet ausfindig gemacht, die den Namen „Meinungsfreiheit“ trägt und passenderweise im Pressehaus vor dem Plakat beginnt.

Eine Reihe von Rätseln sind zu lösen

„Die Szene ist da gespalten“, sagt er und meint damit, wie mit den Medien umzugehen sei. Manche wollen im Verborgenen suchen, niemand soll davon erfahren. Andere wie Schäfer sind offener. Trotzdem nennt er Nicht-Geocacher Muggel, nach den Menschen in den Harry-Potter-Büchern, die nicht zaubern können und unwissend durch die Welt stapfen. Hernach schreibt er jedenfalls in der Kommentarspalte auf einer Szeneseite, dass er heute mit einem Muggel der schreibenden Zunft unterwegs war.

Zu lösen gilt es eine Reihe von Rätseln. Wann wurde dieses Bild gedruckt, wie viele Tore schoß jener Verein? Alle Fragen können tatsächlich im Foyer des Pressehauses beantwortet werden und ergeben Zahlen, die Schäfer entsprechend der Anweisungen in Koordinaten münzt – unter den wachsamen Augen des Mitarbeiters am Empfang, der keine Ahnung davon hat, was hier gerade geschieht. Mit Hilfe des Muggels und seines Ausweises geht das übrigens recht flugs. Sonst würde sich Schäfer nicht so auffällig verhalten „Man sollte seine Tätigkeit verheimlichen“, sagt er.

Das hat durchaus seine Gründe, und die sind praktischer Natur. Zum einen kommt es bei manchen Leuten gar nicht so gut an, wenn man vor ihrem Haus herumschnüffelt. Schäfer erinnert sich an einen Einzelhändler in der Innenstadt, der so genervt war, dass er die Geocacher irreführenderweise woanders hingeschickt hat. Zum anderen könnten die Caches abhanden kommen, weil ein Unwissender sie findet und in den Müll schmeißt. Caches sind die Orte, die es zu finden gilt. Dort findet sich meist eine versteckte Dose, in der sich neben Kleinigkeiten, die sich die Geocacher auf diese Weise gegenseitig schenken, auch ein Logbuch befindet. In das trägt sich jeder ein, der den Ort gefunden hat, mit Datum, Uhrzeit und Pseudonym.

Genauer schaffen es Militärs

Schäfer zieht los, gefüttert mit Koordinaten und getrieben von der Karte auf seinem GPS-Gerät, und steuert über den Parkplatz hinweg einen Punkt an, der vorerst im Verborgenen liegt. Es geht links, rechts, links und noch mal links.

Ein GPS-Signal ist für Zivilisten nie exakt. „Im besten Fall hat man eine Genauigkeit von drei Metern“, sagt Schäfer. Wer auch immer den Cache erstellt hat – in diesem Fall jemand mit dem Pseudonym Elemmir – bringt ebenfalls eine Ungenauigkeit von drei Metern in die Gleichung. Macht zusammen sechs Meter. Genauer schaffen es die Militärs, doch Schäfer ist keiner von denen. Macht nichts, die Zwischenstation ist auch so offensichtlich, selbst aus 50 Metern Entfernung. Hier gilt es eine Reihe weiterer Rätsel zu lösen, um die Endkoordinaten zu erhalten. Die kreuzen sich in der Märchensiedlung in Möhringen. Das ist ziemlich weit weg. Ob das wohl stimmt?

Schäfer mag Multi-Caches eher weniger. Die heutige Tour ist eine solche, weil sie verschiedene Stationen verbindet, von der die eine zur nächsten führt. Da geht schnell mal was schief. Dann gibt es noch die Rätsel-Caches, die Letterbox-Caches, die Webcam-Caches und viele Variationen. Schäfer mag die Traditionals, auch einfache Caches genannt. Ein Punkt, ein Ziel, das war’s. Dafür sind die anzusteuernden Punkte umso pittoresker. Einmal fand er eine Dose in einer Kloschüssel, kein Witz. „Teilweise geben sich die Leute voll Mühe“, sagt Schäfer. Mitten in einem Wald, versteckt vor Muggelaugen, hatte einer eine Kloschüssel in der Erde vergraben, gut getarnt und nach dem Aufklappen schön geschmückt. Und die Dose in der Schüssel offenbarte sich auch nicht gleich auf den ersten Blick.

Die Caesar-Chiffre hilft

Wie der Geocache-Behälter am Zielort, am Ende des Rübezahlwegs. Schäfer schaut hinter ein Schild, einen Zaun, unter das Gebüsch, doch irgendwas scheint nicht zu stimmen. Für solche Fälle hat der Erfinder der Route einen Hinweis mitgeliefert. Es ist eine wirre Buchstabenkolonne, die sich mit der Caesar-Chiffre knacken lässt. Den Verschlüsselungscode hat schon der römische Herrscher vor mehr als 2000 Jahren benutzt. Ein A bedeutet N, ein V bedeutet I und so weiter, aber auch das hilft nicht wirklich. Schäfer zückt sein Smartphone und geht online. Kommentatoren, die sich an dem Multi-Cache schon versucht haben, berichten davon, das eine der Fragen im Pressehaus missverständlich formuliert sei. Die Vereinten Nationen, die Europäische Union, Sie erinnern sich? Der Fehler ist schnell gefunden, und damit auch die neue Koordinate. Der Pfeil auf der digitalen Karte zeigt wieder zurück in Richtung Pressehaus. Von oben sticht die Sonne. Der Umweg hat viel Schweiß gekostet, offenbart aber auch einen Einblick in das Leben eines Geocachers. Suchen und Finden sind eben zwei verschiedene Dinge.

Seit Dave Ulmer im Jahr 2000 in Portland, Oregon, den ersten Cache an der Position 45° 17’ 28’’ N 122° 24’ 48’’ W″ vergrub, hat sich eine Industrie gebildet. So verkaufen Läden zum Beispiel Petlinge. Das sind eigentlich die Rohlinge, aus denen Kunststoff-Flaschen hergestellt werden. Weil sie wasserdicht und recht klein sind, eignen sie sich aber auch als Dose. Daneben gibt es Travel Bugs, Anhänger mit eingestanzter Nummer, die als Tauschgegenstand in die Dosen gelegt werden und so von den Geocachern durch die Welt getragen werden. Und es gibt Logbücher.

Jenes, das Schäfer in der Hand hält, ist gelb und mit der Größe eines Kaugummistreifens so klein, dass es in den Petling passt. Der wiederum ist so klein, dass er in sein Versteck passt. Schäfer benötigte einige Minuten, um es zu entdecken. Nun zückt er seinen Kugelschreiber und verewigt sich in dem Büchlein. Er ist der 61ste. „Man erkennt die Geocacher daran, dass sie sich auffällig unauffällig verhalten und sich zweimal in der Minute die Schuhe binden, weil sie unter eine Parkbank gucken wollen“, sagt er. In diesem Fall war das aber nicht nötig. Der einzige Muggel weit und breit war der, der selbst mitgesucht hat.

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Geodaten
N 48° 44’27.4 E 9° 5’0.2N 48° 44’39.6 E 9° 11’09.9N 48° 43’39.1 E 9° 8’47.2 N 48° 42’04.4 E 9° 12’57.1N 48° 44’57.7 E 9° 13’14.6N 48° 43’20.1 E 9° 11’58.6