Halb sitzt, halb liegt der Wissenschaftler Andreas Fink in dem Vaihinger Simulator. Foto: IRS

Wer eine virtuelle Sojus-Kapsel steuern will, kann sich für eine wissenschaftliche Studie bewerben. Für diesen Zweck steht auf dem Unicampus in Vaihingen ein Raumschiff-Simulator bereit.

Vaihingen - Zwei Dinge gleich vorweg. Abheben wird das Raumschiff nie. Und steuern sollen es sowieso keine Astronauten, sondern Bäcker, Außendienstler, Erzieherinnen. Die Universität sucht für eine wissenschaftliche Studie Teilnehmer im Alter zwischen 18 und 70 Jahren, die eine virtuelle Sojus-Kapsel fliegen wollen. Der Simulator steht auf dem Vaihinger Campus, in den Räumen des Instituts für Raumfahrtsysteme (IRS). Und über einen Zeitraum von fast einem Jahr sollen die Teilnehmer immer mal wieder dort vorbeischauen, sich vor die Bildschirme setzen und die Steuerknüppel in die Hand nehmen.

„Wenn wir heute darüber reden, dass wir zum Mars fliegen, reden wir über eine lange Transferzeit“, sagt der Wissenschaftler Andreas Fink vom IRS. Hin- und Rückflug dürften drei Jahre dauern. Und die Frage ist, ob die Astronauten „über einen so langen Zeitraum überhaupt in der Lage sind, das Raumschiff zu steuern“. Die Isolation beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit genauso wie die reduzierte Atmosphäre. Denn um Gewicht zu sparen, dürfte in der Kapsel der Sauerstoffgehalt niedriger sein als auf Meereshöhe, vielleicht nur so hoch wie auf einem 4000 Meter hohen Berg.

Jeder Interessierte zwischen 18 und 70 kann mitmachen

Auf zwei Forschungsstationen in der Antarktis, einer britischen und einer französisch-italienischen, bauen die Vaihinger deshalb einen Simulator auf, um die dortigen Ärzte, Mechaniker, Köche und Meteorologen an die Steuerknüppel zu setzen. Denn wer neun Monate in der Antarktis arbeitet, ist zweifelsohne isoliert, und eine der Stationen befindet sich zudem auf einer Höhe von 3200 Metern. Diese Versuchsgruppe soll verglichen werden mit Freiwilligen, die in Vaihingen in einem Nachbau der russischen Raumkapsel Platz nehmen – ganz ohne Isolation und dünne Luft.

Gesucht werden etwa 25 Personen, und „jeder Interessierte kann mitmachen“, sagt Fink, der selbst bald für zwei Monate ins ewige Eis aufbricht. Die Teilnehmer werden so ausgewählt, dass sie der Versuchsgruppe in der Antarktis ähneln, was Alter, Geschlecht und etwa die Neigung zum Sport oder der Zigarette entsprechen. Ausdrücklich ausgenommen von dem Test sind übrigens Studenten.

Bewerbung noch bis zum 22. November möglich

„Wir werden erklären, was Raumfahrt ist und wie das funktioniert“, sagt Fink. Dafür werden die Auserwählten Anfang Dezember zu einer Einführungsveranstaltung eingeladen. Die dauert etwa anderthalb Stunden. Anschließend steht ein etwa zwölfstündiges Training auf dem Programm, verteilt auf mehrere Tage. Dann muss alle paar Wochen der Simulator für eine dreiviertel Stunde gesteuert werden, und die Wissenschaftler werten die Reaktionen aus. Dabei werden zum Beispiel die Herzfrequenz oder die Atmung erfasst. Im Januar 2017 soll die Studie dann abgeschlossen sein.

Wer Teil der Studie sein und ein virtuelles Raumschiff steuern will, kann sich bis zum Sonntag, 22. November, bewerben. Das geht in wenigen Minuten über das Internet unter der Adresse www.irs.uni-stuttgart.de/forschung/Soyuz-Simulator.