Zehn Kinder besuchen die Kinderkrippe Kleinstein des Studentenwerks. Fotos:Universität Hohenheim/Sven Cichowicz Foto:  

Die Universität Hohenheim ist die älteste familiengerechte Hochschule im Land. Kürzlich hat sie das gleichnamige Zertifikat der Hertie-Stiftung zum vierten Mal bekommen. Das allein reicht den Verantwortlichen aber nicht, sie wollen noch mehr für Familien tun.

Hohenheim - Die Kinder merken nichts von den Problemen. Sie toben fröhlich in ihren Einrichtungen auf dem Campus der Universität Hohenheim. Ob sie nun in einer Kita untergebracht sind, in der nur Kinder von Studierenden einen Platz bekommen, oder in einer, die nur Kinder von Eltern mit Stuttgarter Anschrift aufnimmt, ist ihnen beim Spielen, Essen und Schlafen herzlich egal. Nicht aber den Eltern und der Universität. Letztere wurde gerade erst zum vierten Mal zur familiengerechten Hochschule gekürt. Die Freude darüber ist groß, trotzdem wollen die Verantwortlichen noch mehr. Vor allem in Sachen Kinderbetreuung.

„Unser großes Ziel ist es, dass wir auf dem Campus ein Kinderhaus bauen“, sagt Ute Mackenstedt. Sie ist neben ihrer Position als Leiterin des Fachgebiets Parasitologie auch die Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule. Gemeinsam mit Rotraud Konca, der Gleichstellungsreferentin in Hohenheim, kümmert sie sich darum, dass all das, wofür die Universität alle drei Jahre wieder das Siegel „familiengerechte Hochschule“ bekommt, auch gelebt wird.

Älteste familiengerechte Hochschule im Land

Vor zehn Jahren wurde die Universität Hohenheim erstmals ausgezeichnet. „Wir haben als erste Uni in Baden-Württemberg teilgenommen“, sagt Ute Mackenstedt. Deshalb kann sich die Hochschule sogar älteste familiengerechte Hochschule im Land nennen. Die sogenannten familienorientierten Maßnahmen, für die es das Siegel gibt, sind ganz unterschiedlich. Eine ist die Kinderfeuerwehr. Sie springt ein, wenn Eltern spontan Hilfe brauchen. Auch die Hohenheimer Campusferien, eine Ferienbetreuung für Kinder von Studierenden und Mitarbeitern, zählt dazu. Eltern, die noch studieren, dürfen Prüfungen verschieben oder Arbeiten später einreichen.

Aber auch das Thema Pflege von älteren Angehörigen zählt inzwischen dazu. Wie auch das Mentoring-Programm „MentHo“, das Studentinnen und Wissenschaftlerinnen fördert. Es ist eines der Lieblingsprojekte von Ute Mackenstedt und Rotraud Konca. Weil es zeigt, dass zu Familienfreundlichkeit und zur Gleichstellungsarbeit nicht nur die Kinderbetreuung gehört, sondern auch die Möglichkeit für Frauen, Karriere zu machen. „Eine Frau kann auch mit Kindern eine Führungskraft werden“, erklärt Ute Mackenstedt.

Kinderbetreuung ist „die Garnitur auf dem Teller“

Und trotzdem bleibt die Kinderbetreuung eines der größten Themen, das die Universität beschäftigt. Wenn es um die Berufung neuer Professoren geht, sei die Familienfreundlichkeit immer ein Pluspunkt, bestätigt auch der Rektor Stephan Dabbert. „Wann immer wir in den vergangenen zwei Jahren jemanden mit Kindern beriefen, war das Thema Kinderbetreuung auch ein Teil der Verhandlung“, sagt er. „Es ist quasi die Garnitur auf dem Teller“, bestätigt die Gleichstellungsbeauftragte Mackenstedt.

80 Betreuungsplätze für Kinder von null bis sechs Jahren gibt es derzeit auf dem Uni-Gelände, verteilt auf fünf Einrichtungen. Diese reichen nicht aus, die Wartelisten sind lang. „Gerne würden wir auf 130 Plätze erweitern“, sagt Ute Mackenstedt. Und eben alle Einrichtungen in einem Kinderhaus zusammenführen. Nach einem Bauplatz auf dem Campus werde bereits gesucht. Doch das nötige Geld fehlt. „Es geht nur, wenn wir einen Sponsor finden“, sagt Ute Mackenstedt. Auch in diese Richtung würden die Gespräche laufen.

Das Ziel eines eigenen Kinderhauses wäre auch, die Betreuungszeiten auszudehnen. „Wir müssen die Randzeiten abdecken“, sagt Rotraud Konca. Seminare und Vorlesungen dauerten immer häufiger bis in die Abendstunden. Nur so könnten sich Mütter und Väter ihren Studien und auch Frauen ihrer Karriere widmen.

Über das Audit:

Zertifikat
: Die Auszeichnung „familiengerechte Hochschule“ ist eines der vier Audits, die die berufundfamilie gGmbH der Hertie-Stiftung verleiht. Die gGmbH zertifiziert neben Hochschulen auch Unternehmen, Institutionen und Kommunen in puncto Familiengerechtigkeit.

Auszeichnung:
2004 wurde die Universität Hohenheim als erste Hochschule in Baden-Württemberg und zum ersten Mal zertifiziert. Alle drei Jahre wird seither reauditiert. Die Uni schreibt sich jedes Mal neue Ziele auf die Fahnen, die sie Stück für Stück umsetzt.