Auf der Fachtagung zur mobilen Jugendarbeit diskutierten Experten in Stuttgart Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Am Dienstag diskutierten Jugendarbeiter, Forscher und Schuldirektoren im Hospitalhof die Zukunft der mobilen Jugendarbeit. Klar ist: Um Jugendliche auch künftig zu erreichen, braucht es neue Ansätze. Eine Studie zeigt, welche das sein könnten.

Stuttgart - So wie sich die Lebenswelt von Jugendlichen in den vergangenen Jahren massiv gewandelt hat, so muss sich auch die Jugendarbeit in Stuttgart verändern. Das war die Kernaussage der Fachtagung zur sogenannten mobilen Jugendarbeit, die der Caritasverband, die Evangelische Gesellschaft (eva) und die beiden Kirchen am Dienstag im Hospitalhof veranstaltet haben.

„Zunächst haben sich die Aufenthaltsorte der Jugendlichen in letzter Zeit stark verschoben“, sagte Professor Thomas Meyer, Sozialwissenschaftler an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart. Der Forscher verantwortet eine Studie, die er auf der Fachtagung präsentierte. „Früher hielten sie sich in erster Linie in ihren Stadtteilen auf. Heute zählen vor allem zentrale Lagen in der Stadt zu beliebten Orten, etwa die Theodor-Heuss-Straße oder das Einkaufszentrum Milaneo“, sagte Meyer.

Solche Erkenntnisse erklärten sich aus der Alltagsbeobachtung heraus. Das Institut für angewandte Sozialwissenschaften hat jedoch in einer anderthalbjährigen Studie untersucht, wie sich die Jugendarbeit konkret wandeln muss, um der neuen Situation gerecht zu werden. Eines der Ergebnisse der Untersuchung, die vor allem auf Experteninterviews fußt: Die bisher sauber auseinandergehaltenen Berufsbilder des mobilen Jugendarbeiters und Schulsozialarbeiters wachsen zunehmend zusammen.

Lange Tradition der mobilen Jugendarbeit

„Auch die Schulsozialarbeiter sollten nach den Prinzipien der Mobilen Jugendarbeit handeln, also den Zugang zu den Kids über ein freiwilliges und niedrigschwelliges Angebot herstellen – eben das, was den mobilen Jugendarbeiter auszeichnet“, forderte Meyer. Denn die Bereitschaft der Jugendlichen sei entscheidend, wenn es darum geht, Hilfsangebote zu machen, so der Stuttgarter Sozialwissenschaftler.

Die mobile Jugendarbeit in Stuttgart hat eine lange Tradition und besteht seit fast 50 Jahren. Als „Stuttgarter Modell“ entstand sie als Ergänzung zur konventionellen Jugendarbeit und etablierte sich in vielen anderen deutschen Städten. In Stuttgart betreuen rund 80 Mitarbeiter in 17 Stadtteilteams mehr als 2700 Jugendliche,

Indes kommen neue Zielgruppe hinzu. „Stark wachsend ist der Anteil der jugendlichen Flüchtlinge, die Betreuung brauchen. Sie machen bereits jetzt ein riesiges Feld aus, das noch weiter wachsen dürfte“, beobachtet Thomas Meyer. Für sie müssten neue Angebote der Gruppenarbeit entstehen. „Und es muss Weiterqualifizierungen geben.“

Uneinigkeit über Stellenaufbau

Einige Stadträte diskutierten auf der Fachtagung mit Jugendarbeitern, Schuldirektoren und Fachleuten von Jugendamt und freien Trägern. Uneinigkeit herrschte über die Frage, ob das Jugendamt zusätzliche Stellen für die Arbeit mit Jugendlichen schaffen sollte.

Stadtrat Vittorio Lazaridis (Grüne) forderte, dass sich die Jugendarbeit künftig auch auf Gymnasien konzentrieren sollte. „Insbesondere hier sind wir noch lange nicht dort, wo wir sein wollen.“ Die SPD-Stadträtin Judith Vowinkel sah es anders. Sie setzte sich dafür ein, dass die Jugendarbeiter verstärkt Schulabbrecher in den Blick nehmen, also außerhalb der Schule tätig sind.

Zur Mäßigung rief Rosa von Stein (Freie Wähler) auf. „Bevor wir eine neue Stelle nach der anderen schaffen, sollten wir darüber nachdenken, ob nicht auch eine Umverteilung innerhalb der Jugendarbeit sinnvoll ist.“