Die Bundeswehr steht vor einem Einsatz im Niemandsland – die Grenzen zu Syrien, dem Irak und Saudi-Arabien sind nicht weit. Foto: Matthias Schiermeyer

Jordanien will künftig die deutschen Tornado-Einheiten aufnehmen, die sich am Kampf gegen den IS beteiligen. Bisher ist die Regierung in Amman ein unverzichtbarer Partner. Doch tut sich das Land mit der Flüchtlingskrise immer schwerer. Das schafft auch Sicherheitsprobleme.

Stuttgart - Hundert Kilometer östlich der jordanischen Hauptstadt Amman werden künftig die deutschen Tornado-Kampfjets stationiert, die im türkischen Incirlik praktisch nicht mehr erwünscht sind. Der neue Stützpunkt Al-Azraq liegt mitten in der Wüste. Außer einem alten Schloss von schwarzem Basalt, das Lawrence von Arabien während der arabischen Revolte 1917/1918 als Hauptquartier nutzte, und einer Oase mit Naturreservat gibt es hier nichts, was die Einöde auflockert. 20 Kilometer nördlich des Ortes Al-Azraq hat die Regierung das zweitgrößte Flüchtlingscamp des Landes für 36 000 Menschen ins Niemandsland gepflanzt. Es ist für diese – wenn man so will – Schutzraum und gigantisches Freiluftgefängnis zugleich.

Die Niederländer und Belgier waren schon da

Von hier aus also wird die Bundeswehr künftig ihre Aufklärungsflüge über Syrien und dem Irak starten. Dafür müssen etwa 270 Soldaten plus 10 000 Tonnen Material in 180 bis 200 Containern nach Jordanien gebracht werden. Bis zu drei Monate kann der Umzug für die sechs Tornado-Jets dauern, der zur Luftbetankung benötigte Airbus A310 dürfte schon Mitte Juli seine Mission vom neuen Einsatzort erfüllen.

Bei null fangen die Deutschen auf der Muwaffaq Salti Luftwaffenbasis nicht an, denn Belgier, Niederländer oder Amerikaner beteiligen sich dort seit Jahren am Kampf gegen den „Islamischen Staat“. Die Infrastruktur ist vorhanden. Fliegerisch bietet Al-Azraq durchwachsene Bedingungen. Im Sommer kann es sehr heiß werden, im Winter kalt. Doch sind Syrien im Norden und Saudi-Arabien (mit der einzig geöffneten Grenze) im Süden nur 50 Kilometer entfernt. Der Irak ist in 240 Kilometern zu erreichen. Es ist auch ein Einsatz relativ kurzer Flüge.

Vom Königspaar noch zusammengehalten

Jordanien ist als Hüter der Stabilität in einer eruptiven Region ein unverzichtbarer Partner. Daher umsorgt Berlin die Regierung in Amman seit Längerem und völlig losgelöst vom Truppenumzug – als „Bollwerk gegen den Terror“ und nicht zuletzt als Bollwerk gegen neue Flüchtlingsströme. Im Dezember übergab Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen 16 Schützenpanzer vom Typ Marder für den Grenzschutz. Weitere sollen folgen. Zudem wurden 70 Lastwagen und 56 Kleinbusse zugesagt. Im Rahmen der sogenannten „Ertüchtigungsinitiative“ wird Amman über zwei Jahre mit 88 Millionen Euro gefördert, die vor allem in die Rüstung gehen. Deutschland gehört ferner zu den Hauptgeldgebern bei den Aufbau- und Ernährungsprogrammen.

Zusammengehalten wird Jordanien zwar vor allem von König Abdullah und Königin Rania, die sich gern volksnah geben und sehr beliebt sind. Doch unter der Oberfläche tun sich Risse auf. Der auch militärisch forcierte pro-westliche Kurs von Königshaus und Regierung wird von Islamisten immer öfter in Frage gestellt, selbst wenn es keine echte Opposition gibt. Und Kritik am Königshaus ist untersagt.

Vor allem ächzt das Land schwer unter der Flüchtlingskrise: 1,3 der momentan 9,5 Millionen Einwohner stammen aus Syrien, 300 000 aus dem Irak. Dies und die Wirtschaftskrise mit hoher Jugendarbeitslosigkeit schwächen auch die Sicherheit. Die Regierung unternimmt viel gegen die Terrorrisiken, indem sie – im Prinzip zumindest – zum Beispiel keine syrischen Flüchtlinge mehr ins Land lässt. Dennoch töteten im Dezember 2016 vier IS-Attentäter an der mittelalterlichen Festung von Kerak zehn Menschen. Und die Gefahr weiterer Anschläge scheint zu wachsen. Zunehmende politische Spannungen würden den Einsatz der deutschen Soldaten nicht unberührt lassen.