Ein Lang-Lkw fährt für Daimler – aber nur in Bayern Foto: StN

In die Diskussion um die Zulassung von Lang-Lkw im Land kommt Bewegung. Die SPD will ihre bisherige Position überdenken und fordert dies nun auch öffentlich vom Koalitionspartner. Die Grünen bleiben skeptisch.

Stuttgart - Bei einem Daimler-Besuch vor einigen Tagen hat sich Verkehrsminister Winfried Herrmann die Argumente des Nutzfahrzeughersteller, die für einen Einsatz von Lang-Lkw auch sprechen, noch einmal erläutern lassen. Daimler hatte Anfang November einen Antrag auf Sondergenehmigung für 17 Strecken zu den eigenen Werken eingereicht. Diese führen teilweise auch durch das Land, etwa von Nagold zur Sprinter-Fertigung in Düsseldorf. Der Autobauer verspricht sich davon 9500 Lkw-Fahrten pro Jahr weniger und eine CO2-Ersparnis von knapp 2700 Tonnen. An der ablehnenden Haltung der Grünen hat auch der Termin bei Daimler offenbar nichts geändert. Hermann ist weiter gegen eine Sondergenehmigung. Eine weitere Verlagerung des Güterverkehrs von der Schiene auf die Straße schade der Infrastruktur der Straßen und Brücken. Zwar werde der Antrag ernsthaft geprüft, aber im Fall einer Zustimmung bestehe kein Grund, etwa Bosch und Porsche davon auszuschließen. „Dann würde die Ausnahme zur Regel“, sagte er.

Obwohl im Koalitionsvertrag vereinbart ist, sich nicht an dem bundesweiten Feldversuch zu den XXL-Lastern zu beteiligen, erhöht die SPD jetzt aber den Druck. „Weil es eine neue Faktenlage bei den Lang-Lkw gibt, wollen wir mit dem Koalitionspartner reden“, sagte Verkehrsexperte Hans-Martin Haller am Freitag. „Ein einfaches Nein hilft jetzt nicht mehr weiter.“ Die SPD sei im Lichte neuer Erkenntnisse bereit, ihre seitherige Position zu überdenken. Auch Wirtschaftsminister Nils Schmid klinkt sich in die Diskussion ein. „Die Vereinbarung im Koalitionsvertrag ist bekannt und gilt. Sollte sich hier bei unserem Koalitionspartner eine neue Offenheit andeuten, werden wir uns Gesprächen sicher nicht verweigern“, sagte er am Freitag unserer Zeitung.

Das Bundesamt für Straßenwesen hatte im September einen Zwischenbericht zum seit Anfang 2012 laufenden Feldversuch mit Lang-Lkw vorgelegt. Zu den Ergebnissen gehören Kraftstoffersparnisse bis zu 25 Prozent, kein erhöhter Aufwand für die Erhaltung der Infrastruktur und keine Verlagerungen von der Schiene auf die Straße.

„Die Fahrzeuge fahren sicher und unauffällig im Verkehr mit“, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zu dem Bericht. Der Test umfasst hauptsächlich Autobahnstrecken und soll bis Ende 2016 dauern. Derzeit beteiligen sich laut Bundesanstalt für Straßenwesen 39 Unternehmen mit 85 Lang-Lkw in verschiedenen Ausführungen. Sie sind mit bis zu 25 Meter rund sieben Meter länger als ein herkömmlicher Sattelzug.

Die Grünen-Fraktion im Land reagierte prompt auf den Vorstoß der SPD. Man sei in Sachen Güterverkehr, Logistik und Lang-LKW seit Jahren im guten Dialog mit Wirtschaft und Verbänden. „Wir freuen uns, dass jetzt auch die SPD im Gespräch ist“, sagte Verkehrsexperte Andreas Schwarz. Es gebe ein schriftliches Gesprächsangebot an Daimler gemeinsam von Minister Hermann und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).

Bei Daimler reagiert man zurückhaltend auf die unterschiedlichen Bewertungen innerhalb der Koalition. „Wir sind weiterhin in sehr konstruktiven Gesprächen mit der Landesregierung, um mit Lang-Lkw Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen“, sagte ein Sprecher unserer Zeitung. „Fahrten durch Städte kommen für uns nicht in Frage. Es geht nur um Autobahnstrecken, die mit der Schiene gar nicht bedient werden können.“