Eine große Fläche der Feuerbacher Heide wird von Baggern beackert. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Im Zuge des Projekts Stuttgart 21 müssen Tausende Eidechsen umgesiedelt werden. Die Stadt Stuttgart stellt dafür eine Fläche am Killesberg zur Verfügung. Anwohner kritisieren jetzt die umfangreichen Baumaßnahmen.

Stuttgart - Der Anblick wirkt irritierend: Teile der sonst so grünen Feuerbacher Heide am Killesberg sind mit Zäunen abgetrennt. Dahinter arbeiten sich Bagger durch die Wiesen, umgeben von Steinhaufen enormer Ausprägung. Wo die Maschinen fertig sind, hinterlassen sie ein rund zwei Meter hohes Band aus Kalkgestein unterschiedlicher Körnung. Eine Großbaustelle im Naherholungsgebiet. Doch wofür?

Das fragen sich zumindest viele Anwohner und Passanten, seit die Arbeiten rechts und links der Straße Am Tazzelwurm vor einigen Wochen begonnen haben. Einer von ihnen hat jetzt einen offenen Brief an die Stadt Stuttgart, das Regierungspräsidium, das Umweltministerium und die Bahn AG geschrieben. Man habe sich erst bei den Arbeitern erkundigen müssen, um zu erfahren, dass hier ein Habitat für Eidechsen entstehe, die im Zuge der Arbeiten am Bahnprojekt Stuttgart 21 umgesiedelt werden müssen, klagt Wolfgang Rolli. Er fordert in dem Brief Antworten auf mehrere ungeklärte Fragen. Zum Beispiel die, wie sich das Landschaftsschutzgebiet mit einer solchen Maßnahme verträgt oder wie es zu diesem Standort gekommen ist.

„Genau auf dieser Fläche weiden seit vielen Jahren die Schafe, um diese einzigartige Heidelandschaft zu erhalten“, so Rolli. Jetzt sei das Gebiet verschandelt. Die Aufregung unter Spaziergängern und Anwohnern sei groß. „Tierschutz ist ja wichtig, aber wir fragen uns, ob hier der Artenschutz über den Naturschutz gestellt wird“, so Rolli. Seiner Meinung nach hätte es geeignetere Flächen gegeben – zumal ihm diverse Experten unter der Hand gesagt hätten, dass das Vorhaben unsinnig sei. „Am meisten aber ärgert uns, dass niemand vorher informiert worden ist und es noch nicht einmal Bauschilder gibt.“

Bis zu 1800 Eidechsen könnten umziehen

Hellauf begeistert waren auch große Teile des Gemeinderats nicht, als die Stadt im Mai dort verkündet hat, der Bahn das Gelände zur Verfügung stellen zu wollen. Land und Regierungspräsidium hatten darum gebeten, damit endlich Klarheit in die Frage kommt, wohin streng geschützte Mauereidechsen aus Obertürkheim umgesiedelt werden können. Zunächst 360, später bis zu 1800 der Tiere hätten am Killesberg Platz.

„Es handelt sich um eine öffentliche Fläche, die nicht im Landschaftsschutzgebiet liegt“, sagt Stadtsprecher Sven Matis. Sowohl der Gemeinderat als auch der Bezirksbeirat seien mit dem Thema befasst gewesen. „Aus Sicht des Umweltschutzes erschien diese Fläche für die Umsiedlung geeignet“, so Matis. Es würden auch keine Bäume dafür gefällt. Vorgabe sei außerdem, dass dort weiterhin eine Beweidung durch Schafe möglich sein muss. Was die direkte Information der Anwohner betrifft, sei die Stadt außen vor: „Es ist ja nicht unsere Baumaßnahme.“

Die Bahn verweist ebenfalls auf die Vorstellung der Pläne in den städtischen Gremien. Darüber hinaus habe man einige wenige Anfragen von Bürgern bekommen und telefonisch beantwortet, sagt ein Projektsprecher. Die Tiere sollten bei der Umsiedlung möglichst innerhalb ihres Verbreitungsgebiets im Raum Stuttgart bleiben. Die Fläche am Killesberg sei dafür gut geeignet. „Die Ausführung erfolgt auf der Grundlage artenschutzrechtlicher Erkenntnisse, ist mit den beteiligten Behörden und Ämtern abgestimmt und wird von einer Fachfirma umgesetzt“, so der Sprecher. Einziehen können die ersten Tiere wohl im Spätsommer.