Mit den Neubauten wird die Sporerstraße begradigt. Foto: Behnisch Architekten

Fast sechs Jahre nach der ersten Ankündigung steht das Handelshaus Breuninger vor der Umsetzung seiner Neubaupläne am Karlsplatz. In den nächsten drei Monaten soll ein Vertrag mit der Stadt zu allen Details für das 200 Millionen Euro teure Vorhaben geschlossen werden.

Stuttgart - Spätestens in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 24. Juli soll der Gemeinderat den Bebauungsplan Dorotheen-/Karlstraße für Breuninger genehmigen. Er setzt die Grenzen, in denen das Traditionshaus auf 2,12 Hektar künftig das Stadtbild zwischen Karls- und Marktplatz mit neuen Büros und Handelsflächen bestimmen wird.

Breuninger hat dem Baurechtsamt der Stadt aktuell seine Abrisspläne für die Häuser Holzstraße 19, 21, 23 und Sporerstraße 25 mitgeteilt. Abgerissen wird auch die Dorotheenstraße 6, das alte Innenministerium am Karlsplatz. Breuninger hat es über seine EKZ Grundstücksverwaltungs GmbH für rund 29 Millionen Euro vom Land erworben. 440 bisher hier beheimatete Mitarbeiter der Behörde sind in den Neubau an der Willy-Brandt-Straße gezogen. Weil Breuninger seine Büros am Stammsitz saniert, wird das alte Innenministerium der kompletten Verwaltung bis Jahresende als Ausweichquartier dienen. Vom Umzug in der kommenden Woche betroffen sind laut Firmensprecher Christian Witt 350 Mitarbeiter.

Die Pläne des Handelshauses betreffen auch das frühere Hotel Silber in der Dorotheenstraße 10. Auch dieses sollte in den ersten Überlegungen des früheren Breuninger-Chefs Willem van Agtmael den Neubauten weichen. Hier will Breuninger nun offenbar längerfristig Büros anmieten. Ein Antrag auf Umbau wurde gestellt. Das in Teilen historische Gebäude gehört dem Land. Gemeinsam mit der Stadt will es in der ehemaligen Gestapo-Zentrale auf 1000 Quadratmetern eine Gedenkstätte für die Opfer des Nazi-Terrors einrichten. Büroräume in den Obergeschossen blieben aber erhalten.

Anspruch einer „qualitätvollen Dachlandschaft“

Bevor der Bebauungsplan Dorotheen-/Karlstraße gültig wird, muss Breuninger mit der Kommune einen städtebaulichen Vertrag abschließen. Mit ihm sichern Verwaltung und Gemeinderat zum Beispiel ab, wie die Fassaden und Dächer der drei großen Neubaublöcke aussehen sollen. Die markante, voll verglaste Dachlandschaft war und wird kontrovers diskutiert, die bisher gleichartig gehaltenen Fassaden ebenso.

Dem Vertag werde eine „sehr detaillierte Planung zugrunde liegen“, sagt Carolin zur Brügge, die zuständige Abteilungsleiterin im Stadtplanungsamt. Der Interpretationsspielraum soll also möglichst klein gehalten werden. Das Stuttgarter Büro Behnisch Architekten habe vor wenigen Wochen neue Vorschläge für die Fassaden geliefert. „Mit der gewünschten Differenzierung für die drei Neubauten ist begonnen worden“, sagt zur Brügge, man sei „auf gutem Weg“. Der Anspruch sei, „dass die Dachlandschaft qualitätvoll wird“. Dazu brauche es „weitere Darstellungen auch für den Technikausschuss des Gemeinderats“. Die Dächer stiegen vom Karlsplatz aus mit Traufhöhen von 18 Meter in Richtung Breuninger-Stammhaus bis auf 35 Meter an.

Genaue Festschreibungen soll es für Breuninger auch zur Zahl von oberirdischen Stellplätzen zum Beispiel gegenüber der Markthalle, in der Karlstraße oder der Dorotheenstraße geben. 47 der bisherigen 113 fallen weg. Ersatz ist in der rund 400 Plätze fassenden Tiefgarage vorgesehen. Auch Zahl und Lage von Abstellplätzen für Fahrräder und Ersatzpflanzungen für zu fällende Bäume werden vereinbart.

Keine Wohnhäuser in der Umgebung

Der Entwurf des Bebauungsplans war bis Mitte Februar öffentlich ausgelegt worden. Weil der zuvor geforderte Erhalt des Hotels Silber gesichert gewesen sei, habe es „keine neuen Bedenken“ und keine Einwendungen von Nachbarn gegeben, sagt zur Brügge. Nachbarn sind allerdings, da es in der Umgebung keine Wohnhäuser gibt, auch rar gesät.

Mit der Eröffnung des zunächst Da Vinci und nun Dorotheenquartier benannten Projekts wollte Willem van Agtmael dem kommenden Milaneo-Einkaufszentrum hinter dem Hauptbahnhof eigentlich zuvorkommen. „Ich plädiere nicht für Klein-Klein“, hatte van Agtmael 2007 sein Projekt selbstbewusst angekündigt. Dieses vom Hamburger Handelsgiganten ECE gemanagte Zentrum wird mit rund 200 Shops auf 43.000 Quadratmeter Ende 2014 eröffnen. Am Karlsplatz werden die ersten neuen Läden nach drei Jahren Bauzeit bestenfalls zum Weihnachtsgeschäft 2016 fertig.

Breuninger kommt heute auf rund 35.000 Quadratmeter, wächst mit dem Dorotheenquartier aber in eine neue Dimension. Die Handels- und Gastronomieflächen in den drei Neubauten, die vermietet werden sollen, summieren sich auf 13.100 Quadratmeter. ECE wird damit letztlich überboten. „Wir haben keinen externen Partner, die Immobilien sollen im Besitz von Breuninger bleiben“, weist Witt auf einen weiteren Unterschied zu den Hamburgern hin. Für Büros sind laut Bebauungsplan im Dorotheenquartier 25.940 Quadratmeter reserviert. Das Land zeigt Interesse. „Es gab Gespräche“, so Witt. 22 Mietwohnungen mit Größen von 70 bis 230 Quadratmeter ergeben weitere 3150 Quadratmeter. Von Klein-Klein kann tatsächlich keine Rede sein.