Der italienische Schriftsteller Umberto Eco starb im Alter von 84 Jahren. Foto: Archiv/dpa

Zur Schriftstellerei fand Professor Umberto Eco erst recht spät. Sein erster Roman wurde gleich zum Welterfolg. Nun ist die Stimme des italienischen Literaten und Wissenschaftlers für immer verstummt.

Rom - Millionen von Lesern hat Umberto Eco auf eine literarische Reise ins Mittelalter geführt. Er nahm sie mit in die fremde Welt einer Benediktinerabtei im italienischen Appenin, wo der Mönch William von Baskerville im frühen 14. Jahrhundert eine grausige Mordserie aufklärt. Unter dem Titel „Der Name der Rose“ wurde der Roman ein Riesenerfolg und machte den Professor mit einem Schlag weltberühmt. Seinem ersten Roman folgten noch etliche weitere. Am Freitag ist Umberto Eco im Alter von 84 Jahren gestorben.

Als Eco sich das erste Mal als Romanautor versuchte, war er schon ein gestandener Wissenschaftler und Publizist. Geboren wurde er am 5. Januar 1932 als Sohn eines Buchhandlers in der schmucken Provinzstadt Alessandria in Piemont. In Turin studierte er Philosophie und Literaturgeschichte. Nach dem Abschluss 1954 arbeitete er einige Jahre als Kulturredakteur beim staatlichen Fernsehen RAI, danach wurde er Lektor des Mailänder Verlagshauses Bompiani. 1971 wurde er als Professor für Semiotik (Zeichentheorie) an die Universität Bologna berufen, wo er 1975 den Lehrstuhl bekam.

Kein Wissenschaftler im Elfenbeinturm

Schon 1956 hatte Eco sein erstes Buch veröffentlicht, Thema war „Die Frage der Ästhetik beim Heiligen Thomas“. Er fühlte sich aber nie zum Wissenschaftler im Elfenbeinturm berufen, sondern mischte auch im öffentlichen Leben seines Landes wortstark mit. Der streitbare, aber unorthodoxe Linke schrieb Artikel für die linke Zeitung „Il Manifesto“ - zeitweilig unter dem Pseudonym „Dedalus“ - und zählte 1979 zu den Mitbegründern der literarischen Monatszeitung „Alfabeta“.

Bis ins hohe Alter war er Kolumnist bei einer Reihe italienischer Tageszeitungen und dem Wochenmagazin „L’Espresso“. Gemeinsam mit Gleichgesinnten gründete er 2002 die Gruppe „Libertà e Giustizia“ („Freiheit und Gerechtigkeit“), die sich als intellektuelle Opposition gegen die Politik des langjährigen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi verstand.

Der Professor ging schon auf die 50 zu, als er seinen ersten Roman schrieb. In der „Der Name der Rose“ (1980) konnte er sein enzyklopädisches Wissen spielerisch umsetzen und in eine spannende Geschichte packen. Manche sprachen von einem „Kultbuch“. Es wurde in Dutzende Sprachen übersetzt und mit Sean Connery in der Hauptrolle kongenial verfilmt. Seitdem kannte man Eco in aller Welt.

Lust an der Fiktion

Einige Jahre später präsentierte er mit „Das Focaultsche Pendel“ (1988) seinen zweiten Roman, mit dem er aber nicht an den Erfolg der „Rose“ anknüpfen konnte - für ein Multitalent wie Eco wohl verschmerzbar. Die Lust an der Fiktion verlor der Piemontese nicht und legte im Abstand von - grob gerechnet - jeweils einem halben Jahrzehnt einen neuen Roman vor: „Die Insel der verlorenen Tage“ (1994), „Baudolino“ (2000), „Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana“ (2004) und „Der Friedhof in Prag“ (2010).

Immer wieder ging es auf Zeitreise in zum Teil recht weit zurückliegende Epochen. In „Nullnummer“ (2015) dagegen befasste Eco sich mit Presse und Politik im Nachkriegsitalien. Er siedelte die Handlung lediglich zwei Jahrzehnte früher, im Jahr 1992, an. In einem „Zeit“-Interview nannte er dafür auch pragmatische Gründe: 1992 hatte die Ära des Internets noch nicht begonnen.

Buch über das Romaneschreiben

Nach seinen ersten sechs Romanen schrieb Eco auch noch ein Buch über das Romaneschreiben. Seine Reflexionen über Schreiben und Literatur erschienen kurz vor seinem 80. Geburtstag auf Deutsch unter dem Titel „Bekenntnisse eines jungen Schriftstellers“ (2011). Damit meinte er sich selbst. Denn weil er seine literarische Karriere so spät begonnen habe, sei er noch „ein ziemlich junger und sicher vielversprechender Romancier“, schrieb Eco mit einem Augenzwinkern.