Die angedrohte Offensive gegen die Bewaffneten bleibt zunächst aus. Wie will die Regierung in Kiew der prorussischen Separatisten in der Ostukraine Herr werden? Foto: dpa

Die EU-Außenminister helfen der Ukraine mit einer Milliarde Euro – und zeigen Moskau erneut die gelbe Karte

Kiew/Luxemburg - Ultimaten, Drohungen und Lockangebote: Die ukrainische Übergangsregierung setzt im Kampf gegen prorussische Separatisten im Osten des Landes auf eine Strategie aus Zuckerbrot und Peitsche. Interimspräsident Alexander Turtschinow schlug am Montag ein nationales Referendum über den Aufbau des Staates im Innern sowie den künftigen internationalen Status vor. Es solle am 25. Mai zusammen mit der geplanten Präsidentenwahl stattfinden, erklärte Turtschinow. Volksabstimmungen zählen zu den zentralen Forderungen der bewaffneten Kämpfer, die seit Tagen in zahlreichen Städten der Ostukraine in ihrer Gewalt haben.

Zugleich drohte Turtschinow den Besetzern erneut mit einem massiven „Anti-Terror-Einsatz unter Beteiligung der Armee“. Am Vorabend hatte der Präsident den Aufständischen ein Ultimatum bis Montagmorgen 8 Uhr Ortszeit gestellt. Doch wie schon am Freitag ließ die Interimsregierung die Frist auch zu Wochenbeginn zunächst folgenlos verstreichen. Ein Sprecher der Separatisten in Slawjansk mutmaßte, die Führung in Kiew wolle „Zeit schinden, um Truppen in den Osten zu verlegen“.

Die Europäische Union wird möglicherweise schon in der kommenden Woche umfassende Wirtschaftssanktionen gegen Russland beschließen. Die EU, die USA und die proeuropäischen Kräfte in der Ukraine geben Russland die Schuld an der instabilen Lage im Osten der früheren Sowjetrepublik.

Timoschenko fordert „direkte militärische Hilfe“

„Wir müssen feststellen, dass es im Osten und im Südosten der Ukraine Aktionen von großer Gewalt gibt, die organisiert sind“, sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius am Montag nach einem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg. „Und ganz besonders scheint es klar zu sein, dass Russland eine Verantwortung für diese Gewalt trägt. Davon ausgehend müssen wir handeln.“

Die Außenminister der 28 EU-Länder hatten zuvor eine Finanzhilfe in Höhe von einer Milliarde Euro für die vom Staatsbankrott bedrohte Ukraine freigegeben und zugleich einer Streichung fast sämtlicher Zölle für Waren aus der Ukraine zugestimmt. Damit soll die wirtschaftliche Lage des Landes stabilisiert werden.

Russland wies Berichte über einen bevorstehenden Einmarsch in die Ostukraine stets mit Nachdruck zurück. Gleichzeitig ließ Kremlchef Wladimir Putin über seinen Sprecher wissen, er erhalte sehr viele Anfragen aus grenznahen Regionen „mit der Bitte um Hilfe in dieser oder jener Form, mit der Bitte um Einmischung in dieser oder jener Form“. Die ukrainische Präsidentenkandidatin Julia Timoschenko forderte die internationale Gemeinschaft zu „direkter militärischer Hilfe“ auf. Das ukrainische Volk kämpfe um seine Freiheit, betonte die Ex-Regierungschefin. Dazu gehöre auch eine allgemeine Mobilmachung.