Der Niedersachse Volker Münz lebt seit 24 Jahren im Kreis Göppingen und fühlt sich unter dem Hohenstaufen entsprechend heimisch – zumal seine Frau aus Süßen stammt. Foto: privat

Der Diplomökonom Volker Münz ist der Bundestagskandidat der AfD im Kreis. Der konservative Christ aus der Mittelschicht hat lange gesucht, bis er eine Partei fand, die seinen Sorgen und Befürchtungen eine politische Heimat gibt.

Uhingen - Ein Haus mit Garten am Wurmberg, ein Job als Abteilungsdirektor bei der Hypovereinsbank, eine Ehefrau in der Chefetage des Arbeitsamts, zwei Söhne, von denen der „Große“ bald Abitur macht – Volker Münz hat wie viele andere Bürger der Mittelschicht im Kreis vieles, und wie viele hat er, wenn es um die Zukunft geht, vor allem eines: Angst.

„Ich habe Angst, dass unsere Gesellschaft auseinanderbrechen wird, dass wir hier bürgerkriegsähnliche Zustände haben werden“, sagt der Bundestagskandidat der AfD im Kreis Göppingen. Und er habe Angst vor einer Islamisierung der Gesellschaft. Womöglich müssten irgendwann alle Frauen Kopftuch tragen.

„Ich will nicht, dass mich meine Söhne eines Tages fragen, warum ich nichts getan habe“, sagt er. Deshalb wolle er für seine Partei nach Berlin. Seine Chancen stehen nicht schlecht, und das weiß er. Er belegt Platz acht der Landesliste. „Wenn wir acht Prozent bekämen, würde das reichen.“

Die CDU ist ihm zu liberal

Bevor Münz vor 24 Jahren mit seiner Frau von Niedersachsen in den Kreis zog, war er CDU-Mitglied. Doch dann habe er sich bewusst abgemeldet. Die CDU sei ihm, dem konservativen Christen, zu liberal geworden. Die Politik verfolgte er weiterhin – mit zunehmendem Schrecken. „Erst fiel der Eiserne Vorhang, dann die Mauer.“ Die klar verteilten Lager, die Geschlossenheit des Westens, seien weg gewesen. Es folgte der Balkan-Krieg. „Vorher haben sich die Leute verstanden, dann haben sie sich die Schädel eingeschlagen.“ Für ihn ist Jugoslawien seither die Blaupause dafür, was aus „Multikulti-Gesellschaften“ wird, wenn die Wirtschaft nicht läuft: Bürgerkrieg. „Seit 25 Jahren vergeht kein Tag, wo mir diese Schrecken nicht in den Sinn kommen.“

In der AfD hat Münz vor vier Jahren eine Partei gefunden, die aus seinen Sorgen ein Programm gemacht hat, zuerst aus der Angst vor der EU und dem Euro, dann vor Flüchtlingen und Einwanderern. Ihre Lösung: Euro abschaffen, Asylrecht verschärfen, Grenzen schließen, Einwanderung minimieren. Münz nennt das vernünftig, er hat daraus seinen Slogan „Vernunft statt Wunschdenken“ kreiert. Dass seine Partei mit Schlagworten wie Islamisierung oder dem angeblich drohenden Bürgerkrieg selbst dazu beitragen könnte, dass der Zusammenhalt in der Gesellschaft bröckelt, weist Münz von sich. Seine Partei warne nur vor den Folgen der aktuellen Politik. „Der Warner ist doch nicht verantwortungslos, sondern der, der nicht zuhört.“

Münz betrachtet die traditionelle Familie als Keimzelle des Staates

Dass einige dieser Warner – etwa der Göppinger AfD-Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner, den auch Münz unterstützte, seit ihrer Wahl in ihren Bezirken durch Abwesenheit glänzen und im Landtag vor allem durch Querelen auffallen, findet Münz „ärgerlich“. Das wolle er selbst anders machen. Aber solche Leute gebe es bei den anderen Parteien ja auch.

Überhaupt, die anderen Parteien. Ein Beispiel für deren Verantwortungslosigkeit zulasten des gesellschaftlichen Zusammenhalts sieht Münz in der Ehe für alle, die homosexuellen Paaren das Heiraten ermöglicht. Ein Unding in Münz’ Augen, denn „die Ehe ist allein für die Verbindung von Mann und Frau gedacht.“ Für die anderen reiche die eingetragene Lebenspartnerschaft. Als Mitglied der Bezirkssynode macht er sich dafür stark, dass in den evangelischen Kirchen in Württemberg auch künftig keine Homosexuellen getraut werden. Münz sieht die Ehe und die traditionelle Familie als Keimzelle des Staats. Dass es immer mehr Scheidungen gibt und Paare, die sich erst gar nicht trauen lassen, kann und will er nicht begreifen: „Mir hat noch niemand erklären können, warum Paare mit Kind nicht heiraten.“ Aus seiner Sicht ist der einzig mögliche Grund, dass sich diese ein Hintertürchen freihielten.

Thema Nummer eins: Flüchtlinge und Einwanderung

„Uns wird immer vorgeworfen, wir würden nur Angst verbreiten und hätten keine Lösungen“, verteidigt der 53-Jährge seine Partei. „Aber unser Wahlprogramm zeigt, dass das nicht stimmt.“ Tatsächlich sind auf Münz’ Wahlflyer Forderungen zu allerlei Themen abgedruckt – vom Ende des Windkraftausbaus über die Stärkung der Landwirtschaft bis hin zur Vereinfachung des Baurechts. Doch egal worüber man mit ihm spricht, am Ende landet man bei den Flüchtlingen oder beim Euro. Das „Thema Nummer eins“ sei eben die „Masseneinwanderung, die den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gefährdet“, sagt er.

Oder das Misstrauen gegenüber allen, die nicht zur eigenen Gruppe gehören? Auch bei dieser Wahl wird die AfD im Kreis ihre Mitglieder aufrufen, als Wahlbeobachter die Helfer in den Wahllokalen zu kontrollieren. Man wolle, so sagt Münz, keinem etwas unterstellen, „aber in der Vergangenheit gab es Unregelmäßigkeiten zu Lasten der AfD bei anderen Wahlen“, etwa in Niedersachsen, wo bei der Auszählung zunächst rund 2200 Stimmen für die Partei gefehlt haben, was allerdings korrigiert wurde und keine Auswirkung auf die Verteilung der Mandate hatte. Zur Landtagswahl im vergangenen Jahr hat die AfD ebenfalls Beobachter entsandt. Unregelmäßigkeiten fanden sie nicht.