Die Restauratorin Patricia Peschel zeigt Werner Spec, Finanzministerin Edith Sitzmann und Michael Hörrmann (von links) das Werk. Foto: factum/Weise

Jahrhunderte lang hielt man ein Porträt von Friedrich des Großen für das Werk eines unbedeutenden Malers. Doch dann entdeckten die Restauratoren auf Schloss Ludwigsburg die Signatur des Bildes.

Ludwigsburg - Aufrecht sitzt er, stolz wie ein aufstrebender Herrscher, mit einem Stab in der Hand wie ein großer Befehlshaber. Ein Bild zeigt Friedrich den Großen in seinen jungen Jahren, als er noch preußischer Kronprinz war. Jahrhunderte lang fristete es ein weitgehend unbeachtetes Dasein und hing im Appartement von Herzog Carl Eugen – als ein Bild von vielen.

Doch nun, an diesem verregneten, trüben Novemberfreitag, fällt plötzlich das grelle Licht der Öffentlichkeit auf das Gemälde. Pressefotografen lassen die Kameras klicken. Edith Sitzmann ist gekommen, die grüne Finanzministerin des Landes, und der Geschäftsführer der Schlösser, Michael Hörrmann. Auch der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec – sie alle kommen aus dem Staunen nicht heraus. Denn das Gemälde ist von keinem anderen als von Antoine Pesne geschaffen worden, dem Hofmaler von Friedrich dem Großen, einem Superstar des Rokoko.

Ein seltenes Friedrich-Porträt vom Rokoko-Meister

Um die Bedeutung der Malerei zu verstehen, müsste man einen Vergleich mit der Moderne ziehen: Nehmen wir an, Pablo Picasso hätte nur eines von ganz wenigen Porträts des jungen Charles de Gaulle geschaffen. Der Wert beim Auktionshaus Sothebys würde vielleicht fast so viel Geld bringen wie der „letzte“ Da Vinci in dieser Woche mit 450 Millionen Euro. Das Werk von Pesne läge mindestens bei einer Million, schätzt Michael Hörrmann.

„Bislang dachten wir, es sei von Knobelsdorff erschaffen, einem Schüler von Antoine Pesne“, erklärt die Restauratorin Patricia Peschel. Doch die Signatur unten rechts habe nun entziffert werden können. Es ist demnach ein echter Pesne, aus der Werkstatt des begehrtesten Malers im Rokoko, und dazu noch ein Porträt von Friedrich dem Großen, der sich höchst selten auf Leinwand bannen ließ. All das macht dieses Bild so außergewöhnlich. „Friedrich der Große war ein Meister des Marketings“, sagt der Schlösserchef Hörrmann. Als Friedrich 1740 König wurde, ließ er sich nur noch einmal porträtieren, und hatte so die Kontrolle darüber, wie er in Europa dargestellt wurde. Und wie kam dieses Bild nach Ludwigsburg? Auch dazu kann Hörrmann eine Geschichte erzählen. „Die Preußen bemühten sich, die württembergischen Kronprinzen an ihrem Hof evangelisch zu erziehen“, sagt er. Daher habe man den Schwaben immer wieder Geschenke gemacht, um die österreichische Konkurrenz auszustechen – darunter auch dieses Bild.

Im Schloss Ludwigsburg wird alles umgebaut

Aufgefallen ist all dies, weil im Schloss die derzeit größte Umbauaktion der jüngeren Geschichteläuft. Bis 2020 sollen gut 500 Gemälde, 400 Möbel und 500 Leuchten, Uhren und Skulpturen neu sortiert, restauriert und wieder so angeordnet sein, wie es der Württembergische König Friedrich I. und seine Gattin Charlotte Mathilde eingerichtet hatten. „Wir geben dafür vier Millionen Euro aus“, sagt der Schlösserverwalter Michael Hörrmann. „Das Geld der Steuerzahler“, merkt die Finanzministerin schmunzelnd an, die beeindruckt ist von den historischen Schlosskulissen.

„Leider darf man sich hier nicht hinsetzen“, sagt sie und deutet auf die rubinrot bezogenen Sessel im Audienzzimmer. Hier, im neuen Corps de Logis, hat der württembergische König seine Gäste empfangen. Und weil ein Herrscher mit Prunk und Größe beeindrucken muss, hat der Schlossflügel zwölf Zimmer. Je wichtiger der Besuch, desto weiter wurde er vorgelassen.

Noch drei Jahre lang werden im Schloss auch historische Stoffe und Requisiten restauriert und das Inventar umgeräumt. Ob noch weitere Schätze wie der Pesne auftauchen? Das Residenzschloss birgt vielleicht noch so manches Geheimnis.

Neuer Besucherrekord im Schloss Ludwigsburg

Andrang
Im vergangenen Jahr sind 330 000 Gäste nach Ludwigsburg gekommen, um die Residenz von König Friedrich I. anzuschauen. Bis Ende Oktober kamen bereits 311 000, bis zum Jahresende könnten es 350 000 sein.

Bedeutung
Das Ludwigsburger Schloss ist mit seinen 450 Räumen eines der größten Barockresidenzen in Europa. Das Besondere ist vor allem, dass es das einzige unzerstörte Barockschloss ist.

Inventar
Doch nicht nur die äußeren Mauern haben die Jahrhunderte unbeschadet überstanden. Das Inventar ist nicht nur erhalten, sondern es ist auch detailliert Raum für Raum mit seinem originalen Standort verzeichnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Räume nach damaligem Gusto eingerichtet. Die Inventarlisten machen es möglich, dass die Einrichtung bis 2020 so angeordnet wird, wie sie in der Blütezeit des Schlosses ausgesehen hat.