Gerne mit viel Bargeld unterwegs: Chinesische Touristen vor dem Arc de Triomphe in Paris Foto: mauritius

Pariser Gangster überfallen lieber ausländische Millionärinnen als Banken oder Geldtransporter. Nach Kim Kardashian haben dies nun auch Industriellengattinnen aus Katar erfahren müssen.

Paris - Es ist halt so verführerisch leicht“, sagt Kommissar Christian Sainte, als er erläutern soll, warum Pariser Gangster ausländische Millionärinnen überfallen. Wer eine Bank ausraube oder einen Geldtransporter attackiere, riskiere Kopf und Kragen, scheitere an ausgeklügelten Sicherheitsvorkehrungen, gehe oft leer aus, gibt Sainte zu verstehen. Zu den Raubüberfällen, die er und seine Leute im legendären Hauptquartier der Pariser Kriminalpolizei am Quai des Orfèvres aufzuklären haben, zählt jener auf Kim Kardashian. Die Ermittler sind zu dem Schluss gelangt, dass die Gangster im Fall des US-Starlets ganz besonders leichtes Spiel hatten. Sie mussten nicht groß recherchieren, bevor sie Anfang Oktober zur Tat schritten. Was immer interessierte, das Opfer hatte es zuvor im Internet gepostet.

Vom Tagesablauf der die Pariser Modewochen beehrenden Schönen bis zum mitgebrachten Schmuck: die von Kardashian großzügig bestückten sozialen Netzwerke gaben Auskunft. Gefallen dürfte auch das Foto ausgelöst haben, auf dem der TV-Reality-Star Anstalten macht, sich einen vier Millionen Euro teuren 20-Karat-Brillantring auf der Zunge zergehen zu lassen. Der Tür-Code der Pariser Luxusresidenz gab ebenfalls keine Rätsel auf. „Alle Welt kannte ihn“, hat der Portier Abdulrahman bei der Polizei zu Protokoll gegeben.

Und so lief dann alles wie am Schnürchen. Die mit dem Fahrrad gekommenen Räuber zwangen Abdulrahman, sie zum Appartement der US-Amerikanerin zu führen. Sie fesselten das Opfer, schleppten es ins Badezimmer, schlossen es ein, nahmen mit, was kostbar aussah: Schmuck im Wert von fast zehn Millionen Euro. Geringer Aufwand, große Beute, das galt dann auch für den Ende November folgenden Überfall auf zwei Industriellengattinnen aus Katar. Wie Kardashian auf dem Pariser Prominenten-Flughafen Bourget gelandet, stiegen die Damen in einen Bentley. Ihr Privatchauffeur steuerte die Luxuslimousine auf der Autobahn A 1 Richtung Stadtzentrum, als ein Kleinwagen ihn nach rechts auf einen Parkplatzausfahrt abdrängte. Zwei maskierte Männer stiegen aus, sprühten Tränengas ins Innere des Bentleys, leerten den Kofferraum. Wert der Beute: Fünf Millionen Euro.

Das Image der Stadt hat Schaden genommen

Jean Yann William von der Polizeigewerkschaft Unité SPG ist der Überzeugung, dass auch diese Gangster leichtes Spiel hatten. Sei es, dass sie einen diskreten Hinweis aus dem Umfeld der Opfer bekommen hätten, sei es, dass das Duo einfach eine der Luxuskarossen abgepasst habe: „Was folgte“, glaubt William, „war simpel.“ So wie es zuvor wohl auch simpel gewesen war, eine asiatische Kunsthändlerin auf der A 1 abzupassen und um vier Millionen Euro zu erleichtern, oder einen saudischen Prinzen auf dem Weg nach Bourget anzuhalten und auszurauben.

Was nicht heißt dass Frankreichs Hauptstadt für gewöhnliche Sterbliche gefährlicher wäre als andere Metropolen. Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat Recht, wenn sie versichert, Paris sei im Prinzip eine sichere Stadt. Gleichwohl haben die Prominenz der Opfer und das Ausmaß der Beute Aufsehen erregt. Das Image der Stadt hat Schaden genommen. Zumal Paris auch als bevorzugtes Ziel islamistischer Terroristen in Verruf geraten ist. Die Zahl mit dem Flugzeug eintreffender ausländischer Besucher ist von Anfang Januar bis Ende Oktober im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent gesunken. Die Auslastung der Hotels liegt mit 70 Prozent neun Punkte unter dem Vorjahreswert.

Vor allem die Chinesen bleiben aus. Was damit zusammenhängt, dass auch sie als leichte Beute gelten. Da die Kreditkarten ihres Heimatlandes nur in Ausnahmefällen akzeptiert werden, pflegen sie große Mengen Bargeld mit sich zu führen. Was Gangster im August verleitet hat, unweit von Paris 27  chinesische Touristen zu überfallen, die gerade in einen vor ihrem Hotel parkenden Reisebus steigen wollten.

Frankreichs Regierung und die um ihre Einnahmen bangende Fremdenverkehrsbranche haben nun Gegenmaßnahmen ergriffen. Die Regierung beschloss im November, 15 Millionen Euro in die Sicherheit der Touristen zu investieren. Rund um die Sehenswürdigkeiten, vor Hotels oder entlang der Autobahn A 1 sollen Überwachungskameras montiert werden. Hotels haben Abkommen mit chinesischen Banken geschlossen, die den Einsatz von ihnen ausgestellter Kreditkarten erleichtern. Und auch die Reichen wehren sich. Model Kendall Jenner, das kürzlich in Paris für Victoria’s Secret über den Laufsteg stolziert ist, reiste in Begleitung mehrerer Leibwächter an. Wenn das so weitergeht, setzt die Unterwelt am Ende doch wieder auf Banküberfälle.

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.raubueberfall-in-paris-kim-kardashian-ueberfallen-gefesselt-ausgeraubt.55bcc2b2-0fa9-4a27-82a0-967c0650be14.html

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.nach-raubueberfall-in-paris-kim-kardashian-wieder-zu-hause-in-new-york.d8088690-4fe5-4c91-a405-d638e405b146.html

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.nach-raubueberfall-karl-lagerfeld-kritisiert-kim-kardashian.c32a3826-b3f4-417a-8969-47f5c936dfe0.html