Das ehemalige Amphitheater ist ein beliebtes Touristenziel in Rom. Foto: AFP

Das antike Amphitheater muss wegen des U-Bahn-Baus stabilisiert werden. Jetzt mischt sich die Bürgermeisterin ein.

Rom - Die Straßen sind verstopft. Mal wieder. Die öffentlichen Verkehrsmittel fahren nicht. Mal wieder. Es ist Streik. Nichts geht mehr. Wie sehr Rom mit seinen rund drei Millionen Einwohnern auf ein funktionierendes Verkehrssystem angewiesen wäre, wird den Menschen an diesem Tag wieder einmal besonders eindrücklich vor Augen geführt. Auch rund um das Wahrzeichen der Stadt, das Kolosseum, stauen sich die Autos, das Hupkonzert dringt bis ins Innere des Amphitheaters.

Hier, im pulsierenden Herzen der Hauptstadt Italiens, prallen Antike und Moderne aufeinander. Sie bedrohen sich gegenseitig. Denn die seit langem geplante dritte U-Bahnlinie der Stadt, die Metro C, die den Nordwesten mit dem Südosten verbinden wird, soll auch unter dem Kolosseum verlaufen. Um das Bauwerk zu stabilisieren, damit es durch die unterirdischen Bohrungen keinen Schaden nimmt, waren ursprünglich vier Millionen Euro zugesagt worden. Baubeginn der Metro C war 2007. Das Geld für den Schutz des Kolosseums wurde bis heute nicht ausgezahlt.

Bürgermeisterin: Blamable Verschwendung öffentlicher Mittel

Dass sie überhaupt den einen oder anderen Euro sehen werden, bezweifeln die Hüter der antiken Schätze. Denn vor wenigen Tagen hat Bürgermeisterin Virginia Raggi verkündet, die Planungsgesellschaft für den Ausbau der U-Bahn aufzulösen. Unter der Aufsicht der Gesellschaft „Roma Metropolitana“ seien die Kosten für den Bau der Linie C explodiert, so die Begründung Raggis, die der Fünf-Sterne-Bewegung angehört und die seit Ende Juni die italienische Hauptstadt regiert. „Eine blamable Verschwendung öffentlicher Mittel“, sagte die Bürgermeisterin. Zu Baubeginn 2007 war noch von 2,2 Milliarden Euro die Rede. Aktuell spricht man in Rom von Kosten in Höhe von rund 3,7 Milliarden Euro.

Die Behörde, die für die archäologischen Stätten zuständig ist, hat die Ankündigung Raggis in helle Aufregung versetzt. Durch die Auflösung der Gesellschaft habe man nun nicht einmal mehr einen Ansprechpartner, an den man sich wegen der Finanzierung der „dringend notwendigen Stabilisierung“ des Kolosseums wenden könnte, heißt es. „Als Bürger möchte ich Verzögerungen beim Bau verhindern, aber als Wächter dieses Monuments bleibt mir keine andere Wahl“, sagt Francesco Prosperetti, der Chef der Behörde, und droht, die Bohrungen in der Nähe des Kolosseums zu blockieren.

Ein Teil der Metro C wurde vergangenes Jahr eröffnet

Dass die Metro C überhaupt irgendwann fertig wird, das bezweifeln die Römer ohnehin. Immerhin: Ein Teil der Strecke wurde vergangenes Jahr eröffnet. Der Teil unter dem Kolosseum ist noch immer im Werden – weshalb eine nicht unbedingt zierende Baustelle den Blick auf das Monument stört und manches Erinnerungsfoto verschandelt. Den geplanten, aber noch nicht begonnenen, weiteren Ausbau der Metro C in Richtung Norden hat Bürgermeisterin Raggi nun auf Eis gelegt. „Wir haben hier zweieinhalb U-Bahn-Linien“, frotzeln die Römer, während sie sich vor dem Wahrzeichen ihrer Stadt wieder einmal in einen der überfüllten Busse quetschen.

Zu den drei Millionen Bewohnern der Stadt kommen noch rund zwei Millionen Pendler und pro Jahr etwa 6,5 Millionen Touristen, die ebenfalls befördert werden wollen. Doch in Rom zu graben bedeutet mit ziemlicher Sicherheit, auf Überbleibsel vergangener Zeiten zu stoßen. Bei den jahrelangen Bauarbeiten sind immer wieder archäologische Schätze ans Tageslicht gekommen, deren Bergung und Sicherstellung das Projekt verzögert und die Kosten in die Höhe getrieben haben. Das Kolosseum selbst wurde gerade für 25 Millionen Euro restauriert. Nicht auf Kosten der Stadt, sondern als Geschenk des römischen Schuhherstellers Tod’s. Vielleicht findet sich ja eine weitere Luxus-Marke, die sich der Finanzierung der Metro C annehmen möchte.